Fyn - Erben des Lichts
Der Ärger über meine Unzulänglichkeit bereitete mir Magenschmerzen. Ich hatte gehofft, die Begegnung mit dem Tod in den Kerkern von Denfolk hätte mich geläutert und mir mehr Gelassenheit beschert, aber ich vermochte mir noch immer keinen Fehler zu verzeihen. Mit diesen Gedanken verließ ich das Audienzzimmer.
Die Feierlichkeiten zu Ehren meines Edelmutes beschreiben ein ungeliebtes Kapitel in meinem Leben, das ich nicht in allen Einzelheiten wiedergeben möchte. Eher rufe ich mir noch einmal die Schmerzen ins Gedächtnis, die mir Hunger, Durst und mein gebrochener Arm in Awbreeds Kerkern bereitet hatten. Apropos Arm – dank intensiven Muskeltrainings hatte ich zu voller Stärke zurückgefunden. Zumindest musste ich mich nicht einen Krüppel nennen, was meine geschundene Seele vermutlich vollends zum Zersplittern gebracht hätte. Unvorstellbar, wenn neben meiner Magielosigkeit auch noch mein Schwertarm unbrauchbar geblieben wäre. Um meine Erleichterung über diesen Zustand zu unterstreichen, stürzte ich mich in exzessive Waffenübungen, obwohl Vater oftmals murrte, dass ich lieber meine technischen Studien fortführen sollte.
Nachdem meine neue weiße Uniform um ein hässliches Abzeichen reicher war, gliederte man mich behutsam wieder in den Alltag eines Soldaten ein. Zwar schickte man mich noch nicht zu Einsätzen außerhalb der Stadt, aber kleinere Aufgaben, wie die Schlichtung von Scharmützeln innerhalb Elvars, traute man mir anscheinend bereits zu. Vermutlich wollte man mich schonen. Auch erreichten kaum Meldungen über den Stand der Verhandlungen mit dem Norden meine Ohren. Einerseits ärgerte ich mich darüber, andererseits war ich froh, mich mit derlei Dingen nicht beschäftigen zu müssen.
Was ich beinahe vergessen hätte zu erwähnen: Ylenia hatte man tatsächlich eine Anstellung angeboten, die sie bereitwillig annahm. Ich wunderte mich darüber, denn sie hatte bei mir immer den Eindruck einer hochnäsigen Zicke erweckt, die sich mit weniger als der persönlichen Kammerzofe des Königs nicht zufriedengegeben hätte. Dennoch trat sie eine Stellung als Küchenhilfe an. Entweder hatte ich ihr Unrecht getan oder ihre Verzweiflung war groß genug, dass sie jede Demütigung in Kauf nahm, um nicht nach Denfolk zurückkehren zu müssen.
Ich begegnete Ylenia in den folgenden Wochen nur selten, aber wenn sich eine Gelegenheit bot, allein mit ihr zu sprechen, sind mir unsere Unterhaltungen stets in positiver Erinnerung geblieben. Vorbei die Zeiten, da sie mich neckte und nervte, auch unsere verbalen Kämpfe hatten wir eingestellt. Es schien, als hätte Ylenia mit der Kochschürze auch gutes Benehmen angelegt – obwohl sie noch immer an der Emanzipation festhielt und bitterböse Blicke verteilte, sollte man diese infrage stellen. Dennoch bekam ihr die harte Arbeit und der Umgang mit den anderen Bediensteten sehr gut. Mir entging ferner nicht, dass die Art, wie sie mich ansah, sich von herabwürdigenden Blicken zu echter Bewunderung wandelte. Sie lobte meine Disziplin bei den Kampfübungen und den wachsenden Umfang meiner Oberarme. Ich fühlte mich geschmeichelt, was mich natürlich veranlasste, härter als zuvor zu trainieren. Es ärgerte mich, wenn ich mich dabei erwischte, die Begegnungen mit Ylenia herauszufordern, etwa weil ich vorgab, etwas in der Küche zu suchen. Ich war mir sicher, dass sie genau wusste, weswegen ich wirklich kam. Manchmal wetteiferte die Wut über meine neu entdeckte Schwäche für Menschenfrauen mit der Freude, die mir unsere Begegnungen bereiteten.
Ich war froh, als der wachsende Umfang meiner militärischen Pflichten mir irgendwann die Entscheidung abnahm, ob ich den Kontakt mit Ylenia intensivieren wollte oder nicht. Die Ablenkung tat mir gut und brachte mich zurück auf den rechten Weg. Ich verbrachte viel Zeit mit Arc, dem ich meine Sorgen anvertraute. Wenn die Lage im Land nicht so ernst gewesen wäre, hätte ich behauptet, dass es die schönste Zeit meines bisherigen Lebens gewesen war. Natürlich hatte meine Aussage beim König für einige Furore gesorgt. Immerhin wusste man nun, wer hinter den Angriffen gesteckt hatte. Man rüstete sich für einen offenen Feldzug gegen Awbreed. Ich beneidete die Soldaten in den Kasernen nicht. Zum Glück genoss ich das Privileg, direkt in die Liga aufgestiegen zu sein. Ich bekam vom Krieg nur wenig mit. Mein Leben hatte sich kaum geändert, denn die wichtigste Aufgabe der Weißen Liga war es, den König zu schützen. Und da Castios sich
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