Galgeninsel
Schielin.
»Da kommen ja nicht viele Personen in Frage«, ergänzte Lydia und begann aufzuzählen, »die Sekretärin von Kandras, Kehrenbroich oder dieser Hoibner. Was ist eigentlich mit dem?«
»Der sitzt drüben in der Zelle und wechselt stündlich seine Strategie. Mitleid, Aggression, Selbstmitleid. Ein widerlicher Kerl. Wir lassen ihn erstmal runterkommen und werden ihn dann morgen, wenn sein Anwalt da ist, zubetonieren.«
»Bevor ich es vergesse«, sagte sie und holte umständlich das Handy aus ihrer Tragetasche, »ich hoffe der Akku reicht noch, aber schaut es euch selbst an.«
Schielin und Gommert folgten den zuckelnden Bildern im Mäusekino. Schielin pfiff durch die Zähne. »Du bist ein Schatz, Lydia. Ein Schatz.«
Gommert bekam große Augen, trotz der geringen Auflösung »Net schlecht, die Goiß.«
Die anderen gingen nicht darauf ein. »Der Mondringer hat den Hoibner und den Kandras also mit dem Handy gefilmt, als er sie drüben in der Schweiz im Puff erwischt hat«, sagte Schielin und wandte sich an Lydia: »Hat der vielleicht versucht, den Kandras oder Hoibner damit zu erpressen?«
»Glaube nicht, dass er das versucht hat«, meinte Lydia nachdenklich, »den Kandras konnte er damit sicher nicht erpressen und dem Hoibner war das wahrscheinlich völlig egal. Nein. Es war so, wie ich mir das schon gedacht habe. Da waren vier zusammen, die sich gegenseitig nach Strich und Faden betrogen haben. Hoibner und Kandras haben den Mondringer geleimt. Und der Kehrenbroich, das ist meine Meinung, der hat den Kubasch auf Kandras angesetzt, um zu verhindern, dass der Einnahmen macht.«
Schielin sah sie skeptisch an. »Das klingt ja aufs erste ganz logisch. Dass Kandras und Hoibner den Mondringer fertiggemacht haben, das ist denke ich zweifelsfrei erwiesen. Aber … welchen Grund hatte bitte Kehrenbroich seinen eigenen Geschäftspartner, auch noch auf diese Tour, schachmatt zu setzen?«
»Keine Ahnung? Das müssen wir noch rauskriegen. Es ist nur so, dass Kehrenbroich in engem Kontakt mit Kubasch stand. Da liegt die Verbindung. Wie das genau zusammenhängt, müssen wir noch rausbekommen. Vor allem welche Rolle Anna Kandras spielt.«
»Anna Kandras«, wiederholte Schielin, »wir dürfen nicht vergessen, dass sie ja die Chefin von Kehrenbroich ist. Ihr gehört ja schließlich der Laden. Sie hält sich aber konsequent im Hintergrund und lässt Kehrenbroich im Lichte stehn.«
»Und die im Schatten sieht man nicht«, unkte Gommert.
»In unserem Fall wollen die im Schatten überhaupt nicht gesehen werden«, sagte Schielin, »und ich bezweifle wirklich, dass Kandras eine Ahnung davon hatte, mit welchem Finanzentwickler er sich da eingelassen hat. Der hatte keine Ahnung, dass hinter Faynbach seine Frau steckte.« Er schlug die Hände zusammen und legte sein Kinn darauf. »Das ist ja alles völlig verquer.«
Gommert saß still dabei, hielt seine Tasse mit beiden Händen umfasst und lauschte. Er erschrak, als Schielin ihn fragte: »Gommi. Heute morgen hast du uns doch etwas über diese Frau Kahlenberg erzählen wollen, du weißt schon, die ertrunken ist, oder so?«
Gommert benötigte einen Augenblick, um seine Gedanken zu ordnen. Das gerade Gehörte beschäftigte ihn noch sehr. Die Welt war so schlecht.
»Ja. Die Frau Kahlenberg. Die ist ertrunken.«
»Und weiter …«, forderte jetzt Lydia und sah auf ihre Uhr.
»Ich weiß nur, dass das damals am Untersee passiert ist und die Kollegen in Konstanz die Sache hatten. Es gab da Schwierigkeiten, weil die Tochter behauptet hatte, da sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen.«
»Wie soll man das verstehen?«, fragte Schielin.
»Na ja. Die Tochter behauptete, es sei kein Unfall gewesen.«
Schielin und Lydia sahen ihn ernst und auffordernd an.
Er hob entschuldigend die Hände. »Das ist schon ewig her, sicher über zehn Jahre. Da ward ihr beide noch gar nicht hier. Du warst doch damals noch in München, oder.«
Schielin bestätigte. »Das kommt hin. Da war ich noch bei der Münchner Kripo. Was war also damals los?«
»Die Kahlenberg war mit ihrem Mann draußen am See. Es hatte glaube ich einen Sturm und die Frau ist in der Nacht über Bord gegangen und ertrunken. Man hat die Leiche ein paar Tage später tatsächlich gefunden.« Er machte eine Pause, um sich zu erinnern und sprach, wieder den Blick zur Decke gewandt, weiter.
»Mhm. Die Tochter. Ich war kurz darauf bei einem Faustballturnier in Singen und da waren Kollegen aus Konstanz dabei. Und die haben mir
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