Ganz, nah!

Titel: Ganz, nah! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught

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er sich.
    »Ich suche rasch was, womit ich den Stuhl abwischen kann«, erwiderte Sam. Shrader riss die Augen auf.
    »Littleton, wie willst du denn in Mülltonnen nach Beweisen suchen, wenn du dich nicht mal auf einen Stuhl setzen kannst? «
    »Wenn ich das tun muss, ziehe ich mir Handschuhe an wie jeder andere auch«, erklärte sie und setzte sich.
    Großzügig streckte ihr Shrader die Hand mit den bunten M&Ms entgegen. »Hier, nimm dir welche. «
    Sie sahen gut aus. »Hast du mit der Hand noch etwas anderes angefasst als die Stuhllehne? «
    »Darauf muss ich doch nicht im Ernst antworten. «
    Sam erwiderte seinen Blick schweigend, und ein leichtes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Das Schweigen sollte solche Bemerkungen zukünftig verhindern, und mit dem Lächeln erkannte sie an, dass sie ihm unabsichtlich Anlass zu einer solchen Bemerkung gegeben hatte.
    Shrader verstand sie genau und belohnte sie mit noch mehr ruhmreichen Geschichten von McCord.
    Als sie schließlich aufstanden, freute Sam sich bereits auf die Begegnung mit einem Mann, der offensichtlich den Instinkt eines Hellsehers, den Intellekt eines Atomphysikers und die Zähigkeit eines Pitbulls besaß.
    »Warte mal«, sagte Shrader, als sie auf dem Weg zu McCords Büro an den Toiletten vorbeikamen. »Ich verschwinde noch mal rasch. «
    Während sie auf ihn wartete, kamen einige Kollegen vorbei, die sie vom Sehen kannte. Anstatt sie wie sonst hochmütig zu mustern, murmelten die meisten einen Gruß oder nickten ihr zu. Offensichtlich veränderte sich die allgemeine Einstellung ihr gegenüber, was wohl daran lag, dass Shrader verbreitet hatte, sie habe im Fall Manning für eine entscheidende Wende gesorgt.
    Er war ihr anscheinend freundlich gesonnen, auch wenn er das erfolgreich hinter seiner barschen Art verbarg. Als Shra der wieder auftauchte, musste sie sich jedoch ein Grinsen verkneifen. Er hatte seine schwarzen Haare sorgfältig zurückgekämmt, sein Hemd in die Hose gesteckt und seine Krawatte gerichtet. »Du siehst toll aus«, witzelte Sam. »McCord wird geblendet sein, wenn er dich sieht. «
    Sie erwartete eigentlich nicht, Mitchell McCord zu mögen, aber jetzt war sie noch gespannter darauf, ihn kennen zu lernen. In den Catskills hatte Shrader eine Woche lang immer die gleichen drei Hemden und Hosen getragen, und sie fragte sich, ob er deshalb so viel Sorgfalt auf seine Erscheinung verwandte, weil es McCord wichtig war. Shrader hatte ihr zwar nur von McCords Heldentaten und Leistungen erzählt, aber vielleicht war er ja nicht nur auf Grund seiner Begabung so schnell die Karriereleiter hinaufgeklettert. Möglicherweise war er arrogant und legte Wert auf gutes Aussehen.
Kapitel 21
    Den größten Teil des dritten Stocks nahm der Mannschaftsraum ein, ein Riesenzimmer voller Metallschreibtische und Aktenschränke, die rund um die Uhr von den drei verschiedenen Schichten genutzt wurden. Hier war immer etwas los, und auch dieser Samstag bildete keine Ausnahme. Einige Detectives schrieben Berichte oder telefonierten, andere verhörten eine Gruppe von empörten Touristen, die einen Raubüberfall beobachtet hatten, und eine Frau mit einem Kind auf dem Arm wollte Anzeige gegen ihren Mann erstatten. Gegenüber vom »Bullenstall« lag Lieutenant Ungers früheres Büro.,
    McCord war nicht da, als Sam und Shrader eintraten, aber die Lampen brannten, und man sah dem Zimmer an, dass jemand anderer es übernommen hatte.
    Verschwunden waren die Bilder vom Bürgermeister, vom Gouverneur und vom Polizeichef, die an der Wand hinter dem Schreibtisch gehangen hatten, und auch die Medaillen, Auszeichnungen und Urkunden, die die restlichen Wände geschmückt hatten, waren nicht mehr da. Das Pinboard auf der linken Seite quoll auf einmal wieder über von Notizen und Zeitungsausschnitten, und alles war sauber abgestaubt und aufgeräumt.
    Das einzige Möbelstück im Raum war ein Metallschreibtisch, der gegenüber von der Tür stand, mit einer Ablage dahinter und zwei Besucherstühlen davor. Außerdem stand an der linken Wand noch ein schmaler Tisch mit zwei weiteren Stühlen. »Sieht so aus, als sei McCord um einiges ordentlicher als Unger«, flüsterte Shrader Sam zu, als sie sich auf die Stühle vor den Schreibtisch setzten.
    Sam hielt das für eine gewagte Untertreibung, weil das Zimmer nicht nur penibel sauber war, sondern die wenigen Möbelstücke auch peinlich genau ausgerichtet waren. Die Ablage hinter McCords Schreibtisch war leer, abgesehen von zwei