Fußfall
Iris von Grau umgeben war. Sie sahen unverwandt auf Wes Dawson.
Das Wesen stieß sich langsam in die Zelle.
Es kam auf ihn zu. Wes wartete. Ein Fluchtversuch war sinnlos .
Der Sprung war geschickt ausgeführt. Mit den Füßen voran landete das Wesen an der Wand, unmittelbar neben Wes. Es wickelte seinen Rüssel um Wes’ Rumpf (zwei der acht Verästelungen hielten ihn am Nacken gepackt), sprang zurück, schob ihn durch die Tür vor sich her (ein viertes Weltraumwesen war beiseite getreten) und berührte den Türrahmen kaum, als es ihm folgte. Zweifellos hätte es Wes an der Gangwand zermalmt, wenn es sich nicht mit seinen Krallen am Türfutter gehalten hätte.
Wes hatte den Eindruck, gewürgt zu werden. Er zerrte an den Schlingen um seinen Hals, schlug dann dreimal mit der flachen Hand auf die Stelle, an der sich der Rüssel verzweigte. Würde das Wesen ihn verstehen? Ja: die Umschlingung lockerte sich.
Fünf weitere Weltraumwesen warteten auf dem Gang. Drei bewegten sich nach links, wie auch das Wesen, das Wes gepackt hielt. Die anderen folgten ihnen. Die scheinen uns ja für ziemlich wichtig zu halten. Vielleicht meinen sie, daß wir sehr stark sind. Möglicherweise setzen wir ihnen ja tatsächlich zu. Es kann aber auch sein … wie viele sind es eigentlich, daß sie acht solche Ungeheuer abstellen können, um einen einzigen schwachen Mann wegzuschleppen?
Wohin die mich wohl bringen?
In einen Sezierraum? Angesichts der Übermacht war Gegenwehr zwecklos.
***
Sie trieben den spiralig gewundenen Gang entlang. Ein Klang wie von einem Widderhorn hallte durch das Raumschiff. Dawsons Wächter drückten sich rasch an eine der Gangwände und krallten sich in der dicken Polsterung fest.
Was war das? Eine Warnung? Es machte nichts, daß sich Wes nirgendwo festhalten konnte – die Greifglieder hielten ihn eisern gepackt.
In der Luft vibrierte Überschallsummen. Was Wand gewesen war, wurde jetzt zum Fußboden. Nach wenigen Augenblicken schienen sich die Zwergelefanten an die veränderte Lage gewöhnt zu haben und lockerten ihren Griff. Sie gingen wieder den Gang entlang, eng um Wes geschart, ließen ihn aber nun selbst gehen.
Sie sahen ihn mit unverhohlener Neugierde an. Was sie wohl von ihm dachten?
Sie schoben ihn durch eine große Tür am Ende des Gangs. Einer folgte, die anderen warteten draußen.
Ein einzelnes Weltraumwesen saß an einem Tisch mit schräggestellter Platte, wie an einem Zeichenbrett. Es sah ihn an.
Dawson richtete den Blick fest auf das Geschöpf.
»Ich bin der Abgeordnete Wesley Dawson und vertrete die Vereinigten Staaten von Nordamerika.«
»Ich heiße Takpassih.«
Großer Gott, die sprechen ja Englisch! »Warum hat man mich auf diese Weise behandelt?«
»Ich verstehe nicht.«
Die Stimme des Geschöpfs klang tonlos, war voller Zischlaute und verriet keinerlei Bewegung. Ein undichter Luftballon hätte ebenso sprechen können.
»Ihr habt uns ohne Warnung angegriffen! Ihr habt unsere Frauen umgebracht!« Endlich konnte er protestieren, seinen Schmerzen Luft machen! Wes beugte sich über den schräggestellten Tisch, und seine Stimme überschlug sich. »Das war äußerst unpassend! Wir haben euch willkommen geheißen, sind euch eigens zur Begrüßung entgegengeflogen. Es gab keinen Anlaß zu feindseligen Handlungen.«
»Ich verstehe nicht alles, was du sagst. Sprich langsam und deutlich.«
Es war wie eine Ohrfeige. Wes hielt inne, begann dann erneut , artikulierte gepreßt Wort für Wort. »Wir wollten euch willkommen heißen, die Besucher von einem anderen Stern begrüßen. Wir wollten Freunde sein.«
Das Raumwesen sah Wes durchdringend an. »Du wirst lernen , mit uns zu sprechen.«
»Sicher. Gewiß.« Jetzt wird alles gut! Ein Mißverständnis, was sonst? Wenn ich lerne, mit ihnen zu sprechen – »Unsere Angehörigen machen sich Sorgen um uns. Habt ihr der Erde mitgeteilt , daß wir leben?«
»Ich verstehe nicht.«
»Sprecht ihr mit der Erde? Mit unserem Planeten?«
»Aha. Unser Wort für Erde ist …« Ein merkwürdiger Laut, kurz und zischend. »Wie sollen wir euren Familien sagen, daß ihr lebt?«
»Warum hält man uns gefangen?« Das hat er nicht verstanden . Vielleicht ist es zu abstrakt für ihn. »Die Tür zu unserem Raum. Laßt sie offen.«
Das Weltraumwesen sah erst auf Wes, dann zu einem Objektiv in der Wand. Schließlich ließ es den Blick wieder auf Wes ruhen und sagte: »Wir haben Tuch für euch. Wollt ihr das?«
Tuch? Seine Nacktheit kam Wes zu Bewußtsein.
Weitere Kostenlose Bücher