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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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gewarnt hat, Rom zu verlassen und nach Florenz zurückzukehren.
    „Meister Galilei, mein Lehrer, der Mönch Pandolfini, sagt, die Lehren der Heiligen Schrift sind wahr, sie sind das Absolute des Wissens.“
    „Die Heilige Schrift ist wahr, Caterina, doch in manchen Fällen spricht sie in Bildern und in Gleichnissen. Nur so konnten wir Menschen, als uns noch viel des Wissens fehlte, den Sinn der Schrift verstehen.“
    „Was hat Kopernikus verkündet, warum wird seine Lehre abgelehnt?“
    „Bereits vor hundert Jahren, anno 1505, da hat Kopernikus geglaubt, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Ich aber bin jetzt in der Lage, die Lehren von Kopernikus mit Zahlen und mit Worten zu belegen.“
     
    Die Sonne hatte sich sichtbar weiterbewegt. Die Schatten der Bäume wurden länger. Ein B e diensteter brachte frische Säfte und ein wenig Obst. Caterina trank einen Saft und schlenderte in den wildwüchsigen Park neben der Terrasse. Sie schritt zur alten Eiche, die ihr bereits in frühen Kindheitstagen Trost und Zuflucht gespendet hatte. Beeindruckt von den Worten Gal i leis über die verwirrenden Machenschaften der allmächtigen Kirche, suchte sie den festen Kontakt mit der Rinde des Baumes. Mit ihren Fingern fuhr sie die Borke entlang und spürte die rissigen Formen. Dann bückte sie sich und pflückte ein paar Blumen, die sie zärtlich an die N a se hielt. Sie atmete tief ein und bewunderte die winzigen Blüten. Träumend lag sie neben dem Baum im Grase, blickte durch das Astwerk zur Sonne und erkannte, dass sich die Sonne ohne Zweifel von links nach rechts, von Osten nach Westen bewegte. Die Erde sollte sich nun um die Sonne bewegen? Sie ließ diesen Gedanken stehen. Was aber hat das alles mit der Verfo l gung ihres väterlichen Freundes zu tun? Warum konnte die Kirche diese Wahrheit nicht erke n nen? Es war für sie nicht zu verstehen.
     
    Als der Mond über den Horizont stieg und sein fahles Licht über die Erde legte, war der Schweifstern nur noch schwach zu sehen. Da wandten sie den Blick dem hellen Himmelskörper zu. Hingerissen von der Schönheit der Bilder, gewannen die Entdeckungen des Freundes Gal i lei für sie noch mehr an Bedeutung und Erkenntnis. Berge und Täler, im Sonnenlicht gleißende Höhenzüge und dunkle Schattenlöcher erklärte ihr der Astronom.
    Sie trat einen Schritt vom Fernrohr zurück, schaute den großen Meister an und umarmte ihn überwältigt von der unfassbaren Schönheit des Himmelskörpers. Ihre sprachlose Zuneigung zeigte ebenso das unverständliche Geschehen um Galilei herum.
    „Ich bewundere euch“, flüsterte sie, als gäbe es ein Geheimnis zu bewahren. „Ich verstehe euch, wenn ihr eure Erkenntnisse vor der nicht verstehenden Welt verteidigen müsst . Gott hat es so gewollt.“
    Galileis Lächeln in der Dunkelheit erreichte das Herz der jungen Gräfin. Curzio Picchena zeigte sich überwältigt von dem Eindruck, den seine Tochter hinterließ. Die Einmaligkeit des gemei n samen Erlebnisses, des Verstehens verschaffte dem Augenblick seine schöpferische, verbinde n de Bedeutung.
    Mit und ohne Glas schauten sie in die unendliche Weite des sternefunkelnden Himmels und verstanden mehr von der Welt, als es jeder Disput erklären könnte. Die klare Luft über Pi c chena ließ jedes noch so geringe Sternenfunkeln hindurch. In der abendlichen Kühle hatten sich Staub und Flimmern auf die Erde und die Blätter der Bäume gesenkt. Nicht eine Wo lke, nicht ein einziger Nebel schleier hinderte den Blick in die Weite des Alls.
    Die unermessliche Erkenntnis der unverstandenen Welt inspirierte ihre Betrachtungen über das Leben. Sie hingen ihren Gedanken nach. Die beiden Männer zeigten sich als große Realisten. Gerade daher wussten sie, was ihnen die nächste Zukunft bringen würde. Die junge Markgräfin erhaschte mit dem Blick in die unendliche Weite der Sternenwelt einen Hauch und eine Ahnung ihres eigenen geheimnisvollen Lebens.
    Der Staatssekretär wähnte in dem exzentrischen Frömmlertum der beiden Großherzoginnen, Christine von Lothringen und Maria Magdalena, einen nicht zu bewältigenden Berg von polit i schen Schwierigkeiten, die auf sie alle zukommen würden. Die beherrschenden Kutten und Klerikergewänder im Straßenbild von Florenz zeigten, wie eine Welle an den Gestaden der Toskana, das Heranrollen eines gewaltigen Sturmes.
    Anders als sein guter Freund, sah Galilei die bedrohende Zukunft unmittelbar auf sich zuko m men. Die letzte Schlacht über seine Erkenntnisse hatte er

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