Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
okkultistischen Buchhandlung daheim in Madison, Wisconsin. Das Adrenalin wurde so abrupt ausgeschüttet, dass ich meine Augen ungewollt weit aufriss. Ich löste mich aus Sebastians Armen und tippte auf Rückruf. In meinem Kopf jagten sich Bilder von lodernden Flammen, geborstenen Wasserleitungen, geplünderten Regalen und noch Schlimmerem.
William meldete sich nach dem zweiten Klingeln. »Mercury Crossing, Ihr freundlicher Laden in der Nachbarschaft für alles, was mit New Age zu tun hat. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Für irgendeine echte Katastrophe klang er entschieden zu gut gelaunt. »William? Was ist los? Ist irgendwas passiert?«
»Oh, Garnet! Gott sei Dank, dass du anrufst!«
»Wieso? Was gibt es denn?«
Sebastian musste den besorgten Tonfall in meiner Stimme gehört haben, da er ein Auge einen Spaltbreit öffnete und mich wachsam beobachtete.
Ich zeigte auf das Telefon und flüsterte: »Der Laden.«
»Mátyás hat mich aus einem sehr angenehmen Nickerchen gerissen, als er zu schreien begann und aufgeregt von einem Traum erzählte, in dem er ein Flugzeug hat abstürzen sehen.
Und dann habe ich gehört, welche Probleme der Flughafen von Minneapolis mit dem Eis hat. Ich war krank vor Sorge um euch.«
Ich rieb mir das Gesicht und merkte, dass mein Körper sich nach dem Hochgefühl danach sehnte zu schlafen. »Liebe Güte, William, und ich dachte schon, der Laden wäre abgebrannt oder so!«
»Solche verrückten Sachen passieren nur, wenn du da bist«, betonte er. »Nein, hier ist alles in Ordnung. Es geht eigentlich ziemlich ruhig zu. Seid ihr schon in Österreich?«
»Die Maschine musste notlanden. Wir sind immer noch in Saint Paul, im Saint Paul Hotel.«
»O Mann«, sagte William. »Du weißt, Mátyás hat mit diesen Sachen immer recht.«
Mátyás konnte in Träume und Visionen anderer eindringen, war also so eine Art Traum-Stalker. Er alterte so langsam, dass er seit gut hundertfünfzig Jahren immer noch ein Teenager
war, was vermutlich auch erklärte, warum er die meiste Zeit über eine solche Nervensäge war.
Mein vom Sex aufgeputschtes und unter Schlafentzug leidendes, leicht benommenes Gehirn kehrte zu der Stelle der Geschichte zurück, an der William von Mátyás aufgeweckt worden war. Normalerweise schlief Mátyás nicht, wenn sich William in der Nähe aufhielt. Außerdem war das Letzte, was ich gehört hatte, die Neuigkeit, dass Mátyás mit meiner besten Freundin Izzy ausging. »Habt ihr, du und Mátyás ...?« Oh, was war das peinlich! Vielleicht hatte ich ja irgendetwas falsch verstanden. »Ähm, was hattest du gesagt, wie du von dem Traum erfahren hast?«
»Mátyás schläft bei mir auf der Couch. Er und Izzy sind mal wieder getrennt.«
Wieder? Ich hatte keine Ahnung, dass es zwischen ihnen irgendwelche Probleme gab, doch William ließ es nach einem Normalzustand klingen. O Mann, vielleicht sollte ich Izzy anrufen, um herauszufinden, was eigentlich los war. Aber William gegenüber wollte ich nicht den Eindruck erwecken, als wüsste ich nicht, was Sache ist. Also reagierte ich nur mit einem vagen: »Aha.«
»Und wann reist ihr ab?«
Sebastian und ich hatten noch gar nicht über unsere weiteren Pläne gesprochen, abgesehen von der Erkenntnis, dass wir uns um ebendiese Pläne noch kümmern mussten. Doch ich hatte bereits eine Idee. Ich stieß Sebastian leicht an, woraufhin er wieder ein Auge einen Spaltbreit öffnete und dabei aussah wie eine mürrische Katze, die nicht beim Schlafen gestört werden wollte. »Ich weiß nicht, aber ich hab überlegt, dass ich Sebastian vielleicht dazu überrede, hier in der Gegend zu bleiben. Du weißt ja, ich bin in Minneapolis zur Schule gegangen, und ich würde ihm gern mein altes Revier zeigen.«
»Hm, hört sich gut an«, meinte William so gedankenverloren, als wäre er längst mit etwas anderem beschäftigt. Im Hintergrund war das leise Klingeln der Registrierkasse zu hören.
Sebastian öffnete die Augen ganz und setzte sich gemächlich hin. Dabei legte er die Stirn in leichte Falten. »Was ist mit Europa?«, wollte er wissen.
»Wir könnten nach Österreich fliegen, wenn das Wetter besser ist, zum Beispiel im Sommer oder so. Was hältst du davon?«
Er schien über meinen Vorschlag nachzudenken, als William auf einmal sagte: »Ich würde mir Wien gern im Frühling ansehen.«
»Tut mir leid, William, aber du wirst uns nicht in unsere Flitterwochen begleiten«, zog ich ihn auf, dann wandte ich mich wieder Sebastian zu und nickte. »Aber es
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