Garantiert wechselhaft
langsam um die eigene Achse.
Die Armaturen an Waschbecken und Badewanne waren alt, aber wunderschön. Leider feierte ein pikant aussehender Schimmelpilz in den Fugen und Ritzen wahre Orgien, und die über Putz verlegte Elektrik sah mehr als gefährlich aus.
Ich seufzte.
Zwei Lebensstützen wanken nie, Gebet und Arbeit heißen sie , stand in blauem Kreuzstich auf einem Leinentuch, das gerahmt an der Wand hing. Besser hätte man den Zustand nicht auf den Punkt bringen können: beten, dass die Bude uns nicht bei einem Mega-Kurzschluss um die Ohren fliegen würde, und sehr viel arbeiten, bis das Bad hygienisch annehmbar wäre. Ganz zu schweigen von der Frage, was das Sanieren der Elektroleitungen kosten würde. Gab es nicht irgendwo einen Sinnspruch über Geld?
«Wir müssen Gummihandschuhe kaufen», sagte ich zu Crowley, der mich vom Türrahmen aus observierte. «Und zwei Kanister Essigreiniger. Merk dir das schon mal!» Ich angelte mir ein Scheuerschwämmchen vom alten Badeofen und schrubbte mit ein paar klumpigen Resten Imi-Scheuerpulver das Waschbecken, damit Marie beim Anblick keinen Ekelanfall erleiden würde. Dabei berührte ich mit dem Kopf die Ecke des Spiegelschranks, ein Dritteltürchen schwang auf und gab den Blick auf unzählige Medikamente und Tinkturfläschchen frei. «Müllbeutel», sagte ich zum Kater, der mich nun ungeduldig anstupste. «In allen Größen. Und wenn du wirklich hexen kannst, fang doch bitte jetzt damit an. Ich wünsche mir Landhaustraum Nummer 17.» Entschlossen drückte ich das Türchen wieder zu. Den weiteren Inhalt würde ich erst sichten, wenn ich seelisch wieder im Gleichgewicht war. Also nicht heute.
In der Küche kämpfte ich mit der Küchenhexe, bis ich endlich eine Klappe am Ofenrohr entdeckte und sie qualmfrei in Gang setzen konnte.
«Eine Frau mit Biss überwindet jedes Hindernis», reimte ich etwas holprig. «Stimmt’s, Onkel Hubert?»
Der Ofen bollerte vor sich hin, und Crowley knusperte zufrieden Brekkies. Ich trat vor die Tür und holte tief Luft. Die Sonne wärmte schon ein bisschen, fast konnte man den herannahenden Frühling riechen.
Im Vergleich zum gestrigen Abend pulsierte das Leben in der Hauptstraße geradewegs. Und was für ein Unterschied zu Berlin, wo man es tunlichst vermied, sich auch nur anzusehen. In Wiestal gehörte es zum guten Ton, sich zu grüßen. Kannte man sich näher, blieb man stehen und tauschte in Ruhe Neuigkeiten aus.
Ich klemmte meinen Einkaufsbeutel unter den Arm und machte mich auf den Weg. Bei Frau Hopf waren die Fensterläden weit geöffnet. Ich überquerte den kleinen Platz mit dem Brunnen, schlenderte an einem Tante-Emma-Laden und einem Elektrofachgeschäft vorbei und wurde auf dem Weg von mehreren Leuten freundlich gegrüßt. Dann stand ich vor der Bäckerei und öffnete die Tür.
Drinnen war die Hölle los. Doch auch hier schien niemand es besonders eilig zu haben. Die Kundschaft, die zu hundert Prozent aus Frauen bestand, unterhielt sich angeregt, und als ich ein «Guten Morgen» in die Runde warf, nickte man mir von allen Seiten wohlwollend zu. Und bevor ich bis drei zählen konnte, war ich mitten im Geschehen. Allerdings war mir nicht ganz klar, worum es dabei ging.
«War’n Sie gestern auch auf dere Dubberbahdie?», fragte mich eine rundliche, nett aussehende Frau neben mir.
Ich schüttelte den Kopf. Was immer sich hinter diesem Begriff verbergen mochte, es wäre mir aufgefallen, wenn ich dabei gewesen wäre.
«Muss fei schee g’wesen sei», sagte sie mit einem bedauernden Seufzer.
«Die haddn a subber Dorddnbladdn im Angebod», berichtete eine resolute Blonde auf der anderen Seite. «Do hasd echt was verbasst, Rosi.» Dann reckte sie ihren Kopf und versuchte, Blickkontakt mit einer der Frauen hinter der Theke aufzunehmen. «Hasdn du eigendlich noch diese Uralddeile von Männhäddn, Moni?»
Moni schien kurz nachzudenken. «Männhäddn?»
«Waast scho, ob’n so oraasch mit anner Laschn zum Hochziehn.»
Der Groschen fiel weder bei Moni noch bei mir, und auch die anderen Anwesenden rätselten nun fleißig mit, was die Blonde meinen könnte.
Die schüttelte ungeduldig den Kopf. «Halt Männhäddn! Waast schon», rief sie. «Mit zwaa hadde D in der Middn.»
Harte Ds? Seit wann hatten Buchstaben unterschiedliche Konsistenzen? Gab es am Ende auch flüssige As? Und poröse Ks? Und wenn ja, warum hatte ich bisher nichts von deren Existenz erfahren?
Die Frauen um mich herum konnten mit dem Hinweis jedoch eine Menge
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