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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Futterkammer gehen!«, sagte Mopple. »Sie geht nur in die Futterkammer, um uns zu futtern. Und wenn wir nicht da sind, kann sie uns nicht futtern!«
    Es war ein brillanter Plan. Die Sache hatte nur einen Haken: den Haken an der Futterkammertür. An diesem Haken hing ein Schloss. Ein Schloss, das man nur durch Zählen öffnen konnte. Die Schafe konnten nicht besonders gut zählen, aber einen Versuch war es wert.
    »Drei!«, sagte Heide.
    »Acht!«, schnaubte Othello.
    »Vier!«, blökte das Winterlamm.
    Das Futterkammerschloss zeigte sich wenig beeindruckt von ihren Zählkünsten.
    »Vielleicht müssen wir etwas zählen?«, sagte Maude. »Zum Beispiel... Beine!« Sie blickte nach unten auf ihre Hufe. »Eins... zwei. Zwei!« Maude blickte stolz in die Runde.
    »Zwei?«, fragte Lane. »Nur zwei?«
    »Es müssen mehr sein!«, sagte Cordelia.
    »Ich sehe nur zwei«, sagte Maude störrisch.
    Miss Maple sah Maude kritisch an. »Vier«, sagte sie dann.
    Das Schloss rührte sich nicht.
    Die Schafe zählten Sir Ritchfields Ohren (zwei!) und Othellos Hörner (vier!), sie zählten die Astlöcher in der Futterkammertür (drei!), die Blätter der alten Eiche (drei!) und die Schneeflocken, die vom Himmel flockten (mindestens sieben!).
    Doch das Zahlenschloss machte keinen Mucks.
    Die Tür des Schäferwagens ging auf, und Rebecca sah misstrauisch zu ihnen herüber. Die Schafe taten so, als würden sie sich nur für den Haferkeksmond interessieren, und Rebecca machte die Tür wieder zu.
    Frustriert trabten die Schafe zurück zum Heuschuppen. Es gab kein Entrinnen. Der Tierarzt würde heute Nacht ungebeten auf ihren Traumweiden erscheinen und eine Hufschneideschere schwenken, und morgen würde er sie aus dem Pferch zerren, eines nach dem anderen, bis auf Maude, die heute Morgen schon vor Cloud dran gewesen war.
    »Was, wenn wir den Futtereimer nicht hören?«, sagte Othello auf einmal.
    »Ritchfield vielleicht...«, murmelte Heide.
    »Niemand!«, sagte Othello. »Der Tierarzt kommt - wir gehen. So einfach ist das.«
    »Aber...«, blökte Zora. »Das ist unsere Weide! Wir fliehen nicht! Du hast es selbst gesagt!«
    »Wir fliehen auch nicht«, sagte Othello. »Wir gehen einfach weg.«
    Die Schafe sahen ihren Leitwidder respektvoll an.
    »Und Rebecca?«, fragte Lane.
    »Rebecca wird nachkommen«, sagte Othello.
    So hatte es bisher funktioniert: die Schafe waren losgetrabt, in die Richtung, aus der es am appetitlichsten roch, und Rebecca war mit hochrotem Gesicht nachgekommen. Dieser Teil des Wanderschafslebens hatte immer gut geklappt.
    »Wir warten bis zum Morgengrauen. Dann kann Rebecca unseren Spuren im Schnee folgen. Wir gehen in den Wald und suchen Cloud. Und wenn wir sie gefunden haben, gehen wir weiter.«
    Die Schafe schwiegen. Es war ein kühner Plan. Und er war nicht so attraktiv wie der mit der Futterkammer.
    »Wohin gehen wir denn?«, fragte Cordelia zögerlich. »Weg«, antwortete Othello.
    »Was ist, wenn es schneit?«, fragte Ramses. »Es wird nicht schneien«, sagte Othello. »Was ist, wenn wir Cloud nicht finden?«, fragte Lane. »Wir finden Cloud«, sagte Othello entschlossen. Die Schafe guckten beeindruckt. Othello hatte an alles gedacht.
    »Und wie kommen wir in den Wald?«, fragte auf einmal das Winterlamm. »Rebecca hat gerade erst den Zaun kontrolliert.«
    »Das weiß ich noch nicht«, sagte Othello leise. »Aber wir kommen in den Wald.«
    Mopple schnarchte. Heide nieste. Ritchfield murmelte leise und sanft. Durch das leere Stallfenster tanzten ein paar einsame Schneeflocken auf die Schafe herab.
    »Ich weiß, wie wir in den Wald kommen könnten«, blökte das Winterlamm.
    »Das dachte ich mir«, sagte Othello. Niemand glaubte weniger an Zäune als das Winterlamm.
    »Wir können nicht durch den Drahtzaun«, sagte das Winterlamm mit glänzenden Augen. »Aber im Lattenzaun zwischen uns und den Ziegen ist eine Latte locker. Ich habe gesehen, wie die schwarze Ziege hindurchgeschlüpft ist. Und niemand hat den Zaun auf der Ziegenweide kontrolliert!«
    Mopple schwieg. Ritchfield schnarchte.
    Draußen hatte es aufgehört zu schneien.
     

4
     
    Ein halber Mond schien. Blauer Schnee knirschte. Die Luft war kalt wie die Klinge des Schermessers. Ein kleiner Trupp zu allem entschlossener Schafe näherte sich vorsichtig dem nächtlichen Ziegenzaun.
    Othello der Leitwidder, Miss Maple, weil sie klug war, Mopple, weil er ein gutes Gedächtnis hatte, Sir Ritchfield, weil er dachte, es würde sich um einen Ausflug handeln, und

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