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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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Gelag: Fürs erste, daß keine Fleischspeis kam, es mocht' sein was für Sorte es wollte, Reh, Kapaune, Schweine (und deren gibt es in Papimanien eine schwere Menge), Karnickel, Tauben, Hasen, Truthähne und so weiter, die nicht brettsdick mit exemplarischem Füllsel gestopft gewesen wäre. Fürs zweite, daß alle Gerichte von den jungen mannbaren Töchtern des Landes aufgetragen wurden, lieben, holden, herzigen Hühnlein und Blondinlein, das schwör' ich euch, im schönsten Flor; die, in lange, weiße, lose, zwiefach gegürtelte Gewänder gekleidet, mit bloßem Haupt, das Haar mit kleinen violetten Seidenschnüren und -bändlein durchflochten, mit Rosen, Nelken, Orangeblüte, Anis und vielen andern würzigen Blumen besteckt, uns mit gelehrten und artigen Verneigungen zum Trinken luden, zu unser aller Augenlust. Bruder Jahn schielte seitwärts nach ihnen, wie der Hund mit dem Flederwisch. Zum Dessert des ersten Ganges sangen sie ein melodisch Liedlein zum Lob der heiligsten Dekretalien.
    Als die zweite Ladung gebracht wurde, rief Schlottig ganz munter und aufgeräumt einem der Kellermeister zu: »He, Mundschenk! ist leer allhie!« Auf diese Worte reichte ihm ein Mägdlein hurtig einen großen Humpen vom Allerbesten. Er nahm ihn in die Hand und sprach mit tiefem Seufzen zum Pantagruel: »Gnädigster Herr und liebe Freunde, vom Grund der Seele trink' ich hiemit auf euer aller Wohlergehn. Seid uns schönstens willkommen!«– Als er getrunken und der schmucken Dirne den Humpen wieder gereicht hatte, tat er einen gewaltigen Seufzer und sprach: »O göttliche Dekretalien! So gut deucht uns der gute Wein doch erst durch euch!« – »Er ist auch kein Dreck!« versetzte Panurg. – »Noch besser«, meinte Pantagruel, »wär's aber, wenn der schlechte Wein durch sie gut würde!«
    »O du seraphischer Sextus du«, fuhr Schlottig fort, »wie so höchstnötig bist du zum Heil der armen Sterblichen! O ihr cherubischen Clementinä! [Fußnote: Teile des Kanonischen Gesetzbuches.] Ist nicht in euch ganz eigentlich des wahren Christen Himmelsweg allein enthalten und vorgezeichnet! Wie würden ohne euch die armen Seelen hienieden in diesem Jammertal, in ihrer Irre des Erdenleibes, verloren sein! Ach! Wann wird endlich einmal aus ganz besondrer Gnade dies Heil den Menschen widerfahren, daß sie all andres Studium hinwerfen, um nur euch zu lesen, hören, lernen, brauchen, üben, in Saft und Blut euch zu verwandeln, sich einzuverleiben und ihren heimlichsten Hirnwinkeln, ihrem verborgensten Knochenmark, dem unauflöslichen Labyrinth ihrer Adern zu verbinden? O dann erst und nicht eher wird es einst auf Erden zum Guten kommen.«
    Bei diesen Worten stand Epistemon vom Tisch auf und sprach leise zu Panurg: »Hier gibt's keinen Nachtstuhl; ich muß 'naus, das Füllsel drückt mich im Darm! Ich komm' gleich wieder.«
    »Der nimmt mal's Maul voll«, sprach Panurg; »aber ich glaub' so wenig davon als menschenmöglich. Denn einmal in Poitiers beim Doktor Dekretalipotens dem Schotten bin ich drübergekommen und hab' ein Kapitel drin gelesen. Der Teufel hol mich, wenn ich von der Lektüre nicht eine solche Verstopfung bekam, daß ich in Zeit von länger als vier bis fünf Tagen nichts als ein winziges Würstel gemacht hab'.«
    »Haha«, rief Schlottig, »Freund! Das war vielleicht für eine Todsünde, die Ihr auf Eurem Gewissen hattet.« – »Ist möglich«, versetzte Panurg.
    »Einmal«, sprach Bruder Jahn, »zu Seuillé hab' ich mir meinen Hintersten an ein Blatt aus einer alten, blöden Clementina gewischt, die unser Pförtner Johann Guimard am Klosteranger weggeschmissen hatte; des Teufels sei ich, wenn ich nicht so schreckliche Schrunden und Hämorrhoiden darnach bekam, daß mir mein armes Luftloch davon ganz zerfressen war.« – »Ja, ja!« sprach Schlottig, »das war eben die offenbare Gottesstrafe für Eure schwere Sünde, daß Ihr dies heilige Buch beschissen habt, welches Ihr hättet küssen sollen und anbeten.«
    »Der Apotheker zu Mans, Franz Cornu«, sprach Eudämon, »hatte einst ein aus dem Leim gegangenes Dekretalienbuch zu Tüten verbraucht. Den Teufel leugne ich, wenn nicht alles, was man dreinpackte, im selben Augenblick vergiftet, faul und verdorben war: Zimt, Weihrauch, Pfeffer, Nelken, Safran, Wachs, Spezereien, Tamarinden, Rhabarber, kurz alles, Pillen, Pastillen, Kamillen, Sarsaparillen.« – »Gottes Straf und Rache!« schrie Schlottig; »zu so profanem Frevelzweck die heiligen Schriften zu mißbrauchen!«
    »Zu

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