Gangster auf der Gartenparty
beim Fahrradkeller,
hielt beide Drahtesel mit je einem Finger und drängte stirnrunzelnd zur Eile.
„Bin ja schon da“, keuchte Klößchen.
Er hatte Mühe beim Aufsteigen. Drei
Tafeln Schokolade in der linken Hosentasche ließen es nicht zu, daß er den
Schenkel anzog. Es knisterte und knackte. Die Tafelecken spießten ihm in den
Bauch. Seufzend verteilte er seinen Vorrat auf die Gesäßtaschen.
Tim radelte bereits.
Seine Gedanken eilten voraus, kreisten
um das Treffen mit Julia Vendel, der Re-Immo-Angestellten. Gaby hatte die Sache
angeleiert — gestern noch, als er und Klößchen ins Internat zurück mußten, um
die pflichtmäßige Arbeitsstunde nicht schon wieder zu schwänzen.
Jetzt, dachte Tim, kommt’s darauf an.
Können wir die Immo-Tante einweihen? Gaby meint ja. Können wir die Immo-Tante
auf unsere Seite ziehen? Gaby meint ja. Aber können wir die Immo-Tante zum
Mitmachen beschwatzen? Wenn das rauskommt, ist sie ihren Job los. Doch für die
Gerechtigkeit, werde ich ihr sagen, muß man Opfer bringen.
Sie fuhren über die Zubringerstraße.
Über den Feldern blitzte die Luft. Ganze Mitschüler-Pulks überholten sie. Von
Tim war man das gewöhnt. Aber daß auch Klößchen aufs Tempo drückte, reizte die
anderen Schüler zu Sticheleien.
„Gibt’s irgendwo Schoko umsonst, Willi?“
— „So ist es richtig: Abspecken durch Bewegung!“ — „Heh, Klößchen! Bist du
krank?“ — „Vorsicht! der rasende Willi fliegt vorbei.“
Klößchen streckte jedesmal seine
schoko-braune Zunge heraus. Zu einer Antwort fehlte ihm die Luft.
Schließlich kämpfte er sich zu Tim
heran und rückte neben ihn.
„Muß... denn das... sein, diese Hetze?“
japste er. „Merkst du nicht, wie... ich in Verruf komme? Mein... ganzes... Iihmätsch (Image = Persönlichkeitsbild ) geht flöten.“
„Du weißt doch, daß die Vendel keine
Zeit hat. Sie hat nur Mittagspause. Danach muß sie wieder ins Re-Immo. Ohne
Verspätung. Sonst kriegt sie Zoff mit dem Häuserkönig.“
„Hm, hm.“
Klößchen fiel eine Radlänge zurück.
Aber in der Position blieb er.
Tim wählte den kürzesten Weg in den
westlichen Teil der Innenstadt. Dort, im Schatten der Bonifazius-Kirche, hatte
eine Milch- und Eis-Bar vor kurzem eröffnet. Alkoholfrei — nannte sich der
Laden. Für die TKKG-Bande ist das immer richtig; und Julia Vendel hatte — auch
wegen des kurzen Weges zu Re-Immo — Gabys Treffpunkt akzeptiert (billigen).
Als Tim, zielnahe, um die Ecke fuhr,
sah er Gabys Klapprad und Karls Tretmühle. Die Zweiräderigen lehnten an einer
Mauer — mit einander zugewandten Vorderrädern. Karls Kabelschloß verband diese,
was einen eventuellen Diebstahl erheblich erschwerte.
Es herrschte wenig Betrieb. Wer
Freizeit hatte, war im Schwimmbad. Oder lagerte als Sonnenschmorbraten in den
Auen am Fluß.
Als Tim das Lokal betrat, entdeckte er
seine Freunde sofort. Klößchen trottete hinterher; er war regelrecht geschafft.
Gaby und Karl hatten einen abseits
stehenden Tisch gewählt. Eine junge Frau saß bei ihnen.
Nette Person! dachte Tim — und ließ
seinen Scharfblick ein bißchen abstumpfen. Prüfendes Starren hätte die Frau
vielleicht verunsichert.
Sie hatte langes dunkles Haar, das den
Kopf umfloß, wodurch das schmale Gesicht etwas kräftiger wirkte. Die linke
Augenbraue wurde von einer kleinen Narbe gespalten. Sicherlich eine Erinnerung
an rüpelhafte Jungs in der Kindheit. Hinter einer Brille mit Goldrand bewegten
sich tintenblaue Augen.
„Das ist mein Freund Tim, unser
Anführer“, stellte Gaby vor. „Und Willi.“
Tim grinste wie ein Tiger und gab Julia
die Hand.
„Sonst bin ich trockner“, meinte
Klößchen — und ließ sich auf einen Stuhl fallen, nachdem auch er sie mit
Handschlag begrüßt hatte. „Aber wir wollten nicht zu spät kommen. Ihretwegen.
Ich mußte Tim enorm antreiben. Deshalb schwitze ich so stark.“
Gaby und Karl lachten. Julias Blicke
zuckten hin und her.
Sie begriff, daß es wohl eher umgekehrt
war.
„Wir haben noch nichts besprochen“,
sagte Gaby. „Aber Julia weiß, worum es geht. Das habe ich gestern telefonisch
erzählt.“
Tim nickte. „Auf unser Anliegen komme
ich gleich. Ob wir Sie für unser Vorhaben gewinnen, Fräulein Vendel, kann...“
„Bitte, Julia! Und kein Sie!“
„In Ordnung, Julia. Ob du also
mitmachst oder uns für beknackt hältst, kann man vorher nicht wissen. Trotzdem
bitten wir dich, keinem was zu sagen.“
Er lächelte sie an. Aber es war eine
Art Lächeln, das
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