Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
Miene.
„Gott hat dich nicht verflucht, nur weil du an Weihnachten geboren wurdest, Sebastian. Wenn jeder, der an dem Tag zur Welt kommt, zum Vampir werden würde, dann wäre meine Tierärztin schon längst selbst einer.“
„Was nicht ist, kann ja noch werden“, brummte Sebastian, meinte das aber nicht ernst.
„Du hast mir selbst gesagt, dass du das Alchemie-Studium nur aufgenommen hast, weil die Leute das von dir erwartet haben. Das war eine reine Zwangsläufigkeit. Außerdem dachte ich, wir hätten das Thema schon letzten Winter abgehakt.“
„Du meinst, als wir an meinem Geburtstag von diesem Frostdämon angegriffen wurden?“
„Ähm ... also ... ja.“
„Ja, da hatte ich wirklich nicht den Eindruck, verflucht zu sein“, konterte er sarkastisch und verdrehte leicht die Augen.
Okay, vielleicht war das nicht gerade das beste Beispiel. Wir mussten ja auch unbedingt das Glück haben, dass uns etwas Übernatürliches anfällt, nachdem ich Sebastian angebettelt und angefleht hatte, an seinem Geburtstag irgendwohin auszugehen. Ich versuchte, seine Bemerkung abzutun. „Na und? Letztlich ist doch alles gut ausgegangen, oder?“
„Garnet, das ist so, als sagtest du, du hast Glück gehabt, weil du einen Autounfall überlebt hast. Glück hättest du gehabt, wenn du gar nicht erst in den Unfall verwickelt worden wärst.“
„Entschuldigen Sie bitte, Mister Halb-leeres-Glas.“
So wie wir uns stritten, war es ein Wunder, dass wir nicht längst verheiratet waren. Sebastian hatte wohl das Gleiche gedacht, da er mich liebevoll anlächelte. „Ich schätze, bei deinen Eltern hat Teréza keinen guten Eindruck hinterlassen, oder?“
Ich schüttelte den Kopf. Was für ein Desaster. „Ich kann es kaum erwarten, dass sie Mátyás kennenlernen.“
„Der Junge braucht dringend seine eigene Wohnung“, murmelte Sebastian, als wir auf den Highway einbogen. Ich renkte mir fast den Hals aus, um sehen zu können, ob meine Eltern uns immer noch folgten. Ja, da waren sie.
Ich nickte. Dass Mátyás bei uns wohnte, war einfach nur lästig, vor allem weil es im Gästezimmer spukte und er im Wohnzimmer auf der Couch schlafen musste. Sebastian hatte
ihm wiederholt angeboten, ihm eine Wohnung in der Stadt zu kaufen, aber Mátyás weigerte sich, irgendwelche Almosen anzunehmen.
Es war ja nicht so, dass Mátyás nicht arbeitswillig gewesen wäre. Das Problem bestand darin, dass er seinen Lebenslauf irgendwie seit über hundert Jahren nicht mehr auf den aktuellen Stand gebracht hatte. Ich hatte auf meine Freundin Izzy aus dem Café gleich neben meinem Buchladen eingeredet, ihn als Barista einzustellen, aber bislang war es ihr lieber gewesen, mit ihm auszugehen. So was kann man getrost als unangenehm bezeichnen: Deine beste Freundin trifft sich mit dem Sohn deines Verlobten. Eines kam da für mich auf keinen Fall infrage: ein Vierer-Date.
„Du glaubst doch nicht, dass Mátyás etwas damit zu tun haben könnte, oder?“, fragte ich. Immerhin hatte der Junge nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er seiner Mutter den Vorzug vor mir gab.
Sebastian zuckte mit den Schultern. „Er liebt seine Mom eben.“
Und mich hasste er. Obwohl ... das war nicht so ganz fair. In letzter Zeit hatten Mátyás und ich eine Art Waffenstillstand geschlossen, zu dem es gehörte, dass wir uns nur gelegentlich beim Frühstück ein paar Beleidigungen an den Kopf warfen. Mittlerweile konnte ich an dem Ganzen sogar Gefallen finden. Nachdem er mir vor ein paar Monaten geholfen hatte, Sebastian zu exhumieren, war ich von meiner Einstellung abgerückt, dass der Junge alles versuchte, um mich zu töten. Andererseits hatte er tatenlos zugesehen, als die Vatikan-Agenten mir einen Pfeil ins Bein gejagt hatten, und solche Erinnerungen ließen sich nun mal nur schwer abschütteln. Bei dem Gedanken daran zuckte unwillkürlich mein Oberschenkel, ich rieb ihn beiläufig. Diese Nacht hatte aber noch eine andere Erkenntnis ans Tageslicht gebracht, wie ich mich erinnern konnte. „Ja“, stimmte ich ihm zu. „Doch dich liebt er auch.“
Ich hörte Sebastian in der Dunkelheit leise seufzen.
Dass ich in eine komplizierte Familie einheiraten würde, war mir längst klar. Eine Zeit lang fuhren wir schweigend weiter.
„Was hast du eigentlich eben zu Teréza gesagt?“, wollte ich wissen und dachte zurück an das unheimliche Gefühl, das mich überkommen hatte, als sie Sebastian verflucht hatte. Lilith regte sich in meinem Bauch, als wäre SIE ebenfalls an der
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