Gabriel Lambert
es aus den Händen des kleinen Mädchens und betrachtete es genauer.
Durch einen seltsamen Zufall war es derjenige Teil des Scheines, auf dem die unselige Drohung geschrieben stand: ›Das Gesetz bestraft den Fälscher mit dem Tode.‹
Ich erschauerte, ohne daß ich begriff , woher der Schrecken kam, der sich meiner bemächtigte. Nur an diesen zwei Zeilen allein hät-te man zu bemerken vermocht, daß die Banknote nachgeahmt war.
Sichtbar hatte die Hand Gabriels gezittert, als er diese Worte schrieb oder vielmehr zeichnete.
Ich ließ alle anderen Stücke fallen und behielt nur dieses.
Dann kehrte ich zurück, ohne daß mich mein Vater bemerkte.
Doch als ich in das Zimmer trat, wo Gabriel die Nacht zugebracht hatte, erweckte alles in mir große Reue. Solange er dagewesen war, hatte mich mein Vertrauen zu ihm aufrecht gehalten; nun er weg war, kehrte jeder einzelne Umstand, der mir dieses Vertrauen wieder nahm, in meine Erinnerung zurück, und ich fühlte mich todun-glücklich in der Reue über meinen Fehltritt.«
. Kapitel
Die Beichte
»Es vergingen acht Tage, bis ich wieder eine Nachricht von Gabriel erhielt; der Morgen des achten Tages brachte mir endlich einen Brief von ihm.
Gabriel war, wie er mir schrieb, in Paris angekommen, bei seinem Bankier eingetreten und wohnte einstweilen in einem kleinen Hotel der Rue des Vieux-Augustins.
Dann kam eine Schilderung von Paris und dem Eindruck, den die Hauptstadt in ihm hervorgerufen hatte.
Er war trunken vor Freude.
Eine Nachschrift kündigte mir an, ich würde in drei Monaten sein Glück teilen.
Statt mich zu beruhigen, erfüllte mich dieser Brief mit tiefer Betrübnis, und zwar ohne daß ich begriff , warum.
Ich fühlte, daß ein Unglück über meinem Haupt schwebte und bereit war, auf mich niederzustürzen.
Ich antwortete ihm indessen, als ob ich mich mit ihm freute, und tat so, als glaubte ich an die Zukunft, die er mir versprach. Eine innere Stimme jedoch sagte mir, daß mir nichts Angenehmes be-vorstände.
Vierzehn Tage später erhielt ich einen zweiten Brief. Er ließ mich in Tränen ausbrechen.
Wenn Gabriel sein Versprechen nicht hielt, war ich ein entehrtes Mädchen; ich würde in acht Monaten Mutter werden.
Ich wankte einen Augenblick: Sollte ich Gabriel das mitteilen oder nicht?
Doch ich hatte niemand außer ihm in der Welt, dem ich mich anvertrauen konnte. Überdies hatte er die gleiche Schuld an meinem Fehltritt wie ich, und wenn mich jemand unterstützte, so war es billig, daß er es tat.
Ich schrieb ihm deshalb, er möge unser Wiedersehen so sehr wie möglich beschleunigen, und sagte ihm, in Zukunft ginge es nicht nur um unser Glück, sondern auch um das unseres Kindes.
Ich hoff te umgehend Antwort zu erhalten, oder ich zitterte vielmehr, gar keine mehr zu bekommen, denn es rief mir, wie gesagt, ein dumpfes Vorgefühl zu, alles wäre für mich zu Ende.
Gabriel antwortete in der Tat nicht mir, sondern seinem Vater; er meldete ihm, der Bankier, bei dem er beschäftigt sei, habe bedeutende Geschäfte in Guadeloupe, und da der Bankier bei ihm mehr Geschick erkannt habe als bei seinen Bürogenossen, habe er ihn beauftragt, diese Geschäfte wahrzunehmen, und ihm versprochen, ihn bei seiner Rückkehr am Gewinn zu beteiligen. Demzufolge werde er noch an demselben Tag nach den Antillen abreisen; die Zeit seiner Rückkehr könne er noch nicht bestimmen.
Zugleich schickte er von dem Gelde, das ihm der Bankier zu der Reise gegeben, seinem Vater die fünfhundert Franc zurück, die er für ihn geliehen hatte. Diese Summe bestand in einem Fünfhundert-Franc-Schein.
Eine Nachschrift sagte seinem Vater, da er keine Zeit mehr habe, mir zu schreiben, bitte er ihn, mich davon zu unterrichten.
Der Schlag war, wie man leicht begreift, furchtbar.
Da ich jedoch noch nie von Gabriel eine Antwort umgehend erhalten hatte, wußte ich nicht, wieviel Tage ein Brief braucht, um nach Paris zu gelangen, und folglich auch nicht, in wieviel Zeit man eine Antwort erhalten konnte.
Ich hoff te also gutgläubig, sein Brief sei wahrscheinlich geschrieben worden, ehe er den meinigen empfangen.
Unter irgendeinem Vorwand ging ich zum Bürgermeister und bat ihn um Auskunft darüber. Er hielt den Geldschein in der Hand, den ihm Vater Th
omas gegeben hatte.
›Nun, Marie!‹ sagte er, als er mich sah, ›dein Geliebter ist auf dem besten Weg, sein Glück zu machen.‹
Ich antwortete ihm nur mit Tränen.
›Wie‹, rief er, ›es macht dir Kummer, daß Gabriel zu Geld
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