Fußballschule am Meer Bd. 2 - Teufelskick um Mitternacht
nicht mit Luca balgen – nackt, wie sie beide waren.
Was hatten Lucas Worte eigentlich zu bedeuten? Finn dachte nach. Er fühlte sich wohl bei dem Gedanken, plötzlich einen gleichaltrigen Bruder zu haben. Er dachte sogar kurzfristig daran, seine Eltern anzurufen, um sie über den Familienzuwachs zu informieren. Doch dann überlegte er es sich anders. Einerseits war Luca noch im Zimmer, und Finn wollte nicht über ihn reden, wenn er dabei zuhören konnte. Andererseits wusste Finn aber auch genau, dass ihm dieses Telefonat nicht guttun würde.
Er verdrängte die Gedanken an seine Eltern und sein früheres Zuhause, zog sich an und packte seine Schultasche. Die Hefte, Bücher und alle anderen wichtigen Dinge hatte Manni Brenneisen bereits in der vergangenen Woche mit dem V W-Bus abgeholt und auf die jeweiligen Schreibtische verteilt. In Niedersachsen hatte die Schule bereits am vergangenen Donnerstag wieder begonnen. Nur für die Bewohner des Fußballinternats Norderdünersiel gab es eine Ausnahmeregelung – für sie fing der Unterricht erst an diesem Montag an.
Natürlich waren Finn die Schulsachen auf seinem Schreibtisch aufgefallen. Aber genau wie die anderen hatte er sie am Wochenende erfolgreich übersehen.
Finn war noch nie gern zur Schule gegangen. Außer an den Tagen, wenn Sport war. Es musste nicht einmal Fußball sein. Handball, Volleyball, Zirkeltraining, Leichtathletik, sogar Turnen – Finn war alles lieber als eine Stunde Mathe, Englisch oder Deutsch. Selbst rhythmische Sportgymnastik! Obwohl – rhythmische Sportgymnastik …?!
«Ist was?», fragte Luca. «Du machst ein Gesicht …»
«Alles okay», sagte Finn, der lieber nicht verraten wollte, woran er gerade gedacht hatte. Schließlich wollte er gern noch etwas länger Lucas Bruder sein!
Die beiden gingen hinunter in den Speisesaal, der sehr viel gemütlicher war, als die Bezeichnung vermuten ließ. Auf dem Fußboden lag ein dunkler Teppich,der jede Menge Geräusche schluckte. So konnte es beim Essen niemals richtig laut werden, selbst wenn jeder der über hundert Plätze besetzt war. Auf den Tischen standen Blumenvasen auf bunten Decken, Bilder hingen an den Wänden – zumeist großformatige Fotos von irgendwelchen Sportereignissen –, und in der hintersten Ecke war unter der Decke ein riesiger Flachbildschirm befestigt worden, auf dem das Programm eines Sportsenders flimmerte. Das Büfett dehnte sich über die gesamte Breite einer Stirnseite des Saales aus, und an jedem Platz lag das Pausenbrot für die Schule bereit.
«Das ist ja wie zu Hause», sagte Luca begeistert.
«Nein, besser», sagte Finn. «Viel, viel besser!»
Die beiden Jungs setzten sich an den Achtertisch, den die «Pappnasen» seit dem ersten Abendessen am Samstag in Beschlag genommen hatten. Sie bildeten damit keine Ausnahme. Fast jeder hatte inzwischen seinen Stammplatz, obwohl Herr Petersen in seiner Begrüßung extra darauf hingewiesen hatte, dass es keine festen Plätze gibt. Jeder durfte jederzeit an jedem Tisch Platz nehmen.
Die Einzige, die sich daran hielt, war Charly. Julia, die wie Luca seit dem Streit mit den Norderdüner Jungs ganz selbstverständlich am Tisch der «Pappnasen» saß, war stets froh, wenn ihre Mitbewohnerin an ihnen vorbeimarschierte.
«Die treibt mich noch in den Wahnsinn mit ihrer Unordnung», stöhnte sie jedes Mal. «Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es bei uns im Zimmer aussieht!»
«Doch! Kann ich.» Finn hatte ein ziemlich deutliches Bild vor Augen. Aber er kam nicht mehr dazu, es zu beschreiben, denn durch die riesigen Fensterscheiben, die vom Boden bis zur Decke reichten, sah er den Schulbus, der auf das Gelände des Fußballinternats fuhr.
Wie auf Kommando erschien Sören Petersen im Speisesaal. Sofort verstummten die Gespräche, und alle schauten den Präsidenten des FC Norderdünen erwartungsvoll an.
«Es ist so weit», sagte er mit seiner viel zu hohen Stimme. «Heute ist euer erster Schultag. Macht mir keine Schande, macht dem Internat keine Schande, macht vor allem euch selbst keine Schande! Lernt,soviel in eure Köpfe passt. Es gibt schon viel zu viele dumme Fußballspieler, das wollen wir nicht auch noch fördern. Deshalb arbeiten wir ganz eng mit der Schule zusammen. Wer nicht mindestens eine Drei im Durchschnitt hat, wird so lange vom Training ausgeschlossen, bis seine schulischen Leistungen wieder stimmen. Aber was rede ich, das habt ihr ja alle unterschrieben …»
«Was?» Finn war plötzlich
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