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Gangster auf der Gartenparty

Gangster auf der Gartenparty

Titel: Gangster auf der Gartenparty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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meistens nicht sprechen.
    Heinz Obrecht, genannt ,Lippe’!
    Wie ein entschärfter, demnach also
gutartiger Blitzstrahl zuckte Krätzkow die Erinnerung durchs Hirn. Die
Erinnerung an den alten Kumpel, der sich für nichts zu schade war und jeden
Dreck anfaßte.
    Mit Obrecht einen großen Coup — und
dann ab in ein freundliches Ausland, wo nur Geld zählte und nicht nach
Vorschriften gefragt wurde. Das war der richtige Weg.
    Allerdings hatte die Sache einen Haken.
Heinz Obrecht war nämlich damals zu zwei Jahren Knast verurteilt worden. Wann?
Mann o Mann, vor zwei Jahren. Also?
    Krätzkow kannte die Adresse. Weshalb
Obrecht so schmerzhaft reingeschlittert war, wußte er nicht. Ob Diebstahl,
Einbruch, Betrug, Körperverletzung — war ja auch egal, wie die Bullen und die
Richter es nannten. Entscheidend blieb immer, ob man hinter Gitter mußte oder
nicht.
    Alsbald rollte Krätzkows Wagen durch
ein Vorstadtviertel, wo die Mieten niedrig waren und bei weitem nicht jede
Wohnung ein eigenes Bad hatte.
    Obrechts Haus stand noch. Himmel, wie
lange war er nicht hier gewesen! Hinter den Fenstern hingen saubere Gardinen.
Das ließ Rückschlüsse zu auf Paulines Gemütszustand. Pauline war eine mürrische
Person. Aber zu ihrem Mann hielt sie — durch dick und dünn. Und meistens kam’s
dick.
    Sie öffnete, nachdem er geklingelt
hatte. In einer Hand hielt sie den Wischlappen, in der anderen die Zigarre. Sie
war leidenschaftliche Raucherin, und ihr Atem hatte meistens den
Schadstoffgehalt eines nicht-entgifteten Fabrikschlots. Figürlich war sie
drall, das Gesicht rund und fest.
    „Ist das nicht der Alfons Krätzkow?“
Sowas wie Freude zuckte in den Mundwinkeln auf.

    „Aber ja. Tag, Pauline! Gut siehst du
aus. Wie geht’s sonst? Danke, mir auch schlecht. Hahahah! Wollte mal sehen, was
Lippe macht. Ist er draußen?“
    „Nee!“ Sie schüttelte den Kopf, und die
Miene verdüsterte sich. „Heinz sitzt noch. Aber die große Lippe hat er noch
immer. Schimpft den lieben langen Tag! Manchmal hat er richtig frische, rote
Backen — vor Wut!“
    „Sitzt noch?“ wunderte sich Krätzkow. „Ich
dachte...“
    „In drei Tagen lassen sie ihn raus. Ich
putze gerade die Hütte. Aber komm rein! Für einen Schnaps ist immer die richtige
Zeit.“
    Im Wohnzimmer stand eine Reihe von
Putzmitteln auf dem Klavier. Die Luft roch desinfiziert (keimfrei). Reinigungsschaum bedeckte die Sitzflächen der Polstermöbel. Krätzkow setzte
sich auf den Klavierhocker. Das war die einzige Möglichkeit.
    „Bin ein bißchen im Druck“, erklärte
er, während Pauline die Schnapsgläser füllte. „Werde wohl erstmal ‘ne Weile
untertauchen. Aber den Kontakt zu Heinz lasse ich nicht abreißen. Weshalb
schimpft er soviel?“
    Sie gab ihm das Glas. „Weil ‘s eine
Ungerechtigkeit ist, ein Justizirrtum. Er hat das Ding nicht gedreht, aber sie
haben ihn trotzdem verurteilt.“
    „Was? Er ist wirklich nicht schuldig?“
    „Ehrlich nicht. Was auch immer er sonst
anstellt — in der Sache war er unschuldig.“
    „Gibt’s doch nicht.“
    „Gibt’s doch! Heinz ist der Beweis. Die
Richter sind Penner.“
    Sie tranken sich zu. Krätzkow murmelte:
„Auf dich und auf Heinz.“ Er schnalzte mit der Zunge und sah zur Flasche hin.
Aber die stand schon wieder im Schrank. Paulines Großzügigkeit hielt sich in
Grenzen. „Was für ‘ne Sache war denn das, Pauline?“
    „Kennst du Fühme? Erich Fühme? Der Typ
hat eine Tankstelle ganz am Ende der Tettrichsteiner Landstraße. Damals, im
Juli ungefähr, wurde er überfallen. Der Täter hatte sich mit einer
Faschingslarve unkenntlich gemacht. Er hielt Fühme eine Pistole unter die Nase
und grapschte das Geld aus der Kasse. Dabei verlor er die Maske. Aber er konnte
entkommen. Eine Stunde später standen die Bullen hier bei uns auf der Matte.“
    „Nein!“
    „Doch! Weil sie von Heinz wissen, daß
er sich mal eine Clownsmaske, mal eine Schweinslarve — jedenfalls immer was
Lustiges — vors Gesicht gehängt hat, wenn er Geld holte.“
    „Aber das waren Jugendsünden. Er hat
dazugelernt. So macht er’s doch längst nicht mehr.“
    „Erzähl das den Bullen. Die glauben
nur, was sie glauben wollen. Heinz hat Vorstrafen. Da steht drin, daß er als
Weihnachtsmann eine Drogerie geplündert hat, als Osterhase einen
Lotto-Einnehmer ausgenommen und als Faschingsclown einen Kiosk überfallen hat.
Also war er ‘s auch diesmal. Leider konnte ich ihm kein Alibi geben, weil ich
gerade verreist war — zu meiner Schwester

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