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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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Paris«, sprach Karpalim, »hatte der Schneidermeister Groingnet eine alte Clementina zu Mustern und Maßen genommen. O unerhört! Alle Kleider, nach solchen Mustern oder Maßen vorgezeichnet und zugeschnitten, wurden verhunzt und ruiniert: Röcke, Mäntel, Kappen, Jacken, Joppen, Koller, Wämser, Schürzen, Reif- und Unterröcke. Wenn Groingnet meinte, eine Kapp zu schneiden, so schnitt er die Form eines Hosenlatzes; statt einer Jacke schnitt er ein Barett; ein Wamsmuster verhudelte er zu einem dünnen Sommerfähnlein. Endlich wurde der arme Tropf dazu verurteilt, all seinen Kunden von Rechts wegen den Stoff zu ersetzen, und das hat ihn ganz auf den Hund gebracht.« – »Gottes Straf und Rache!« schrie Schlottig.
    »Zu Cahusac«, sprach Gymnastes, »war ein Scheibenschießen unter den Herren von Estissac und dem Vicomte von Lausun. Perotou hatte ein halbes Dekretalienbuch vom besten Papier zerrissen und aus den Blättern das Schwarze für die Scheibe geschnitten. Ich stürz' mich kopfüber zu allen Teufeln, wenn ein Armbrustschütze des Landes (und es waren die ersten in ganz Guienne) auch nur einen einzigen Schuß hineinbrachte. All gingen seitlings; nicht ein Pünktlein des allerheiligsten Schwarzen ward entjungfert oder angestochen. Ja, Sansornin der Ältere schwur uns seinen großen Schwur, er habe deutlich, handgreiflich und mit eigenen Augen den Bolzen Carquelins gerad auf die schwarze Nuß in der Mitte des Weißen fahren sehn; doch ein Fingerbreit vor der Scheibe wär er ein Klafter weit seitab nach dem Backofen ausgebogen!«
    »Mirakel!« rief Schlottig, »Mirakel! Mirakel! Mundschenk! Ist leer allhie! Ich trink' auf euer aller Wohl! Ihr seid doch noch wahre Christen!« – Bei diesen Worten huben die Dirnlein untereinander zu kichern an; und Bruder Jahn wieherte aus den Nüstern, als wenn er rossen oder zum wenigsten rammeln wollte und gleich aufspringen, wie Haps der Hund auf die armen Leute.

Einundvierzigstes Kapitel
Wie man durch die Kraft der Dekretalien das Gold aus Frankreich geschickt nach Rom zieht
    »Ein Schöppel vom Besten«, sprach Epistemon, »wollt' ich gleich aus meiner Tasche bar bezahlen, wenn ich wüßte, daß die Dekretalienstellen stimmen, durch die man uns aus Frankreich jedes Jahr 400 000 Dukaten und drüber nach Rom zieht. Ist dies vielleicht nichts?« – »Mir scheint es«, sprach Schlottig, »immer noch wenig in Anbetracht dessen, daß das allerchristlichste Frankreich die einzige Säugamme des Römischen Hofs ist. Aber zeigt mir doch einmal auf Erden das Buch in Philosophie, in Medizin, Juristerei, Mathematik, ja, du mein Gott! (Du meiniger!) selbst in der Heiligen Schrift – das Buch, das so viel einbringt! Ihr findet keins, da bin ich gut für.
    Noch wollen freilich die Teufelsketzer hievon nix wissen noch hören. Ei, so brennt, zwickt, zwackt, sägt, henkt, pfählt, schneidet, metzelt, weidet aus, kappt, röstet, frikassiert, kocht, würfelt, kreuzigt, vierteilt, rädert, ledert, karbonädelt dies Ketzerpack, diese Dekretalienverächter, diese schlimmsten aller Verbrecher! Und ihr, ihr andern braven Leute, wenn ihr für wahre Christen gelten und vor der Welt geehrt sein wollt, fleh ich euch mit gefalteten Händen: Glaubt, denkt, sagt, tut, beginnt nichts, außer was unsre heiligen Dekretalien lehren. O der gottbeseligenden Bücher! Dann werdet ihr zu Ruhm, Ehre, Hoheit, Würden, Herrlichkeit und Reichtum kommen in dieser Welt, von allen Respekt und Ehrfurcht genießen, Vorzug vor allen, über alle auserwählt und erkoren sein.
    Was aber hat – o fragt euch selbst! – wohl diese artigen Klösterlein, mit denen ihr, gleichwie den Himmel in hellen Sternen, die Christenheit allerorten so herrlich funkeln, siegprangen und stolzieren seht, was hat sie errichtet, sichergestellt und privilegiert? Die göttlichen Dekretalien. Was hat fundiert, gesteift, untermauert, was unterhält, nutriert und ätzet in Klöstern, Stiften und Abteien die frommen Väter, ohne deren unermüdliches Gebet bei Tag und Nacht die Welt notwendig in ihr altes Chaos zurückfallen müßte? Die heiligen Dekretalien! Was macht und mehret täglich im Überschwang aller zeitlich-leiblichen wie geistlichen Güter das hochgelobte, glorreiche Patrimonium Petri? Die ewigen Dekretalien! Was macht den Heilgen Apostolischen Stuhl zu Rom vom Anbeginn bis heut so furchtbar durch die ganze Welt, daß alle Könige, Kaiser, Fürsten, hochmögende Potentaten und Herrn, friß oder stirb, von ihm abhängen, ihm dienstbar

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