Ganz oder Kowalski

vorbei, um den Schrotthaufen abzuholen.“
    „Gut. Wie komme ich zu Aprils Haus?“
    Als er die Wegbeschreibung auf ein Post-it gekritzelt und seinem Bruder versichert hatte, so gut wie auf dem Weg zu sein, war Emma schon fast aus der Tür des Schlafzimmers geschlüpft. Ein blumiger Duft wehte hinter ihr her. Er spielte mit dem Gedanken, sie zurückzurufen. Allerdings hatte er keine Ahnung, was er ihr sagen wollte, also ging er ins Bad, um zu sehen, ob sie etwas heißes Wasser für ihn übrig gelassen hatte.
    Bevor er anschließend nach unten ging, nahm er seinen Edding und klebte ein neues Post-it an den Spiegel.
    Übrigens: Das war meine Lieblingsstellung .
    Beinahe hätte er noch einen Smiley dazugemalt, doch gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, wie lahm das gewirkt hätte. Das wäre der Anfang vom Ende gewesen – und hätte darin gegipfelt, Herzen statt i-Punkten zu malen.
    Als er in die Küche kam und an seinem Platz einen Teller mit Rührei und Speck stehen sah, warf er einen Blick auf die Uhr und beschloss, dass Mitch ruhig noch ein paar Minuten warten konnte.
    Emma war ungewöhnlich geschäftig. Und bei allem, was sie tat, schien sie so konzentriert zu sein, dass sie ihn nicht ansehen konnte. Sie strich sich Butter aufs Toast, trank den Saft aus und verbrachte einige Minuten damit, einen unsichtbaren Kaffeefleck aufzuwischen. Vielleicht lag es daran, dass ihre Großmutter im Raum war, aber es schien ihr ein bisschen unangenehm zu sein, dass sie in der vergangenen Nacht Sex gehabt hatten.
    Tollen Sex . Er war deswegen überhaupt nicht verlegen und hoffte, es am Abend direkt wieder tun zu können. Doch dieses Mal wollte er die erweiterte Version. So etwas wie den „Director‘s Cut“. Er hatte seiner Vorstellung vom gestrigen Abend in allen Teilen noch einiges hinzuzufügen – denn er hatte das meiste weglassen müssen, um mit dem winzigen Zeitfenster zurechtzukommen, das seine lang vernachlässigte Libido ihm gelassen hatte.
    Im Augenblick musste er sich allerdings um Mitch kümmern. Nachdem er sein Frühstück in Rekordzeit vertilgt hatte, spülte er seinen Teller ab und gab Cat einen Kuss auf die Wange. „Ich hasse es, so beim Essen hetzen zu müssen, aber mein Bruder muss dringend zum Flughafen gebracht werden.“
    Als er Emma wie immer einen Abschiedskuss geben wollte, weil Verlobte das nun einmal so machten, rechnete er beinahe damit, dass sie zurückzucken würde. Stattdessen strich sie ihm bei seinem Kuss mit der Zunge über die Unterlippe und warf ihm einen Blick zu, in dem das Versprechen stand, dass seine Vorstellungen später wahr werden würden.
    Ohne Probleme fand er Aprils Haus und blieb im Wagen sitzen, während Mitch ihr in der Tür einen Abschiedskuss gab. Und dann noch einen, der so leidenschaftlich war, dass Sean irgendwann auf die Hupe drückte, um die Party der beiden zu beenden.
    Die Blondine lächelte und winkte, als sie davonfuhren, und Sean schüttelte den Kopf. Sie würde Mitch Kowalski nie wiedersehen, und das wusste sie auch. Sein ältester Bruder hatte die erstaunliche Fähigkeit, Frauen zu lieben und zu verlassen, ohne dass sie ihm etwas nachtrugen.
    Es dauerte nicht lange, bis Mitchs gute Laune Sean auf die Nerven ging. „Wenn du weiter so pfeifst, kannst du laufen.“
    „Hey, es ist nicht meine Schuld, dass du dich auf eine Frau eingelassen hast, die nur vortäuscht, dich zu mögen.“
    Seans Griff um den Lenker verstärkte sich. Es juckte ihn in den Fingern, Mitch zu erzählen, dass Emma in der vergangenen Nacht nichts vorgetäuscht hatte. Doch er hielt wohlweislich den Mund.
    Zum einen stand Geld auf dem Spiel. Wenn er sich Mitch anvertraute, hätte der es schon Ryan und Josh erzählt, noch ehe er überhaupt in den Flieger gestiegen wäre, damit sie entscheiden konnten, wer den Wettpool gewonnen hätte. Aber darum ging es eigentlich gar nicht. Schließlich wurden ständig Wetten abgeschlossen, und mal gewann er, mal verlor er.
    Worum es wirklich ging, war die Möglichkeit – nein, die Wahrscheinlichkeit –, dass Mitch es auch einem ihrer Cousins verraten würde, der es den anderen Cousins weitersagen würde, die es ihren Partnerinnen erzählen würden und … Dann war es nur eine Frage der Zeit, bis die Neuigkeiten bei Tante Mary landen würden. Und wenn Tante Mary es sich in den Kopf setzte, dass er und Emma ein richtiges Paar werden könnten, hätte er sie im nächsten Moment am Hals, und sie würde ihn drängen, endlich sesshaft zu werden.
    Es war also besser,