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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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kürzern Weg, als wir ihn jetzt durchlaufen haben, hätt' ich euch über vierzehn der ältesten, würzigsten Küchen zeigen wollen. Ich weiß nicht, was für Spaß euch's macht, die Löwen dort bei dem Wartturm anzuschaun. Meine Treu, ihr Kunstfexe, lieber säh ich eine gute, feiste Gans am Spieß. Porphyr und Marmel sind ja schön; ich schelt sie nicht; allein nach meinem Schmack weit besser sind doch die Butterbrezeln von Amiens. Diese antikischen Statuen sind wohlgemacht, will's glauben; aber, bei allen Heiligen, die jungen Dirnlein bei uns zu Haus sind tausendmal zutunlicher.‹«
    »Was es nur heißt und sagen will«, frug Bruder Jahn, »daß ihr die Mönche allzeit in der Küche trefft, und niemals Könige, Päpste oder Kaiser?«
    »Ich will euch«, versetzte Pantagruel, »etwas erzählen, ohn mich weiter auf dies Problem einzulassen. Ich entsinn mich, gelesen zu haben, wie eines Tages Antigonus, der König von Mazedonien, als er in seine Feldküche kam, dort den Poeten Antagoras fand, der einen Meeraal schmorte und selbst die Schmorpfanne dazu hielt. Da frug er ihn mit aller Freundlichkeit, ob auch Homer wohl, als er die Taten Agamemnons beschrieb, Meeraal geschmort hätte? ›Und du‹, antwortete Antagoras dem König, ›meinst du denn auch, daß Agamemnon, als er die Taten ausführte, neugierig nachfrug, ob einer in seinem Lager Aal schmort?‹ – Dem König dünkte es nicht wohlanständig, daß der Poet in seiner Küche kochte, und der Poet verwies es ihm als noch weit ungebührlicher, wenn man den König in der Küche fände.«
    »Jetzt aber hört«, sprach Panurg, »was einst Breton Villandry dem Herrn Herzog von Guise antwortete. Sie sprachen eben von einer Feldschlacht König Franzens mit Kaiser Karl dem Fünften, bei der sich Breton über und über geharnischt, ja gar mit stählernem Fußgeschmeid und Schienen auf einem Streitroß gezeigt hatte, gleichwohl aber im Treffen selber nicht erschienen sei. ›Bei meiner treu! Ich war wohl im Treffen‹, antwortete Breton, ›und kann es leicht beweisen; ja, an einem Ort, da Ihr Euch selber nimmer hingetrauet hättet.‹ – Dies Wort mißfiel dem Herrn Herzog als zu vermessen und prahlerisch, und schon wollt' er aufbegehren. Doch Breton, mit einem lauten Gelächter, versöhnte ihn leicht und sprach: ›Ich war beim Troß, Herr; woselbst sich Eure Hoheit schwerlich hätten verstecken mögen, wie ich es tat.‹« – Unter diesen kleinen Gesprächlein gelangten sie auf ihre Schiffe und verließen das Eiland Cheli.

Zwölftes Kapitel
Wie Pantagruel nach Notarien ging, und von der seltsamen Lebensart der Schick-aner
    Unsre Straße weiter ziehend, kamen wir tags drauf nach Notarien, welches ein ganz versudeltes und verschmiertes Land ist; ich konnt' nichts davon erkennen. Da sahen wir Notaner und Schick-aner, beides sehr borstige Leute; sie boten uns weder zu trinken noch zu essen an. Bloß sagten sie uns unter unzähligen gelehrten Reverenzen, daß sie uns alle zu Diensten stünden für Geld. Ein Dolmetsch unter uns erzählte dem Pantagruel, wie dies Volk auf seltsame Weise sein Brot verdiene, nämlich durchs Geschlagenwerden.
    »Die Art ist«, erzählte der Dolmetsch, »diese: Wenn irgendein Mönch, Pfaff, Wuchrer oder Anwalt einen Edelmann seines Landes ärgern will, schickt er ihm einen dieser Schick-aner. Der Schick-aner lädt ihn vor, zitiert, schimpft, schmäht ihn unverschämt, kraft seiner Instruktion und Vollmacht, so lang, bis endlich der Edelmann, wenn er nicht vor den Kopf geschlagen und dümmer als eine Kaulquappe ist, ihm ordentlich Prügel geben, oder einen Schwertstreich übern Kopf, oder den Pferderiemen um die Waden, oder besser: ihn aus den Zinnen und Fenstern seines Schlosses werfen muß. Ist dies geschehn, so ist mein Schick-aner reich auf vier Monate, als wenn die Stockschläg recht seine Ernte und Atzung wären. Denn von dem Mönch, dem Wuchrer, dem Anwalt erhält er ein sehr gutes Gehalt, und von dem Edelmann Schmerzensgeld, zuweilen ein so unbillig hohes, daß der Edelmann dadurch um Haus und Hof kommt, mit Gefahr, elend im Kerker zu verfaulen, als wenn er den König geschlagen hätt'.«
    »Für solchen Unfug«, sprach Panurg, »weiß ich ein sehr probates Mittel, das einst der Herr von Basché braucht'.« – »Und welches?« frug Pantagruel. – »Der Herr von Basché«, sprach Panurg, »war ein tugendhafter, mutiger, hochherziger Ritter. Als er einst aus einem langen Krieg nach Haus kam, in dem der Herzog von Ferrara sich mit dem

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