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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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was er konnte.
    Mama öffnete wieder die Tür und scheuchte den dicken Widder ins Freie.
    Die Nacht brach an. Eine Nacht ohne Rebecca.
     
    »Lass uns jagen!«, sagte der Garou und sprang vor Vorfreude so sehr in seinem Menschen auf und ab, dass der Mensch zittern musste.
    »Es ist nicht so einfach«, flüsterte sein Mensch. »Nicht heute, nach der Jagd. Die Rehe sind zu scheu. Sie werden das Futter nicht fressen. Sie werden nicht schlafen. Wir können sie nicht fangen, wenn sie nicht vorher schlafen.«
    »Es gibt andere Beute«, sagte der Garou unbeeindruckt. »Langsamere Beute. Wir müssen nur langsamere Beute jagen, so wie das letzte Mal.«
    Der Mensch sträubte sich.
    »Es ist so riskant«, sagte er. »Andere Beute ist so riskant!« »Wir haben es schon öfter getan!«, insistierte der Garou. Er hatte Recht.
    »Was ist mit den Leuten da oben?«, fragte sein Mensch und blickte zu den erleuchteten Fenstern hinüber, wo das Jagdbankett lärmte.
    »Sie werden uns nicht sehen!«, sagte der Garou. »Nicht, wenn wir rechtzeitig in das Versteck gehen. Bevor sie fertig sind. Niemand wird uns kommen sehen. Und der Morgen wird so still sein. Stiller als sonst. So still und so schön.«
    Der Garou leckte sich die Lippen.
    »Es ist so kalt da drin«, jammerte sein Mensch. Den Garou kümmerte das nicht. Er hatte ein Fell.
     
    Erst im Mondlicht entdeckte Rebecca den Wolf.
    Sie lag wieder auf dem Metallbett, zu erschöpft, um zu schlafen, und starrte nach oben.
    Im fahlen Halblicht des Mondes schienen sich die Faune zu bewegen, zu springen und zu tanzen.
    Drei Faune.
    Drei Teufel.
    Die Decke mit den Faunen hatte keinen guten Einfluss auf sie. Trotzdem starrte sie weiterhin wie besessen nach oben. Es gab ja sonst nichts hier, und seit die Sonne untergegangen war, traute sie sich nicht mehr, aus dem Fenster zu blicken. Rebecca hatte zu viel Angst vor dem, was sie dort unten vielleicht sehen würde.
    Je länger sie hinaufstarrte, desto sicherer war sie sich, dass die Faune nicht wirklich tanzten. Sie rannten. Flohen. Flohen vor etwas. Vor was flohen die Faune?
    Dann, als der Mond begann, den Schattenriss der französischen Fenster über das Parkett zu zerren, entdeckte sie den Wolf, zuerst seine Augen, klein und glimmend, dann sein Maul und seine scharfen Zähne, schließlich Ohren und Tatzen und Schweif. Der Wolf lauerte in einem Gebüsch, sprungbereit, und nun, da Rebecca ihn einmal entdeckt hatte, konnte sie ihren Blick nicht mehr von ihm wenden.
    Der Wolf war schrecklich.
    Kein Wunder, dass die Faune flohen.
    Rebecca wusste, dass Deckenmalerei eine Kunst war. Dass man früher viel Freude an Effekten gehabt hatte. Räumlichkeit. Täuschung. Gemalte Realität. Wer hatte ihr das erzählt? Maurice?
    Der Wolf war wahrscheinlich in Grüntönen gemalt worden, und bei Tag verschwamm er im Blätterwald. Nur nachts, wenn die Farben verschwanden, konnte man ihn sehen. Ein Wolf, den es nur bei Mondschein gab ...
    Einfach.
    Rebecca wusste das.
    Aber ein Teil von ihr wusste es nicht.
     
    »Und du hast den Garou einfach so eingesperrt?«, fragte Heide.
    Die Schafe hatten sich in den Heuschuppen zurückgezogen und blickten Othello bewundernd an. Der Leitwidder hob stolz seine vier Hörner. Er wusste, dass es nicht sehr klug gewesen war, die Tür zuzuschieben, aber besonders leid tat es ihm trotzdem nicht.
    »Ich glaube nicht, dass der Ziegenhirt der Garou ist«, sagte Miss Maple.
    Die anderen Schafe sahen sie böse an. Immer, wenn sie gerade den Garou losgeworden waren, kam Maple und hatte etwas dagegen.
    »Warum?«, blökte Maude.
    »Warum?«, blökten die anderen Schafe.
    Maple dachte kurz nach.
    »Wegen Madouc«, sagte sie dann.
    »Madouc?«
    Maple nickte. »Er hat sie aufgezogen, stimmt's? Madouc mag ihn. Sie wäre nicht so wild darauf, den Garou zu fangen, wenn er der Garou wäre.«
    »Vielleicht weiß sie nicht, dass er der Garou ist«, wandte Zora ein.
    Maple schüttelte den Kopf. »Es ist nicht nur das. Erinnert ihr euch an all die Sachen, die Madouc über den Garou wusste? Mond und Silber und Kugeln? Und daran, wie entschlossen sie ist, ihn zu finden - so entschlossen, dass sie im Wald seinen Spuren gefolgt ist! Sie muss diese Entschlossenheit irgendwo gelernt haben - und ich glaube, sie hat sie von dem Ziegenhirten gelernt! Das bedeutet, dass der Ziegenhirt der Werwolfsjäger ist!«
    Maple schloss die Augen und sah den Ziegenhirten vor sich, grau, unsichtbar und lautlos. Und traurig! Warum war er immer so traurig? Was hatte er

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