Furious love
Auden und Richard Burton. Man erkennt, wenn das der Fall ist.« Dieses im Nachhinein idealisierte halbe Jahr in Oxford hatte hart begonnen für Richard. Er war Waliser, älter als die meisten Studenten und nicht mit ihnen in dieselbe Klasse gegangen, deshalb musste er »ein paar Nasen blutig schlagen«. Er erinnerte sich: »Ich war ziemlich rabiat, als ich frisch aus Südwales in Oxford ankam, mit starkem walisischen Akzent und entschlossen, in jeder Produktion der Oxford University Dramatic Society die Hauptrolle zu spielen.« Doch Coghill und Robert Hardy, Richards Klassenkamerad, der auch die Ausbildung bei der Royal Air Force absolvierte, waren beeindruckt von Burtons Präsenz und seiner Persönlichkeit. Ref 358 Ref 359
»Als er 1944 als Student nach Oxford kam, war er verblüffend schön«, erzählt Hardy, »eine Mischung aus klassisch-griechischer Klarheit und schwelendem keltischen Feuer, geschürt von seiner Rätselhaftigkeit und seinem Humor. Und vor allem sein enormes, ansteckendes Lachen, wild und Furcht einflößend. Hinter alldem steckt etwas Geheimnisvolles, walisische Magie, vielleicht.« Ref 360
Burton erklärte sich bereit, die Hauptrolle in Die tragische Historie vom Doktor Faustus zu übernehmen, einem Stück von Christopher Marlowe aus dem 16. Jahrhundert, produziert von der Oxford University Dramatic Society. Es handelte sich um eine Benefizvorstellung, die am Ende 40 000 Dollar einspielte, mit denen das Oxford University Theatre gebaut wurde. Elizabeth hatte einen kurzen Auftritt als – wie könnte es anders sein – Helena von Troja. Nach der intensiven Phase mit Virginia Woolf freuten sie sich auf ihre Auszeit in Oxford und fantasierten darüber, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie nicht weltberühmt geworden wäre.
Es war eine sentimentale Rückkehr. Richard stellte sich vor, wie es wäre, als Professor in Oxford zu lehren – mit Elizabeth an seiner Seite, die den Studenten in einem tief ausgeschnittenen Kleid Kuchen serviert. Elizabeth spürte, dass ihr Mann sich danach sehnte, zurückzukehren und diesen Teil seines Leben auch zu leben, und spielte mit der Idee, ein Haus in Oxfordshire zu kaufen und Pferdeschauen zu veranstalten, während Burton Poetikvorlesungen abhielt und sie vielleicht einen Kurs zu Tennessee Williams gab – einer ihrer vielen flüchtigen Träume davon, wie ein »normales« Leben aussehen könnte.
Die Burtons zogen für drei Wochen – zehn Tage Proben und eine Woche Vorstellungen – ins Randolph Hotel, einen Steinwurf vom Theater entfernt. Sie empfingen die studentischen Darsteller im Hotel. Die jungen Leute waren begeistert über die Anwesenheit der Burtons in Oxford und darüber, wie freundlich und unkompliziert die beiden Superstars waren. Während Elizabeth den eifrigen Theaterstudenten Drinks mixte, erzählte Burton Geschichten über seine Zeit am Old Vic und Klatsch und Tratsch von vor zwanzig Jahren über Gielgud, Olivier und Coghill. Coghill schloss Elizabeth und Burtons Garderobier Bob Wilson sofort ins Herz. Der hochgewachsene, schlanke, würdevolle Afroamerikaner wartete auch hier immer hinter der Bühne mit einem Glas Scotch auf Burton.
Für Burton war Doktor Faustus ein sehr persönliches Stück. Er hatte es das erste Mal mit zwölf gelesen und sich gleich in Marlowes packende
Sprache verliebt. Nun hatte er die Gelegenheit, die Rolle des Gelehrten zu spielen, der seine Seele an den Teufel verkauft – im Tausch gegen Wissen, Reichtum und die schönste Frau der Welt. Burton konnte sich in allen drei Punkten mit Faust identifizieren und er ging die Rolle an wie eine Geisteraustreibung. Es war ein gigantischer Part, und Burton erwartete vielleicht zu viel von sich, ihn schon nach nur zehn Probentagen zu spielen. Aber er musste es einfach tun.
Bei den Proben waren Coghill und die Studenten beeindruckt von Burtons Spiel. »Ich erinnere mich noch an den Schauer, der durch die gesamte Truppe ging, als er zum ersten Mal die Worte ›Erde, klaff auf!‹ in der letzten Szene sprach. Seine Darstellung entwickelte sich über die knapp zwei Wochen zu etwas im ursprünglichen Wortsinn Gewaltigem – etwas, das einen erzittern lässt.« Die Vorstellungen waren selbstverständlich ausverkauft, und die Studenten standen im eiskalten Regen an, um das Stück zu sehen. Coghill bemerkte, wie still es im Publikum wurde, als Elizabeth ihren kurzen, stummen Auftritt als Helena von Troja hatte und »ihren langsamen Gang über die Bühne zelebrierte«. Ref 361 Ref
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