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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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vermittelte, es wirklich ernst zu meinen.
    »Aber … ich … kann …«, stammelte ich. Ich brachte es nicht fertig, einen vollen Satz zu sprechen. Breanor missverstand mein Gestotter und deutete es anscheinend als einen Ausdruck freudigen Entsetzens, denn seine Gesichtszüge entspannten sich und er lächelte beinahe schadenfroh.
    »Ich bin stolz, dass du es so weit gebracht hast. Aber du musst deine aufbrausende Art unbedingt beilegen, wenn du in den Palast umziehst.«
    Ich fühlte mich vollkommen überrumpelt. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Leibgarde? Ich? Etwas Furchtbareres hätte Vater mir kaum offenbaren können. Und offensichtlich war er der festen Überzeugung, ich müsste mich darüber freuen. Stattdessen lähmte blankes Entsetzen meine Zunge. Ich hatte mir gewünscht, mein Kampfgeschick endlich unter Beweis stellen zu dürfen. Jetzt erwartete mich ein steifes Leben im Palast, das es mir zwar gestattete, Waffen zu tragen, doch aller Wahrscheinlichkeit nach würde ich sie nie gebrauchen. Ich hatte die Soldaten der Garde immer bemitleidet, anstatt sie zu bewundern. Im Palast herrschten zudem strengere Regeln als im Perlenturm. Das Schlimmste aber war, auch Myrius zählte sich zu Castios’ Garde. Er war noch immer ein enger Vertrauter des Königs. Unter keinen Umständen wollte ich diesem Mann unter die Augen treten. Ich fragte mich, ob Castios mir die Stellung lediglich anbot und mich selbst darüber entscheiden ließ, oder ob es ein Befehl war. Flüchtig dachte ich darüber nach, ob ich es nicht durch schlechtes Benehmen darauf anlegen sollte, rausgeworfen zu werden, doch mein vom Perfektionismus und Geltungsdrang gequälter Geist würde nicht in der Lage sein, sich absichtlich danebenzubenehmen.
    »Ich wusste, dass es dir die Sprache verschlagen würde«, riss Breanor mich in die Realität zurück. Da hatte er recht. Doch leider vor Entsetzen anstatt vor Freude.
    »Ich kann das nicht tun.« Pure Verzweiflung ließ mich die Worte hervorstoßen.
    Jäh verfinsterte sich Breanors Miene. »Weshalb nicht? Du solltest dich geehrt fühlen.« Er senkte die Stimme und zeigte drohend mit dem Finger auf mich. »Wage es nicht, mich zu blamieren, indem du dir dein Missfallen auch nur ansatzweise anmerken lässt. Nächste Woche wirst du deinen Eid schwören. Das ist mein letztes Wort.« Er schob geräuschvoll den Stuhl zurück und stand auf. Als ich den Mund öffnete, um etwas zu erwidern, brachte er mich mit einer harschen Geste dazu, ihn wieder zu schließen. Er deutete auf die Tür. »Raus mit dir.« Ich gehorchte.
    Nun befand ich mich in einer schrecklichen Zwickmühle. Unter keinen Umständen wollte ich den Posten in der Garde des Königs antreten, aber ich wollte mir auch nicht eingestehen, ein Versager zu sein, der vor Unannehmlichkeiten davonlief. Was man mir auftrug, erledigte ich in der Regel mit Liebe zum Detail. Persönliches Versagen konnte ich mir nicht verzeihen. Und so lieferten sich meine Vorlieben ein Duell mit meinen inneren Zwängen – Ausgang ungewiss.
    Mit brodelnder Wut im Bauch stieß ich die Tür zu meinem Zimmer auf. Obwohl mir bewusst war, dass der Hass, den ich für Vater empfand, lediglich eine Umlenkung meines Selbsthasses darstellte, ergab ich mich meinen Emotionen. Ich benötigte einen Sündenbock, und Breanor bot das perfekte Opfer. Er hatte mir die Nachricht überbracht, also trug er an meinem verdorbenen Tag die Schuld – so die unlogische Schlussfolgerung eines trotzigen Jünglings. Dabei hätte ich – wenn überhaupt – auf König Castios wütend sein müssen. Oder besser noch auf mich selbst. Ich hatte dem König das Leben gerettet. Also erschien es wie eine logische Konsequenz, dass er mich in seine Leibgarde aufnehmen wollte. Ich vergrub mich wieder einmal in Selbsthass.
    Auf meinem Schreibtisch lag noch immer die Armbrust, daneben mein Werkzeug. Nie zuvor verspürte ich den dringenderen Wunsch, mir Schmerzen zuzufügen. Es juckte mich in den Fingern, mir einen solchen abzuschneiden. Vielleicht konnte ich es wie einen Unfall aussehen lassen. Acht weitere Wochen Krankenstation versprachen acht Wochen Aufschub. Oder ich entfernte mir den Daumen der Schwerthand, was mich als Leibwächter unweigerlich untauglich machen würde. Doch so weit hatte mich die Verzweiflung noch nicht getrieben …
    Stattdessen entschied ich, meinem Frust zunächst auf andere Weise Luft zu machen. Vielleicht bescherten mir ein wenig frische Luft und eine zerfetzte Zielscheibe einen klaren

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