Galileis Freundin (German Edition)
Wissenschaftlers, die Leichtigkeit mit der er se i nerzeit den Großprinz in der Mathematik und Physik unterrichtet hatte, überzeugten den ju n gen Cosimo II. von den wirklichen Fähigkeiten des Astronomen . Galilei hatte zudem so wunde r bar wahrhafte Prophezeiungen über ihn und sein dauerhaftes Wohlergehen aus der Sterne n konstellation am Tage seiner Geburt herausgelesen, dass Cosimo davon überzeugt war, ein solch hoch gelehrter Mann könne keine bösen Absichten im Sinne haben. So schirmte er ihn gegenüber dem heiligen Offizium ab.
Wie lange aber würde der achtundzwanzigjährige Großherzog der Toskana seine schützende Hand über den Mathematiker halten können, wenn die „Herrenhunde“ der Inquisition, Ha r pyien gleich, jeden geringsten Schwächeanfall des medicieischen Sprösslings belauerten, um eine Bresche in den Schutzwall zu schlagen? Diese Frage stellte sich oft genug der erste Staatssekretär, Curzio Picchena, der es nicht erdulden mochte, dass ein freidenkerischer Geist wie Galilei in die Fänge der Willkür und der unterjochenden Machenschaften der Inquisition geriet. Zudem nährte er gegenüber dem Hochgelehrten eine Freundschaft, die aus seiner B e wunderung für den Mut und die aufrechte Haltung des Forschers gegen die Bedrohung aus dem Heiligen Offzium heraus entstanden war. So lenkte Curzio Picchena weise die Aufmer k samkeit des Großherzogs auf die tödlichen Gefahren, in denen sich Galilei durch die Ergebnisse seiner Wisse n schaft im Angesicht der Inquisition befand.
Die Frage nach der Bedeutung der nächtlichen Erscheinungen beschäftigte auch den Staatss e kretär. Um sie zu beantworten lud er seinen Freund, den Sternenforscher ein, seine Himmel s beobachtungen in der staubfreien Luft in der Umgebung von Picchena fortzuführen. Mit großer Freude hatte der Astronom die Einladung angenommen.
An jenem sonnigen Nachmittag stand Galileo Galilei mit seinem Fernrohr auf der Terrasse der Burg Picchena. Die klar geschliffenen Linsen aus Holland und die Kunstfertigkeit seines eig e nen Zusammenbaus ließen jegliches Objekt, das sich in einer Entfernung von 12 Meilen befand, so nah, wie die Hand am Körper erscheinen. Die klare Luft der toskanischen Höhen versprach für die Nacht genaue und einmalige Beobachtungen.
Aus dem Haus näherte sich fröhlich die kleine Markgräfin, sichtbar willens, mit dem Fernrohr einen Blick in die Welt zu wagen. „Verehrter Freund“, hatte der Forscher seinen Gönner g e mahnt, „eure Tochter ist mir in den Gesprächen willkommener als manch ein gelehrter Studi o sus oder gar ein Dominikaner. Caterina versteht mit der Offenheit des Kindes, und sie begreift ohne Vorurteil verbildeter Bürger. Sie disputiert im Ringen um Erkenntnisse und nicht um E r halt der eigenen Meinung.“
„Galileo zeigt mir euer Fernrohr“, bat das kleine Mädchen lächelnd, „von dem man sich so viel erzählt. Erklärt mir, was es ist. Was kann man damit machen? Vater hat mir einiges darüber berichtet. Doch nun will ich es von euch erfahren. Ihr sollt in Venedig auf dem Turm von San Marco den Patriziern der Stadt gezeigt haben, wozu es gut ist. Was ist so interessant daran? Ihr habt eins eurer Fernrohre gar den Senatoren von Venedig geschenkt. Stimmt das?“
„Wenn man Menschen überzeugen will, führt man ihnen den Beweis an Beispielen und Erle b nissen vor Augen.“
Galileo suchte unverhohlen das Gespräch mit seiner jungen Freundin.
„Natürlich, verstehe ich das, aber was geschah damals wirklich?“
„Ich habe einfach die Senatoren gebeten, mir auf den Campanile von San Marco zu folgen.“
„Wann war das, Signor Galilei, sagt, wann war das?“
„Da s war anno 1609, in dem Jahr in dem Cosimo II. zum Großherzog der Toskana gekrönt wurde.“
„Ja “, ergänzte Caterina, „und ich war schon längst geboren. Ich war ein Jahr alt. Aber, bitte, Signor Galilei, erzählt weiter.“
Galilei schaute auf seine faltenreichen Hände und die knochigen Finger.
„So, wie ich Berechnungen und Beweise im Kopf entwickle und sie mit der Hilfe meiner Finger für mich und die anderen zu Papier bringe, so ist es wichtig, die Menschen das neue anfassen und erleben zu lassen, damit es im Kopf die Überzeugung stützt. Ich bin also mit den Senat o ren auf den Turm von San Marco gestiegen. Der Turm ist nahezu einhundert Meter hoch. Der Aufstieg war recht mühselig. Es hat sich für sie und für mich gelohnt. Der erste Senator e r reichte keuchend das Plateau des Campanile ,
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