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Galaxis Science Fiction Bd. 04

Galaxis Science Fiction Bd. 04

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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zurückgegangen war.
    Cantrella weigerte sich, des Doktors Niedergeschlagenheit zu teilen. »Ich sage dir, es ist genau das, was wir brauchen«, bestand er und schlug bekräftigend mit der Faust in die offene Fläche der andern Hand. »Verschließ dich nicht den Tatsachen, Tony. Es gibt keinen Marcaine-Dieb. Bell denkt, er kann uns vom Mars herunterbekommen, indem er unsere Import – Export Verbindungen abschneidet. Laß ihn doch. Das einzige, was wir brauchen, ist OxEn, und das werden wir schon irgendwie einhandeln können. Und wir werden bestimmt ohne die anderen Medikamente und Impfstoffe auskommen. Wir werden mit dem Mars schon fertig werden. Einmal müssen wir uns sowieso auf eigene Füße stellen. Warum nicht jetzt?«
    »Ich weiß nicht. Nick. Ich glaube, du überstürzt die Sache«, wandte Tony ein. »Ich glaube nicht, daß wir so einfach auf alle Erdmedikamente verzichten könnten. Ich kenne da ein warnendes Beispiel: die Tollers, die Familie, die schon seit bald fünfzehn Jahren hinter Sun Lake siedelt. Ich habe sie vor ungefähr einem Monat wieder mal besucht, nachdem ich sie schon mehr als ein Jahr nicht gesehen hatte. Ich war zu Tode erschrocken, als ich sie sah. Die beiden konnten sich einfach finanziell nicht alle nötigen Medikamente leisten. Dafür sehen sie jetzt aber – Mitte dreißig – auch aus wie Sechzigjährige. Der Verfallsprozeß ist erschreckend rapide, wenn man nicht die Möglichkeit hat, etwas dagegen zu tun. Der Mars ist schließlich nicht die Erde. Der Boden, die Pflanzen, selbst die Luft, die wir atmen, sind uns feindlich gesinnt.«
    »So schlimm? Nun ja, wir werden es nicht leicht haben, zumindest nicht die erste Zeit, aber bedenke bitte, daß die Tollers auch nicht die Möglichkeiten hatten, die uns das Labor bietet. Wir werden es schon schaffen.«
    »Ich weiß wirklich nicht«, wiederholte der Doktor etwas unglücklich. »Ich muß jetzt jedenfalls verschwinden. Ich muß nach Polly und dem Baby sehen.«
    Tony schleppte das EKG zurück ins Spital, wo er Anna fand, die die Hand einer kalkweißen zitternden Polly hielt. Pollys anderer Arm war um das Baby geschlungen. Sie drückte das kleine rotgesichtige Ding an sich, als bestünde Gefahr, daß jemand es rauben könnte.
    Ohne ein Wort zu verlieren, nahm er das Kind, holte sein Stethoskop hervor und horchte das kleine Herz ab. Es schlug normal. Auch die Sauerstoffmaske saß richtig, trotzdem das kleine Ding wie wild herumzappelte.
    Verblüfft gab er das Kind an Polly zurück und verlangte zu wissen: »Was ist los?«
    »Ich muß zurück zu meiner Arbeit«, sagte Anna unvermittelt. Sie tätschelte noch einmal Pollys Hand und schlüpfte aus dem Zimmer.
    »Ich habe etwas gesehen«, flüsterte Polly. In ihren Augen saß noch immer der Schreck.
    Tony setzte sich zu ihr auf die Bettkante und nahm die Hand, die Anna gehalten hatte. Sie war kalt.
    »Was hast du gesehen, Polly?« fragte er behutsam. »Flecken auf dem Baby? Einen Ausschlag?«
    Sie entzog ihm ihre Hand und zeigte auf das vom Bett zwei Meter entfernte Fenster.
    »Ich sah einen Zwerg. Er wollte mein Baby stehlen.« Sie drückte das kleine Wesen fest an sich, ohne dabei ihre Augen vom Fenster abzuwenden.
    Normalerweise hätte sich Tony vielleicht über Pollys Ängste heimlich amüsiert. Aber der heutige Tag hatte ihm schon übel mitgespielt, und er fühlte, wie Ärger in ihm hochstieg. Diese kleine Närrin! Zu einer Zeit, in der sich die ganze Kolonie in greifbarer und tödlicher Gefahr befand, konnte sie nicht einmal zwischen einem Traum und der Wirklichkeit unterscheiden.
    »Du warst sicher eingeschlummert«, sagte er mit beherrschter Stimme, »und hast schlecht geträumt. Nach all den Jahren ist es nur natürlich, daß du dich fürchtest, du könntest dein Baby wieder verlieren. Du hast von dem Gewäsch der Prospektoren und der Siedler über komisch aussehende Zwerge gehört. Also hat im Traum deine Angst diese Form angenommen. Das ist die ganze Erklärung.«
    Polly schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht geschlafen. Gladys hat mir die ganze Zeit über Gesellschaft geleistet«, berichtete sie tonlos. »Dann sagte sie, sie müßte zu diesem Test ins Labor gehen, und sie würde mir jemand schicken, der schon getestet wäre. In demselben Augenblick, in dem sie die Tür hinter sich zugemacht hatte, erschien dieses Gesicht vor dem Fenster. Es war ein richtiges Gnomengesicht. Es hatte große Ohren und große Augen, ganz dünne Brauen, war kahlköpfig, und die Haut war runzlig und braun

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