Gabun - Roman
internationale Verwicklungen, die es zu verhindern gegolten hatte.
»Wir haben geschrien, Bernd, alle zusammen, ich schwör’s dir. Als der Pilot es endlich kapiert hatte, waren wir schon zwanzig Kilometer weit weg.«
Wessing fuhr sich vorsichtig mit dem Rücken der verölten Hand über die Stirn. »Na ja, und das mit Lary. Diese Schweinebacken aus Ruanda. Lary hätten wir auch gern noch geholt. Wir dachten, dass es dich auch erwischt hätte. Diese Ameisen, mein lieber Mann.«
Er wiegte langsam den Kopf hin und her, beeindruckt von Erinnerungen an durchgestandene Kämpfe und an Gefallene, die zu bergen waren, mich eingeschlossen.
»Dachte nicht, dass man das überleben kann.«
»Na ja, wie du siehst, kann man es«, sagte ich.
Wessing lachte, schlug mir auf die Schulter. »Ja, genau, man kann. Alles in allem hast du ein Riesenschwein gehabt, Bernd. Man muss das auch so sehen.«
Er setzte die Flasche an und trank sie konzentriert, mit andächtig geschlossenen Augen, zur Hälfte aus.
»Du hast aber gewusst, dass ich da wieder rausgekommen bin, oder?«, sagte ich, als er fertig war. »Sonst hättest du kaum hier eine Nachricht für mich hinterlassen.«
»Wir haben es erfahren«, sagte Wessing, die Lippen nach vorn gestülpt. »Afrika ist ja ein Dorf, so gesehen.«
»Von wem habt ihr es erfahren? Habt ihr nach mir gesucht?«
»Nein, das nicht. Aber so ein netter junger Mann wie du, der fällt auf. Hinterlässt Spuren.«
»Finde ich nobel«, sagte ich, »dass so viel Interesse an mir besteht.«
»Klar. Was denkst du denn?« Er gab mir einen sanften Rippenstoß. »Wir haben ja ziemlich lange Gesichter gemacht, als ihr beide abgehauen seid in der Nacht an der Bahnlinie dort, du weißt schon, beim Kasai. Ich hätte nie geglaubt, dass ihr die Kiste hochkriegen würdet. War ziemlich knapp.«
»Warst du das, der auf uns geschossen hat?«
»Geschossen?« Wessings Gesichtsfalten waren ein einziges Fragezeichen. »Wer hat geschossen?«
»Na, jemand hat geschossen, als wir gestartet sind. Die Kugel ging durch die rechte Scheibe.«
»So was.« Wessing schüttelte den Kopf, sich gleichzeitig am Nacken kratzend. Machte eine wackelnde Bewegung mit der Bierflasche. »Wir hatten zu tun, mit den ganzen Leuten, die kamen«, sagte er. »Gab eine Menge Ärger.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte ich.
»Wenn man vernünftig redet«, sagte Wessing, »lässt sich alles klären.«
»Das habt ihr da also gemacht«, sagte ich. »Vernünftig geredet.«
»Ja klar. Die jungen Typen, die an solchen Orten rumhängen, machen sich immer erst mal wichtig. Du musst nicht mit denen reden, sondern mit dem Chef, der braucht immer irgendwas. Ein neues Handy, einen Flachbildschirm, einen Toyota mit zweihundert PS . Und der will keinen Ärger, verstehst du.«
»Gibt’s denn immer einen Chef?«
»Immer«, sagte Wessing. »In Afrika gibt’s immer einen Chef, und wenn’s keinen gibt, ist jeder sein eigener Chef. Und benimmt sich auch so.«
Er lachte voller Überzeugung und stellte seine Bierflasche vor sich auf den Boden.
»Du hast ’ne schöne Reise gemacht im Ganzen«, stellte er fest und sah von Kopf bis Fuß an mir herunter. »Einmal quer durch Afrika. Und alles mit deinen Stiefeln da?«
»Anscheinend weißt du ja Bescheid«, sagte ich. »Warst du eigentlich auch im ›Yang Tse‹? In Novonbashi? Habt ihr da nach mir gesucht?«
»Yang Tse? Das ist chinesisch, oder?« Wessing schniefte durch die Nase. »Nein. Da war ich nicht. Wir waren bei De Vries. Auf seiner Ranch in Namibia und haben ein bisschen ausgespannt, nachdem er seine Sachen erledigt hatte.«
»Hat er?«, sagte ich. »Seine Sachen erledigt?«
»Ja. Alles paletti«, sagte Wessing.
Ich war so gut wie sicher, dass De Vries seine Diamanten wiederbekommen hatte. Es gibt offensichtlich Dinge, die keine Dinge sind. Die zu dem zurückkehren, für den sie bestimmt sind. Ein Affenschädel, ein Gewehr, ein Beutel Diamanten.
»Woher wusstest du eigentlich, dass ich zurück nach Deutschland kommen würde?«
»Nachdem du in Tansania im Konsulat warst«, antwortete Wessing, »war schon klar, dass du zurückfliegen würdest.«
»Das weißt du also auch«, stellte ich fest.
»Klar«, sagte Wessing selbstzufrieden. »Man will doch wissen, wer kommt und wer geht. Bleibt ja in der Familie.«
In der Familie. Ich dachte an De Vries, der von Nachbarschaft geredet hatte. Eine ziemlich große Familie, um die es sich hier handelte. Der nette Konsul in Daressalam gehörte auch
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