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Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition)

Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition)

Titel: Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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Ölgemälden. Auf den Bildern sind preußisch uniformierte Terrier und Cockerspaniels in Napoleonpose zu sehen. Auch das ist der Humor meiner Mutter. Von irgendwem muss ich meinen Spleen ja geerbt haben.
    «Ich weiß es auch nicht genau», antworte ich. «Vielleicht will ich für meine Sünden büßen?»
    «Ach, ich wünschte, du hättest mal eine Sünde begangen, Dennis! Wie oft habe ich dir gesagt: Bleib zu lange weg, betrink dich, rauch ein bisschen was. Aber du warst ja immer so brav.»
    Da muss ich ihr leider recht geben. Na ja, fast. Tatsächlich habe ich dreimal gekifft, und im Suff heiratete ich mal einen Cola-Automaten. So weit zu meinen Exzessen. Doch wogegen soll man auch rebellieren, wenn die eigene Mutter den konservativen Geist der Familie jahrzehntelang mit Händen, Füßen und Mao-Bibeln bekämpft hat? Da kann man ja nur spießig werden.
    So verschieden wir manchmal im Herzen sind, so sehr ähneln wir uns äußerlich. Dieselbe Kindlichkeit, dasselbe verschmitzte Lächeln, dieselben blonden Plüschhaare. Ihre blauen Augen sind riesig, so groß wie Kirchenfenster. Und mein Vater? Er verließ die Familie kurz nach meiner Geburt, das machte aus meiner Mutter und mir ein eingeschworenes Team. Wir zwei gegen die Welt. Für mich hängte sie ihre Karriere als Grafikdesignerin an den Nagel und stieg in die Fahrradfirma ein. Das war solide.
    Einmal fuhren wir zu zweit mit dem Bus an die Costa Brava. Es war eine «Fortuna-Reise», ein Glücksspiel. Außer der Reiseleitung wusste niemand, an welchem Ort und in welchem Ferienhotel er am Ende des Tages landen würde. Das war das Prinzip. Meine Mutter aber half Fortuna etwas auf die Sprünge. Der Bus hielt an einem besonders edlen Etablissement, das uns beiden gut gefiel, und noch bevor die Reiseleitung einen Namen aufrufen konnte, eilte sie auch schon mit ihren Hotelgutscheinen zur Rezeption und checkte mit mir ein. Stumpf ist Trumpf, sagt sie immer. Ich hatte eine wunderbare Kindheit.
    Ich bin zwar ein klassisches Einzelkind, habe aber neun Halb- und Stiefgeschwister. Patchwork de luxe. Mein leiblicher Vater produzierte außer mir noch weitere vier Kinder mit anderen Frauen, und auch mein Stiefvater war äußerst fruchtbar. Als er meine Mutter vor zwanzig Jahren heiratete, brachte er vier Söhne mit in die Familie. Aus gemeinsamer Herstellung entstand dann Max, mein heiß-geliebter kleiner Bruder. Er musste mich heute Nachmittag auf dem Parkplatz des Markant-Markts in Engter abholen, weil ich mich vor lauter Euphorie acht Kilometer vor Osnabrück völlig verausgabt hatte.
    «Wo hast du Hirsch eigentlich gestern übernachtet?», fragt meine Mutter. «Das war doch rausgeschmissenes Geld!» Auch das stimmt. Die vergangene Nacht war grauenvoll. Ich schlief in einem düsteren, verrauchten, lebensfeindlichen Gasthof im Güllegürtel zwischen Vechta und Damme – nur dreißig Kilometer von unserer Haustür entfernt. Die Wirtin hielt mich für einen Landstreicher, ließ mich sofort bezahlen und gab mir zum Dank ihr lumpigstes Zimmer. Das Bier war schal, die Küche kalt, mein Nachbar atmete schwer. Als ich endlich schlafen konnte, rumpelten zwei betrunkene Monteure aus Dessau, die ich an der Bar kennenlernen durfte, über den Flur. Ich bin schon eintausend Mal von Hamburg nach Osnabrück gereist, aber noch nie habe ich mich so sehr auf mein Kinderzimmer gefreut. Der ICE schafft die Strecke in knapp zwei Stunden – mich hat der Trip neun Tage gekostet. Buxtehude, Zeven, Grasberg, Delmenhorst, ein Wochenende in Wildeshausen, Vechta, Damme, Osnabrück.
    «Dennis, du taugst auch nicht inne Pferdewurst!», ruft Hanne, die zweite Dame im Wintergarten. Nein, sie ist nicht nur eine Dame, sie ist ein Ereignis. Heute Abend sieht Hanne so aus, als sei sie direkt aus dem Raumschiff Orion gestiegen. Sie trägt einen zebragestreiften Blazer, ihre Bäckchen sind rosa geschminkt, und auf ihrem Kopf ist – von Haarspray zusammengehalten – ein nussbraunes Ufo gelandet. Ich mag Hanne sehr, denn sie hat das lustigste, ansteckendste und vor allem lauteste Lachen der westlichen Hemisphäre. Es beginnt mit einem spitzen «Huuuuuch!», und wenn es dann aus ihr herausbricht, hörst du den Hund nicht mehr bellen, kein Handyklingeln mehr, keine Kirchenglocken, kein Babygeschrei, nicht mal die Tiefflieger der Luftwaffe direkt über deinem Kopf. Was bleibt, ist purer Frohsinn. So misanthropisch du auch sein magst, Hannes «Huuuuuch!» zerrt deine Mundwinkel nach oben.
    Früher haben Hanne und

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