Gangster auf der Gartenparty
als
Abkürzung für Renz. Ist ja auch begreiflich, wenn man einen so schrecklich
langen Namen hat.“
„Blöd von dem Kerl“, urteilte Klößchen.
„Das wäre genauso, als würde mein Vater unsere erstklassigen Kakao-Produkte
Sau-Schoko nennen. Mit der Begründung: Sau ist ‘ne Abkürzung von Sauerlich.“
„Ach, der Sauerlich bist du“, meinte
Eduard. „Als ich noch eigene Zähne hatte, habe ich eure Schokolade gern
genascht. Jetzt schmeckt leider alles nach Haftpulver. Ohne das halten meine
dritten Beißerchen nicht.“
Tim hustete vernehmlich, obwohl er frei
war von jeglicher Erkältung. Für ihn, den Zielstrebigen, sind Abschweifungen
ein Greuel.
„Gaby, welche Verbündete haben wir im
feindlichen Lager?“
„Sie heißt Julia Vendel. Eine ältere
Person aus unserer Sicht. Mindestens Ende Zwanzig. Sie wurde voriges Jahr des
Diebstahls verdächtigt, an ihrem Arbeitsplatz in einem Kaufhaus. Der Fall fiel
zwar nicht in die Zuständigkeit meines Papis. Aber er stieß zufällig drauf und
konnte ihr helfen, nämlich nachweisen, daß alles ein Irrtum war. Seitdem ist
sie ihm dankbar, als hätte er ihr das Leben gerettet. Mehrmals schon hat sie
uns Blumen geschickt.“
„Und?“
„Von ihrem Job im Kaufhaus hatte sie
die Nase voll. Weil ja alles Verleumdung war.“
„Und?“
„Sie mußte aber Geld verdienen. Der
einzige Job, der sich anbot, war bei Re-Immo. Dort sitzt sie im Büro.“
„Phantastisch!“ murmelte Tim. „Vorausgesetzt,
sie spielt mit.“
„Garantiert!“ nickte Gaby. „Ich glaube,
sie hat Papi gegenüber mal angedeutet, daß so ein Immobilien-Büro das
Hinterletzte ist. Besonders das von Renz. Nur Geldschneiderei und arglistige
Täuschung. Schwindel ist gefragt. Das ist die Leistung.“
Tim sprang auf. Die Ameisen in seinem
Blut ließen längeres Stillsitzen nicht zu.
„Wir melden uns wieder, Herr von
Lommingen, sobald erste Ergebnisse vorliegen. Besten Dank für die Auskunft.“
9. Der Kumpel sitzt noch
Langsam rollte der rote BMW durch die
Gasse. Es war in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der Sommernachmittag hatte seinen
Höhepunkt überschritten. Nicht mehr lange, und die Geschäfte würden schließen.
Krätzkow lenkte seinen Wagen. Nur mit
einer Sonnenbrille hatte er sich getarnt. Weitere Vorsichtsmaßnahmen waren
zunächst noch nicht erforderlich, wie er meinte.
Sicherlich — irgendwann würde man die
beiden Schlägertypen in ihrem Verlies entdecken. Und dann konnte es eng für ihn
werden. Für morgen früh war ein Klempner bestellt. Wenn der vor der Tür stand
und vergeblich klingelte, schrien sich die beiden bestimmt die Kehle heiser.
Das mußte er hören.
Garantiert, dachte er, hauen sie mich
dann in die Pfanne, und Kommissar Glockner bläst zur Jagd auf mich. Soll er!
Finden wird er den Krätzkow nicht.
Anna, die neben ihm saß, schluchzte.
Mit Engelszungen redend, hatte er sie
davon überzeugt, daß sie sich vorerst trennen mußten. Um erfolgreich
unterzutauchen, konnte er sich mit ihr nicht belasten, zumal sie etwas
schwerfällig war und manchmal geistig hinterher hinkte.
Sie fügte sich. Jetzt brachte er sie
zum Bahnhof. Sie wollte zu einer Freundin fahren — in irgendein Kaff — und dann
weiter gen Italia, nämlich nach Rom zu ihren Eltern, wo sie allemal gut
aufgehoben war. Selbstverständlich hoffte sie, bald von Renz zu hören. Aber wo
er sich aufhalten wollte, verriet er ihr nicht.
„Alfons, du schreibst mir“, schnüffelte
sie.
„Aber ja. Jeden zweiten Tag.“
„Bestimmt?“
„Ich schwöre es.“
„Und wenn alles gut wird, komme ich
zurück.“
„Ich hole dich.“
„Und wir machen Ferien am Strand. Am
Lido di Ostia (Strand nahe Rom) .“
„Ich kann’s gar nicht erwarten, mein
Schatz.“
Er wußte nicht, ob sie ihm glaubte. Daß
er nichts mehr von sich hören lassen würde, war klar. In seiner Zukunft war
kein Platz für eine abgelegte Freundin.
Jetzt hieß es also, Abschied nehmen.
Das geschah auf dem Hauptbahnhof-Parkplatz, kurz und schmerzlos, obwohl Anna
pausenlos schluchzte.
Sie stand noch lange da und winkte. Der
rote BMW war längst verschwunden. Aber mit ihren tränenverschleierten Augen sah
sie das nicht.
Nachdenklich kaute der Ganove auf
seiner dünnen Unterlippe. Wohin jetzt zum Untertauchen? Zu Renz, dem
Häuserkönig? Der würde sich bedanken. Als Auftraggeber war er gut, bezahlte
auch stets prompt und auf die Hand. Aber sobald er helfend einspringen sollte,
kannte er die besten Freunde nicht mehr und ließ sich
Weitere Kostenlose Bücher