Galaxis Science Fiction Bd. 07
mit einem Messer ein großes Stück herausgeschnitten. Entsetzen und Verzweiflung drohten ihn zu überwältigen.
»Reiß dich zusammen!« Johnson sprach die Worte laut, und ihr Klang ernüchterte ihn etwas.
Alle Ängste wurden noch schlimmer, wenn man vor ihnen zu fliehen versuchte. Er durfte die Augen nicht vor seiner mißlichen Lage verschließen. Er mußte nachdenken, herausfinden, was er noch wußte. Es war bisher immer sein Stolz gewesen, einen klaren Verstand zu besitzen, dessen logische Gedankengänge so ordentlich und übersichtlich waren wie die Seiten in dem Hauptbuch eines gewissenhaften Buchhalters. Er versuchte, sich zu konzentrieren. Er ging seine Erinnerungen durch und setzte alles, was er fand, in die entsprechende Spalte.
Als er geendet hatte, fand er den Saldo äußerst ungünstig, wenn auch nicht hoffnungslos. Auf der Aktivseite befanden sich folgende Erinnerungen: Sein Name – Donald Johnson. Im Augenblick befand er sich auf dem natürlichen Möbiusstreifen des Planeten Marlock. Und er war irgendeinem Mann gefolgt.
Der Rest stand auf der Passivseite der Bilanz.
SEIN Name war ihm geblieben, aber alle anderen Erinnerungen an seine eigene Identität waren verloren. Er konnte sich auch nicht an den Grund erinnern, warum er überhaupt auf Marlock war, oder wem er gefolgt war, oder warum. Sein Name und noch zwei, drei andere Erinnerungen – das waren sehr ärmliche Anhaltspunkte.
Auf der andern Seite, so überlegte er, würde es ihm vielleicht niemals gelingen, wieder von dem Streifen herunterzukommen. Die Antwort auf alle seine drängenden Fragen war also vorläufig nicht so wichtig. Er bezweifelte, ob er jemals seinen Körper zwingen könnte, noch einmal den elektrischen Vorhang des Streifens zu durchbrechen. Das erste Mal hatte er die Schmerzen nur ertragen können, weil sie allmählich angewachsen waren. Wenn er zurückging, dann würde das etwas anderes sein. Sie würden auf einmal und in aller Stärke über ihm zusammenschlagen, als würde er in einen See kochender Lava springen.
Methodisch überdachte er seine nächsten Handlungen. Er durfte in keine Panik verfallen. Nur so konnte er sich seinen gesunden Verstand bewahren. Er würde jetzt eine Stunde lang vorwärts marschieren – er sah auf seine Uhr und entdeckte, daß sie abgelaufen war –, und wenn er dann noch keinen Ausgang gefunden hätte, würde er zurückkehren und versuchen, sich seinen Weg durch den Vorhang zu erzwingen.
Er war jedoch noch keine zehn Minuten auf dem Streifen entlang gewandert, als er vor sich wieder festen Grund erblickte. Er trat von dem Streifen herunter und blieb verwirrt stehen.
Irgendwie hatte sich der Streifen in sich zurückgekrümmt, und er war wieder an seinem ursprünglichen Ausgangsort angelangt. Zu seiner Rechten befanden sich die hölzernen Verkaufsbuden. Aber sie waren jetzt alle leer. Kein Mensch – weder Tourist noch Händler – war zu sehen.
Während Johnson sich verblüfft umschaute, wurde er sich eines lähmenden Gefühls bewußt, das langsam von seinem Körper Besitz ergriff. Er hob die Hände und betrachtete sie forschend. Sie waren vor Kälte blau angelaufen. Voller Schrecken merkte er plötzlich, daß auf Marlock der Winter eingekehrt war. Doch es war Frühling gewesen, als er auf den Streifen hinausgegangen war.
GROSSER Gott, Mann!« rief der Portier des Hotels. »Waren Sie etwa ohne Hut und Mantel da draußen in der Kälte? Wir müssen doch schon mindestens zehn Grad minus haben.«
Johnson war unfähig, zu antworten. Er war die ganze Strecke gelaufen, so schnell er konnte – glücklicherweise hatte er sich erinnern können, in welcher Richtung von dem Streifen aus die Stadt lag –, aber bis zum Hotel mußten es wenigstens zwei Kilometer gewesen sein. Schweratmend stand er jetzt da. Er stampfte mit den Füßen auf und schlug sich die gefühllosen Hände gegen den Körper, um sich warm zu machen.
»Kommen Sie und wärmen Sie sich auf«, sagte der Portier und führte ihn hinüber zur Dampfheizung.
Johnson ging willig mit. Er ließ sich von der Hitze bestrahlen, bis sie ihm die Haut auf dem Rücken anzusengen schien. Erst als die Kälte seinen Körper völlig verlassen hatte und ein schläfriges Gefühl an ihre Stelle getreten war, sprach er sein erstes Wort.
»Haben Sie mich schon jemals vorher gesehen?« fragte er den Portier.
Der Portier schüttelte den Kopf. »Nicht, daß ich wüßte.«
Weitere Erkundigungen mußten bis morgen warten, sagte sich Johnson.
»Ich nehme ein
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