Garantiert wechselhaft
anfangen, und auch Moni strahlte jetzt. «Aah, du maanst Männ häddn !?», rief sie erfreut. «Sooch des doch gleich, Claudia!» Dann nickte sie und schickte ein «No frailich hob ich des nuch!» hinterher. Und während man sich im Laden neuen Gesprächsthemen widmete, machte ich eine geistige Notiz, mich bei Frau Hopf schnellstmöglich nach diesem neuen Alphabet zu erkundigen. Ohne Insiderwissen war man hier eindeutig aufgeschmissen.
Zwanzig Minuten später hatte ich alles, was wir fürs Frühstück brauchten: Brötchen, Butter, Marmelade und Milch für uns und für Crowley ein paar Dosen mit Häppchen in Gelee und frisches Trockenfutter. Den Rest würde ich später besorgen.
In unserem neuen Zuhause war der Tisch gedeckt, und es duftete herrlich nach frischem Kaffee. Als Kontrast dazu kauerte Marie mit hochgezogenen Knien und bockigem Gesichtsausdruck auf der Eckbank.
«Na, hat es nicht geklappt mit dem Traum vom Hexenmeister?»
Keine Antwort.
«Die Leute hier im Ort sind total freundlich», plauderte ich munter weiter, während ich die Einkäufe auspackte. «Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis wir sie auch verstehen können. Der Dialekt ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig.»
Langsam drehte Marie ihren Kopf in meine Richtung. «Es gibt kein heißes Wasser und kein Internet.»
Oha, so viel Katze konnte die Welt gar nicht bieten, um diese Katastrophen wettzumachen.
«Und Papa hat angerufen.»
Oha!!! «Hat er sich beschwert, dass du dich gestern Abend nicht gemeldet hast?» Marie nickte nur. Ich strich ihr übers Haar. «Ich rufe ihn nachher zurück und erkläre ihm, dass du einfach zu müde warst.»
Typisch! Volker wollte sich zwar nicht um Marie kümmern, aber wenn sie dasselbe mit ihm machte, konnte er das auch wieder nicht ertragen.
«Weißt du was? Wir schreiben jetzt gleich mal eine Liste, was in den nächsten Tagen alles erledigt werden muss», schlug ich vor. «Und solange die Heizung nicht funktioniert und wir kein warmes Wasser haben, können wir vielleicht bei Frau Hopf duschen.»
Bingo! Die Aussicht auf ein «voll retro» eingerichtetes Badezimmer zauberte ein zaghaftes Lächeln auf Maries Gesicht.
Bis sie das Katzenfutter sah.
«Was soll das denn?! Willst du Crowley vergiften?» Fünf schwarz lackierte Fingernägel krallten sich die Dose Huhn in Tomatengelee, und voller Verachtung studierte Marie das bunte Etikett. «Weißt du, was da alles drin ist?» Ihrem Tonfall nach zu urteilen, hatte sie soeben die Worte Strychnin und Arsen gelesen.
«Süße, Katzen sind nun mal keine Vegetarier. Löwen kann man auch nicht für Radieschen begeistern. Außer, sie stecken im Bauch einer fetten Gazelle.»
«Du bist grausam!»
«Nein, Realistin», sagte ich. «Manches kann man nicht ändern, und dann ist es besser, man akzeptiert es.»
Dieser Meinung war auch Crowley, der genau zu wissen schien, dass die Dose für ihn bestimmt war, und sich laut maunzend an Maries Beinen rieb.
«Mmpf», machte Marie. «Ich kann ihm das Zeug aber nicht geben. Da wird mir voll schlecht.»
«Dann mach du unser Frühstück.»
Ich fand den Geruch von Katzenfutter zwar auch nicht berauschend, aber die Begeisterung, mit der Crowley sich auf sein Essen stürzte, gab mir recht: Er liebte Fleisch. Und ich hatte meinen Job als Dosenöffner weg.
«Die Brötchen hier sind ein Gedicht», seufzte Marie zwischen zwei Bissen. «Viel besser als die Schrippen in Berlin. Wenn Crowley jetzt noch zaubern könnte … Er würde einfach eine Formel maunzen, und alles im Haus würde funktionieren.»
«Und alles wäre sauber.» Ich streichelte den Kater, der sich satt und zufrieden zwischen uns auf die Polster zusammengerollt hatte. «Ich glaube aber nicht, dass er am jetzigen Zustand irgendetwas auszusetzen hat. Deshalb schreiben wir schon mal unsere Wunschliste und packen selber an.»
Ich zog die breite Tischschublade auf. Sie war randvoll. Huberts Alltag fächerte sich bei der Suche nach Stift und Zettel wie ein Album vor uns aus: Flyer und Visitenkarten von Lieferanten und Handwerkern, eine Einladung zum Jubiläumskonzert des Männergesangsvereins, alte Rechnungen, die hoffentlich bezahlt waren, jede Menge ungeöffnete Post von der Telekom, das Amtsblatt für Wiestal und Umgebung sowie ein nicht vollendeter Sinnspruch, noch mit Sticknadel und Fäden: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe
«Schau mal!» Ich zeigte Marie die angefangene Handarbeit. «Anscheinend hat Onkel Hubert diese ganzen Sprüche selber
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