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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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beharrte dabei, er höre in Lüften verschiedene Stimmen von Männern und Weibern. Jetzt war's auch uns, wie wenn wir's hörten, oder doch, wie wenn uns die Ohren klängen. Je länger wir horchten, je mehr Stimmen unterschieden wir; bis wir endlich selbst ganze Worte verstanden. Das erschreckte uns baß und nicht ohne Ursache; denn wir sahen keine Seele und hörten doch so verschiedene Laute und Stimmen von Männern, Weibern, Kindern, Pferden. Panurg hielt's nicht mehr aus und schrie laut auf: »Potz Höll und Tod! Was soll das? Ist das Tusch? Wir sind verloren! Flieht! Es ist hierum ein Hinterhalt. Freund Jahn, mein Bruder! Bist du da? Ach halt dich zu mir! Ich bitt' dich. Du hast doch auch deinen Säbel bei dir? Sieh nur zu, daß er auch leicht vom Leder geht. Wir sind verloren! Horcht! Wahrlich, das sind Kanonenschläge! Flieht! Ich sag' nicht, mit Beinen und Händen, sondern mit Segeln und Rudern. Flieht! Ich hab' keinen Mut zur See; im Keller und anderswo, soviel ihr wollt. Flieht! Rettet uns! Nicht weil ich Furcht hätt'; denn ich fürcht' mich vor weiter nichts als vor Gefahren. Das hab' ich immer gesagt.«
    Als Pantagruel den Spuk hörte, den Panurg machte, frug er: »Wer ist die Memme da drunten? Laßt uns erst sehn, was für Leute es sind: vielleicht sind's von den Unsrigen. Noch seh ich keine Seele, und seh doch auf hundert Meilen in die Runde. Doch horcht wohl auf!
    Antiphanes sagte einmal, die Lehre des Platon gliche den Worten, die man in einem gewissen Land bei harter Winterzeit nicht hört, wann sie gesprochen werden, weil sie in der strengen Luft zu Eis gefrieren. So würde auch, was Plato den Knaben lehrt, von ihnen kaum im Alter verstanden. Jetzt müßt' man also wohl erwägen und untersuchen, ob zufällig hier der Ort ist, wo solche Worte auftauen. Es sollt' uns, mein' ich, doch wundernehmen, wenn's etwa gar des Orpheus Haupt und Leier wären. Denn damals, als die Thrazischen Weiber den Orpheus zerrissen, warfen sie sein Haupt und seine Leier in den Fluß Hebrus. Darin schwammen sie dann zu Tal ins Pontische Meer, bis zu der Insel Lesbos. Und aus dem Haupt erscholl fortwährend ein trauriger Gesang, als wenn es des Orpheus Tod beklage; die Leier im Wind, der durch die Saiten fuhr, stimmte in den Sang harmonisch ein. Schaut euch doch um, ob wir sie etwa hierum wo sehen.«

Vierundvierzigstes Kapitel
Wie Pantagruel unter den gefrorenen Worten auch etliche Zötlein fand
    Der Steuermann gab zur Antwort: »Herr, laßt' Euch nicht bang sein; es ist hier die Grenze des Eismeers, wo zu Anfang vorigen Winters ein großes, blutiges Treffen zwischen den Arimaspern und Nephelibaten geliefert wurde. Da sind die Worte und das Geschrei der Männer und Weiber, die Kolbenstöße, der Panzer und des Roßgeschmeides Klirren, das Pferdegewieher und aller andre Kriegslärm in den Lüften zu Eis gefroren. Jetzt, da der strenge Winter zur Neige geht und die Witterung wieder lau und schön wird, zerschmelzen sie und werden gehört.« – »Bei Gott! ich glaub's ihm«, sprach Panurg; »könnt' man denn aber nicht ein paar zu sehen kriegen? Ich habe gelesen, daß an dem Fuß des Bergs, wo Moses die jüdischen Gesetze empfing, das Volk die Stimmen auch ganz deutlich mit Augen sah.«
    »Da! da! halt auf!« sprach Pantagruel, »da habt ihr welche, die sind noch fest.« – Und damit warf er uns ganze Hände voll gefrorener Worte auf das Verdeck: die sahen aus wie Zuckerplätzel und Brustküglein von verschiedenen Farben. Da sahen wir gelbliche geile Worte, vulgo Zötlein, Grünspanworte, azurne, schwarze, güldne Worte, die, wenn wir sie ein wenig in den Händen wärmten, wie Schnee zergingen. Wir hörten sie auch wirklich, aber verstanden's nicht (denn es war eine barbarische Sprach), ein ziemlich grobes Wort ausgenommen, das, wie's Bruder Jahn in der Hand erwärmte, einen Kracher tat wie unangeschnittene Kastanien auf Kohlen, wenn sie platzen. – »Dies war«, sprach Jahn, »zu seiner Zeit ein Kartaunenschlag.« – Panurg ersuchte Pantagruel, ihm mehr zu geben, aber er antwortete ihm, Wortgeben wär der Verliebten Sache. – »So verkauft mir welche«, sprach Panurg. – »Das ist der Advokaten Sache«, antwortete Pantagruel, »Wortverkaufen. Lieber möcht' ich Euch Schweigen verkaufen, aber viel teurer.« Gleichwohl aber warf er uns doch noch drei bis vier Händvoll aufs Verdeck.
    Da sah ich auch sehr spitzige Worte, sehr blutige Worte, die, wie der Steuermann uns versicherte, zuweilen an den Ort umkehren, von wo sie

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