Ganz oder Kowalski
Schlafzimmer.
Der Bogen an der Decke, in dem sich offenbar ein tragender Balken versteckte, verriet ihm, dass es sich ursprünglich um zwei kleine Zimmer gehandelt hatte. Aber irgendwann war die Wand entfernt worden, um aus den winzigen Räumen das Hauptschlafzimmer zu machen. Neben dem breiten Bett und der üblichen Möblierung eines Schlafzimmers befand sich in dem Raum noch eine Sitzecke. Um einen Beistelltisch mit einer Lampe herum standen noch mehr Bücher. An der Wand war ein kleiner Flachbildschirm angebracht. Und schließlich stand dort noch die Couch, auf der Emma den nächsten Monat über nächtigen würde.
Auch wenn das Zimmer nicht klein war, schätzte er, dass das Bett und die Couch nicht mehr als drei Meter voneinander entfernt waren. Zwar hatte er im Laufe der vergangenen Jahre gelernt, sich mit jeder Schlafsituation zu arrangieren, doch diese Anordnung würde dennoch ein bisschen unangenehm werden. Zu intim.
Links von der Sitzgruppe befand sich eine Tür. Er steckte den Kopf in den Raum dahinter. Es war ein Bad mit Toilette, Waschbecken und einer Dusche. Das würde reichen.
Plötzlich wurde ihm bewusst, wie viel Zeit inzwischen vergangen war, und daher machte Sean sich auf den Weg zurück und nahm seinen Kaffeebecher aus dem Flur mit. Als er in die Küche kam, sah er, wie angespannt Emma wirkte. Offensichtlich gefiel es ihr nicht besonders, dass er sich so frei in ihrem Haus bewegte. Aber sie war wahrscheinlich zu demselben Schluss gekommen wie er – wenn sie überzeugen wollten, musste er das Haus kennen.
„Ich will nur noch schnell den Kaffee austrinken“, sagte sie. „Es war eine harte Nacht.“
Er schenkte sich den Rest des heißen Kaffees aus der Kanne in seinen Becher und lehnte sich an die Anrichte. Eine Weile beobachtete er, wie sie weitere Notizen in ihrem Organizer machte.
„Also … Garten- und Landschaftsgestaltung, ja?“ Er hatte bisher nur Rasen gemäht. „Findest du nicht, dass es hinderlich sein könnte, wenn der Name Emma im Firmenlogo auftaucht?“
Sie legte den Stift beiseite und blickte ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen an. „Was? Können Mädchen keine Landschaftsgärtner werden? Du hast aber schon gehört, dass wir inzwischen sogar wählen dürfen, oder?“
„Also, wenn ich jemanden brauchen würde, der meinen Rasen mäht oder mein Unkraut jätet, würde ich lieber einen Bob oder einen Fred anrufen.“
„Und das ist auch gut so. Wenn du jemanden suchst, der den Rasen mäht oder das Unkraut jätet, dann ruf ruhig Bob oder Fred an. Wenn du allerdings eine Künstlerin brauchst, die dir einen wunderschönen und extrem pflegeleichten Garten für dein Sommerhäuschen oder dein Cottage am See planen soll, ruf Emma an.“
Er spürte ihre Abwehrhaltung und wollte lachen und sie weiter reizen, aber er verkniff es sich. „Also hast du dich auf die Gestaltung spezialisiert?“
„Ja, doch ich mache selbstverständlich die ganze Arbeit.“ Sie lächelte. „Außer im nächsten Monat natürlich. Dann habe ich ja dich, und du kannst die schweren Sachen heben.“
„Ich habe keine Angst vor schwerer Arbeit.“ Tatsächlich freute er sich sogar darauf. Sein Körper war mehr Anstrengung gewöhnt, als im Moment von ihm gefordert war. Wenn er sich zu sehr gehen ließ, würden seine Cousins beim traditionellen Footballspiel am vierten Juli den Boden mit ihm aufwischen.
Emma warf einen Blick auf die Uhr, stand auf und spülte ihren Kaffeebecher ab. „Wir müssen allmählich los.“
Erst als sie hinter das Steuer ihres Trucks geklettert war und ihn erwartungsvoll ansah, wurde Sean klar, dass er sich nicht daran erinnern konnte, jemals der Beifahrer einer Frau gewesen zu sein. Auch wenn es altmodisch war – er hatte lieber selbst die Kontrolle über den Wagen.
Aber Emma würde in den kommenden Wochen seine Lohnschecks unterzeichnen, also war sie der Boss. Er stieg auf der Beifahrerseite ein und schloss die Tür hinter sich. Als sie einige Zeit später den Highway erreichten, hatte er sich an den Haltegriff geklammert, und seine Fingerknöchel traten weiß hervor. Emmas Fähigkeiten am Steuer eines Wagens waren laut eigener Aussage ungefähr genauso gut wie ihre Kochkünste.
Den Morgen verbrachten sie in einer drei Millionen Dollar teuren Sommerresidenz am Ufer des Lake Winnipesaukee, wo er das Vergnügen hatte, einen Haufen Steine, die neben dem Haus lagen, zu Mauern zu stapeln, die die ganzjährigen Beete umgeben sollten – was auch immer das bedeuten mochte.
Es
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