Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gai-Jin

Gai-Jin

Titel: Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
eine Woche hier sind, können Sie schon von Glück sagen, daß Sie noch leben. Meinen Sie nicht auch, Marlowe?«
    »Ja, Sir. Das stimmt.« Marlowe fand den Zeitpunkt günstig. »Phillip. Übrigens, wie geht’s Mr. Struan?«
    »Weder gut noch schlecht, wie George Babcott es ausdrückte.«
    »Ich hoffe sehr, daß er gesund wird«, sagte Sir William, der plötzlich Leibschmerzen bekam.
    Als er vor drei Tagen nach Kanagawa gegangen war, hatte Marlowe ihn von seinem Kutter abgeholt und ihm erzählt, was er über Struan und Tyrer wußte, über den Tod des Soldaten, den Selbstmord des Mörders und die Jagd nach dem anderen.
    »Wir sind hinter dem Scheißkerl her, Sir William, Pallidar und ich, aber der Kerl hat sich in Luft aufgelöst. Alle Häuser der Umgebung haben wir durchsucht, ohne Erfolg. Tyrer meint, er könnte einer der beiden Tokaidō-Angreifer sein, Sir, einer der beiden Mörder. Aber er ist nicht sicher, die sehen doch fast alle einer wie der andere aus, nicht wahr?«
    »Aber wenn es die beiden waren, warum sollten sie das Risiko eingehen, sich in die Gesandtschaft einzuschleichen?«
    »Die logischste Antwort, die wir fanden, war die, daß sie vielleicht eine Identifizierung verhindern und den Job zu Ende bringen wollten, Sir.«
    Sie hatten die Pier verlassen und eilten durch die bedrohlich menschenleeren Straßen. »Wie geht’s dem jungen Mädchen, Mr. Marlowe?«
    »Anscheinend gut, Sir. Nur ziemlich mitgenommen.«
    »Gut, danken wir Gott dafür. Der französische Gesandte ist so verkniffen wie ein Mückenhintern über die ›bösartige Kränkung der Ehre Frankreichs und einer seiner Bürgerinnen, die dazu noch sein Mündel ist‹. Je schneller sie wieder in Yokohama ist, desto besser… Ach, übrigens, der Admiral hat mich gebeten, Sie aufzufordern, umgehend nach Yokohama zurückzukehren. Es gibt viel zu tun. Wir, äh, wir haben beschlossen, Edo in drei Tagen einen offiziellen Besuch abzustatten, per Flaggschiff…«
    Marlowe hatte gespürt, wie Erregung in ihm aufstieg. See- oder Landeinsätze waren die einzige echte Möglichkeit, zu einer schnellen Beförderung und den Admiralstreifen zu kommen, die er unbedingt haben wollte. Ich will, daß mein alter Herr stolz auf mich ist, und ich werde den Flag Rank lange vor meinen jüngeren Brüdern Charles und Percy schaffen, die beide Lieutenants sind.
    Und nun, an Deck des Flaggschiffs, im Sonnenschein, während das Deck unter der Kraft der Maschinen vibrierte, stieg die Erregung abermals in ihm auf. »Wir werden gleich vor Edo sein, Sir, Ihr Auftritt wird der großartigste werden, den die da jemals gesehen haben. Sie werden die Mörder kriegen, die Entschädigung und alles andere, was Sie wollen.«
    Tyrer und Sir William hörten seine Erregung, aber Sir William empfand nur einen kalten Schauer. »Ja, nun gut, ich denke, ich werde eine Minute unter Deck gehen. Danke, Mr. Marlowe, ich kenne den Weg.«
    Mit tiefer Erleichterung sahen ihm die beiden jungen Männer nach. Marlowe vergewisserte sich, daß der Admiral in Sichtweite war. »Was ist in Kanagawa passiert, nachdem ich weg war, Phillip?«
    »Es war, nun ja, außergewöhnlich, sie war außergewöhnlich, wenn es das ist, was Sie wissen wollen.«
    »Inwiefern?«
    »Gegen fünf Uhr kam sie herunter, ging geradewegs zu Malcolm Struan hinein und blieb bis zum Dinner bei ihm – da erst habe ich sie gesehen. Sie wirkte… älter, nein, das trifft es nicht ganz, nicht älter, sondern ernster als zuvor, ein wenig mechanisch. George sagt, daß sie noch immer unter Schock steht. Beim Dinner sagte Sir William, er werde sie nach Yokohama mitnehmen, aber sie hat sich bedankt, das Angebot abgelehnt und erklärt, sie müsse erst ganz sicher sein, daß es Malcolm wirklich gut gehe, und weder er noch George, noch einer von uns anderen konnte sie davon abbringen. Sie hat kaum was gegessen, dann ist sie ins Krankenzimmer zurückgekehrt, bei ihm geblieben und hat sogar darauf bestanden, daß man ihr dort ein Feldbett aufstellt, damit sie, falls nötig, in Rufweite ist. Und während der folgenden zwei Tage, bis gestern, als ich nach Yokohama zurückkehrte, ist sie kaum von seiner Seite gewichen, und wir haben kaum ein Dutzend Worte mit ihr gesprochen.«
    Marlowe unterdrückte einen Seufzer. »Sie muß ihn sehr lieben.«
    »Das ist das Merkwürdige. Weder Pallidar noch ich glauben, daß das der Grund ist. Es ist fast so, als sei sie… nun ja, körperlos ist ein zu starker Ausdruck. Es ist, als befinde sie sich teilweise in einem

Weitere Kostenlose Bücher