Ganoven im Schlosspark
Welkenrath und Max und Paula um den großen Tisch im Esszimmer und bestaunten jeden einzelnen Gegenstand, den Dr. Kuckelkorn mit behandschuhten Fingern aus der Schatzkiste hervorholte.
„Ich hab gedacht, mich trifft der Schlag, als ich von diesem Lärm geweckt wurde und die ganze Einfahrt voller Polizeiwagen war!“, japste Frau Hagedorn, als sie ein Tablett mit Kakao und Tee in das Esszimmer schleppte. „Mitten aus dem Schlaf bin ich gerissen worden. Deshalb müssen Sie auch meinen Aufzug entschuldigen, Herr Kommissar. Ich hatte leider keine Zeit, mich umzukleiden.“ Während sie mit einer Hand die Tassen verteilte, umklammerte sie mit der anderen den Kragen ihres rosa geblümten Morgenrocks.
„Das ist doch überhaupt gar kein Problem!“, beteuerte Kommissar Welkenrath geistesabwesend. „Was haben wir da jetzt, Klaus?“
„Fünf silberne Teller und Becher, acht Silberlöffel und einen goldenen Bierkrug“, sagte Dr. Kuckelkorn und stellte das Gefäß vorsichtig vor sich ab. Kommissar Welkenrath machte sich Notizen.
„Dann haben wir noch eine Kette mit …“, Dr. Kuckelkorn zog die Stirn kraus, „… wenn mich nicht alles täuscht, sind das Saphire, Rubine und Smaragde. Und ein mit Diamanten besetztes Kreuz. Meine Güte, und solche Schätze waren jahrhundertelang im Park vergraben. Unglaublich! Und … oh …“ Dr. Kuckelkorn machte große Augen. „Das muss der Siegelring der Familie Schlotterfels sein. Fantastisch!“
Max hockte auf seinem Stuhl und beugte sich vor. „Was meinst du, Papa, wie viel ist das alles wert?“
Dr. Kuckelkorn wuschelte Max durch die Haare. „Eine ganze Menge. Aber lang nicht so viel wie ihr beide!“
„Ich darf gar nicht darüber nachdenken, in welcher Gefahr ihr gewesen seid!“, seufzte Frau Hagedorn und schon stand sie zwischen Max und Paula und drückte beide an ihren dicken Bauch. „Bin ich froh, dass euch nichts passiert ist!“ Plötzlich schoss ihr Zeigefinger in die Luft. „Gut, dass Sie diesen Benny ins Gefängnis gesteckt haben, Kommissar Welkenrath, denn wenn ich den in die Finger bekommen hätte …“
Kommissar Welkenrath lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schraubte seinen Füller zu. „Das ist alles wirklich glimpflich ausgegangen. Wenn ich nicht diesen Anruf bekommen hätte, dann wäre Benedikt Ussenkamp jetzt mit dem Schatz über alle Berge und ihr säßet immer noch in seinem Zimmer.“
Paula wirbelte zu Max herum. Beide fragten ungläubig im Chor: „Jemand hat Sie angerufen?“
„Erst dachte ich, du wärst am Telefon, Max“, erzählte Kommissar Welkenrath. „Ich dachte, du erlaubst dir einen Spaß. Es war eine männliche Stimme. Sie hat sehr aufgeregt geklungen. Der Anrufer hat behauptet, dass Max und Paula Kuckelkorn von dem Tunichtgut Benedikt Ussenkamp festgehalten werden. Und dass der Langfinger sich den Schatz vom alten Heinrich geholt hat.“ Kommissar Welkenrath hob ratlos die Schultern. „Auch wenn das alles etwas merkwürdig klang, haben euer Vater und ich uns sofort auf den Weg gemacht.“
In Paulas Kopf fuhren die Gedanken Karussell. Sollte Freiherr von Schlotterfels …? Nein, entschied Paula, das war unmöglich. Sherlock und ein Telefon? Niemals! Mit moderner Technik stand der doch auf Kriegsfuß!
„Ich glaube, ich kann da etwas zur Aufklärung beitragen“, meldete Dr. Kuckelkorn und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. „In der Familienchronik der Schlotterfelsens wird ein Diener namens Heinrich erwähnt. Und in der Chronik ist auch von Diebstählen die Rede. Sogar alle gestohlenen Gegenstände sind darin aufgelistet … Und wenn ich die Liste mit unserer Schatzkiste hier vergleiche … handelt es sich bei unserem Fund vermutlich wirklich um das Diebesgut. Bis auf den Taufbecher von Sherlock Freiherr von Schlotterfels ist alles da.“
Bei dem Wort „Taufbecher“ wurden Max und Paula hellhörig. Sofort standen sie auf und rannten aus dem Esszimmer, den Flur entlang und über die Galerie. Wenige Augenblicke später standen sie völlig außer Atem in Sherlocks Geheimzimmer.
„Je später der Abend, desto schöner die Gäste“, sagte Sherlock und lächelte über den Rand eines silbernen Becherchens seine Freunde an.
„Wusste ich es doch!“, rief Paula und hätte sich beinahe auf die schlafende Lilly plumpsen lassen, die es sich auf dem roten Samtsofa gemütlich gemacht hatte. „Sie haben den Taufbecher aus der Kiste geklaut!“
„Man kann nicht stehlen, was einem ohnehin gehört“, belehrte
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