Fyn - Erben des Lichts
ich erblickte lediglich ein paar Verbände und hier und dort ein Hinkebein. Ich spürte den Stich des Neids in meiner Brust. Sie waren aus einem ruhmreichen Kampf zurückgekehrt, während ich in meinem Zimmer gesessen und geschmollt hatte.
In den folgenden Tagen mied ich Gesellschaft jedweder Art noch mehr als zuvor. Ich weigerte mich, mir ihre Heldengeschichten anzuhören, denn der Trotz hielt mich fest in seinen Klauen. Nicht einmal der Küche stattete ich noch Besuche ab. Dennoch ließ es sich nicht vermeiden, die eine oder andere Neuigkeit aufzuschnappen. So erzählte man sich, dass die Abwanderung der Menschen aus Elvar zurückgegangen sei. Der Norden litt derweil stark unter dem Exportstopp von Lebensmitteln und anderen Gütern. Wir hatten ihnen mit derlei Methoden mehr zugesetzt als mit Kanonenbeschuss. Ich fragte mich, wie dumm Lord Awbreed sein musste, sich gegen die alvische Bevölkerung aufzulehnen. Ein eigenes Reich im Norden! Ha! Eine wahnwitzige Theorie! Wahrscheinlich war das inzwischen auch die Meinung der meisten Menschen des Südens, jedenfalls hatte man schon seit Monaten keine alvischen Leichen mehr gefunden.
Als ich schon frohlockte, niemandem würde meine Abwesenheit bei den gemeinsamen Mahlzeiten auffallen – vorbei die Euphorie über meine Rückkehr von den Totgeglaubten –, ließ Vater mich in sein Arbeitszimmer unter dem Dach des Turms rufen. Sofort und unverzüglich, so die Worte des Hausdieners, der mir die Nachricht überbrachte, als ich gerade an meiner Armbrust herumschraubte, die den Kampf im Thronsaal glücklicherweise überlebt hatte. Arc musste sie zurück in mein Zimmer gebracht haben.
Mir schlug das Herz bis zum Hals, fieberhaft durchforstete ich mein Gedächtnis nach Verfehlungen, für die man mich zur Rechenschaft ziehen konnte. Aber waren Desinteresse und Trotz ein Verbrechen? Die Tatsache, dass Breanor und nicht König Castios mich rufen ließ, sprach eher dafür, dass er mich einfach nur rügen wollte. Ich hätte es gewohnt sein müssen, dennoch machte sich ein flaues Gefühl in meiner Magengegend breit. Zumal er mich noch nie in sein Arbeitszimmer hatte rufen lassen. Mein letzter Besuch dort lag Jahre zurück, und er war mir nicht in bester Erinnerung geblieben, weil Breanor mich beim Herumschnüffeln erwischt hatte.
Ich legte den Schraubendreher auf den Schreibtisch, reckte meine Glieder und erhob mich ächzend vom Stuhl. Wie ein zum Tode verurteilter Verbrecher auf seinem Weg zum Richtblock schlich ich mit gesenktem Kopf über die Treppen bis ins oberste Stockwerk des Perlenturms. Meine Hand zitterte, als ich nach dem Türknauf zum Arbeitszimmer griff. Ich hatte ihn kaum berührt, da hörte ich Vater schon von innen rufen: »Komm herein!«
Ich öffnete die Tür und blieb auf der Schwelle stehen. Noch immer vermutete ich eine Falle, in die man mich hineinlocken wollte. Es hätte Galren ähnlich gesehen, Vaters Botschaft zu fälschen und mich herzulocken, damit ich mir erneut Ärger einhandelte. Doch anscheinend hatte Breanor mich tatsächlich gerufen, denn er saß auf seinem Schreibtischstuhl, sah mir mit ausdrucksloser Miene entgegen und wies mich mit einer Geste an, hereinzukommen. Ich schloss die Tür hinter mir. Zögernd setzte ich mich auf den Stuhl, der ihm gegenüberstand. Ich ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Seit meinem letzten Besuch hatte sich kaum etwas geändert. Bücher, Werkzeuge und seltsame Gerätschaften stapelten sich noch immer bis unter die Decke. Einige von ihnen surrten und klackerten oder gaben andere Geräusche von sich. Ein Schauder lief mir über den Rücken. Dann entdeckte ich die faustgroße Glaskugel, die in einem metallenen Ständer auf der Tischplatte thronte. Meine Augen weiteten sich und böse Erinnerungen suchten mich heim. Die Demoveruskugel … Ich hatte dieses fürchterliche Ding beinahe vergessen. Sie hatte mir schlimme Schmerzen zugefügt, als ich damals versucht hatte, sie zu berühren. Auch jetzt spürte ich ihre Anwesenheit, ein unangenehmes Pulsieren, das mir jeden klaren Gedanken verwehrte.
Vater folgte meinem erschrockenen Blick, nahm die Kugel aus der Halterung – unnötig zu erwähnen, dass sie ihm dabei keinerlei Verletzungen zufügte – und ließ sie in eine Schublade seines Schreibtischs gleiten.
»Entschuldige«, sagte er. Nur mit Mühe konnte ich mir die Frage verkneifen, was dieses Ding wirklich war und weshalb es mich zu hassen schien.
»Ich muss mit dir sprechen.« Breanor lenkte meine
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