Ganz oder Kowalski
Fernsehen lieber kurze Sitcoms als stundenlange Dramen oder Realityshows an, und sie beide kauften nur ungern Klamotten ein.
Es war ein Anfang, sagte sie sich selbst, als sie ihn zur Tür brachte. Hoffentlich würde er sich die Notizen ansehen, die sie für ihn zusammengestellt hatte. Dank Lisa wusste sie schon einiges über ihn. Das würde fürs Erste reichen müssen.
Als Emma um zwanzig nach sieben die Tür öffnete, konnte Sean ihr ansehen, dass sie sich in der Nacht genauso viel herumgewälzt hatte wie er. Sie wirkte müde, kniff die Lippen zusammen und sah schon fast ein bisschen unleidlich aus.
„Ich bin schon ein paar Minuten zu spät dran“, sagte sie. „Möchtest du einen Kaffee?“
„Klar.“ Er folgte ihr in die Küche, und als sie in Richtung Kaffeebereiter deutete, ehe sie Platz nahm, vermutete er, dass er sich selbst bedienen sollte.
Vielleicht ist das ein Test, dachte er, als er den Schrank über dem Kaffeebereiter aufmachte, um einen Becher zu suchen. Glücklicherweise hatte sie ihre Küche auf eine Art organisiert, die ihm sinnvoll erschien, und so musste er nicht sämtliche Schubladen durchwühlen, um einen Löffel zu finden. Er wirkte schon fast wie jemand, der hier wohnte.
Sobald er die Kaffeesahne zurück in den Kühlschrank gestellt hatte, rückte er sich ihr gegenüber einen Stuhl zurecht und setzte sich. Sie beachtete ihn nicht weiter, nippte an ihrem Kaffee und blätterte einen riesigen, in Leder gebundenen Organizer durch. Dann nahm sie ihr Handy und drückte eine Taste.
„Hallo, hier spricht Emma“, sagte sie nach einer kurzen Pause. „Die Duncans haben sich nun doch gegen den schwarzen Mulch entschieden. Vielmehr Mrs Duncan. Sie dachte, es wäre künstlerisch, aber es – ich zitiere – ‚schluckt die Akzentbeleuchtung‘.“
Eine lange Pause entstand, während der sie sich über die Stirn rieb. „Ich kann einen Großteil des schwarzen Mulchs noch für andere Kunden benutzen, doch ich brauche noch zweieinhalb Kubikmeter vom goldenen Zedernmulch für die Duncans. Und, ja, ihr ist klar, wie viel das kosten wird.“
Sean hörte ihr nicht mehr zu, nahm seinen Kaffeebecher und schlenderte aus der Küche. Es kam ihm ein bisschen unhöflich vor, in ihrem Haus herumzuwandern, aber ihre Großmutter würde vermutlich stutzig werden, wenn er nach dem Weg zum Badezimmer fragen müsste.
Im Wohnzimmer fand er ein weiteres Foto von ihm und Emma. Es dauerte ein paar Minuten, ehe ihm einfiel, dass es sich diesmal um Stephanie handelte, die ersetzt worden war. Er erkannte es nur an dem Luftballon, der in einer Ecke des Bildes zu sehen war. Damals hatte er einen kurzen Heimaturlaub dazu genutzt, von Maine extra zu Stephanies Geburtstag hierherzukommen, denn ihre langen, lustigen Briefe hatten ihm während des Einsatzes eine Menge bedeutet.
Außer einer Gästetoilette und einem langweiligen Esszimmer gab es im Erdgeschoss nur noch Emmas Arbeitszimmer. Es war kein großer Raum, doch Regale voller Liebesromane standen an den Wänden. In einer Ecke schien ein riesiger gemütlicher Sessel förmlich darum zu betteln, dass man sich in ihm entspannte. In einer anderen Ecke stand ein verschnörkelter gusseiserner Ofen. Unter dem Fenster befand sich ein Schreibtisch, auf dem ein ziemlich neuer Computer stand. Die Papierstapel auf dem Tisch drohten jeden Augenblick in alle Richtungen wegzurutschen. Er fragte sich, ob der Aktenschrank neben dem Schreibtisch voll war oder ob Emma einfach nicht darauf achtete.
Er konnte sie in der Küche noch immer telefonieren hören, also stellte er seinen Kaffeebecher auf einem Beistelltisch im Flur ab und ging die Treppe hinauf. Alle Türen standen offen, also steckte er seinen Kopf in jedes Zimmer, das vom Flur abging.
Das erste Zimmer, das er sich ansah, schien ihrer Großmutter zu gehören. Die Fotos und die Einrichtung verrieten es ihm. Außerdem fand er viele gehäkelte Dinge. Nicht der Raum, den er suchte, also ging er weiter.
Als Nächstes kam er in ein Zimmer, das wie eine Mischung aus Gästezimmer und Abstellkammer wirkte. Offenbar hatte sie nicht oft Übernachtungsgäste. Das Bad war groß und anscheinend erst vor ein paar Jahren modernisiert worden. Hinter einer Jalousientür verborgen, standen eine hochmoderne Waschmaschine und ein ebenso moderner Trockner. Das überraschte ihn nicht weiter, wenn er daran dachte, wie Emma ihren Lebensunterhalt verdiente.
Schließlich entdeckte er am Ende des Flurs auf der rechten Seite Emmas Schlafzimmer. Sein
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