Garou
meine, als Arzt... Er hat überhaupt nicht hingesehen! Kein einziges Mal. Als... als wäre er gar nicht neugierig. Und er hat versucht, mich festzuhalten.«
»Er wollte eben nicht, dass du es siehst«, seufzte Mama.
»Er wollte, dass es überhaupt niemand sieht. Er wollte nicht, dass ich die Polizei rufe. Als ob sich so etwas vertuschen lässt. Bei der nächsten Zaunkontrolle hätte ich es sowieso gefunden ...«
Rebecca hüpfte von einem Bein auf das andere. Tess sprang aus dem Schäferwagen und tanzte um Rebecca herum. Tanzte und bellte.
»Da!« Mama zeigte auf Tess. »Soll sie doch aufpassen! Wozu hast du den Hund!«
Rebecca hörte auf zu hüpfen.
»Das stimmt«, sagte sie. »Tess würde bellen.«
Sie runzelte ihre dämmerungsblaue Stirn.
»Sie hat nicht gebellt!«, sagte sie dann. »Es muss gestern oder heute früh passiert sein, und sie hat nicht gebellt!«
»Weil es nicht auf der Weide war«, sagte Mama.
»Aber fast!«, sagte Rebecca. Sie rollte ihre Decke zusammen und stieg die Schäferwagenstufen hinauf.
»Gute Nacht!«, sagte sie zu den Schafen, die sich langsam wieder beruhigten. Der goldene Lichtstrahl kroch zurück in den Schäferwagen, und die Tür schlug zu.
Die Schafe standen schnaufend im Schnee. Gute Nacht! Rebecca hatte leicht reden! Sie würde morgen nicht in den Pferch gelockt und vom Tierarzt verarztet werden!
»Ich gehe morgen einfach nicht in den Pferch!«, verkündete Heide plötzlich.
Die anderen schwiegen. Sie hatten schon öfters beschlossen, einfach nicht mehr in den Pferch zu gehen. Aber wenn der Futtereimer klapperte und der süße, schwere Duft des Kraftfutters über die Weide strömte, gingen sie doch. Jedes Mal.
»Aber der Futtereimer...«, sagte Mopple niedergeschlagen.
»Wir brauchen nur Wollensstärke!«, sagte Heide. Sie hatte es von Mama gehört. Mit Wollensstärke ging alles!
Einige Schafe plusterten sich, um stärker zu wollen. Andere guckten betreten zu Boden. Cloud war das wollensstärkste Schaf der Herde gewesen - und der Tierarzt hatte sie in den Wald gejagt.
»Wir brauchen nicht nur Wollensstärke!«, sagte Maple plötzlich. »Wir brauchen einen Plan!«
»Ich bin mir sicher, das ist ein Schaf!«, erklärte Sir Ritchfield. Der fremde Widder hatte sich zum Schlafen nahe am Apfelgarten an den Zaun gelehnt und sah in der späten Dämmerung alles andere als schafshaft aus, eher wie ein Haufen Laub und Moos, aber Ritchfield schien sich seiner Sache sicher zu sein.
Die Schafe hatten den ungeschorenen Fremden von drei Seiten umzingelt und versuchten, ihn zum Sprechen zu bringen. Der Ungeschorene mochte zottig sein, unförmig und filzig, aber er war zweifellos das wollensstärkste Schaf, das sie je gesehen hatten. Und er wusste etwas Wichtiges: Er wusste, wie man nicht in den Pferch ging, selbst wenn der Futtereimer klapperte und der Duft von würzigem Kraftfutter über die Weide strömte. Sie mussten es nur aus ihm herauslocken.
Aber wie?
Bisher hatten die Schafe immer vermieden, mit dem Fremden zu sprechen. Die Art, wie er sie nicht sah und nicht hörte, machte sie nervös. Was, wenn sie ihn aus Versehen anrempeln würden? Vielleicht würden sie dann durch ihn hindurchlaufen, wie durch Nebel. Die Sache war den Schafen unheimlich.
Othello räusperte sich.
Der Fremde hatte kurz aufgeblickt, als sie alle im Pulk an seinem Schlafplatz aufgetaucht waren, so wie man bei einem Windhauch aufblickt oder einem fernen Geräusch. Aber jetzt stand er wieder da, mit halbgeschlossenen Augen, entspannt und schläfrig. Es war nicht normal. Es ließ die Schafe daran zweifeln, ob sie da waren.
mit Überzeugung.
Nichts.
»Hallo, Widder!«, sagte Cordelia tapfer. »Willkommen auf unserer Weide!« Es war reichlich spät für einen Willkommensgruß - aber besser spät als nie.
Der Ungeschorene bewegte nicht einmal die Ohren.
»Wir wollen nicht stören!«, erklärte Lane. »Wir wollen nur besser wollen!«
Die Augen des Widders fielen noch ein bisschen weiter zu. Er murmelte leise und vertraut, nicht zu ihnen - zu irgendjemand anderem. Die Schafe sahen sich um - da war niemand. Natürlich nicht.
»Widder!«, blökte Ramses. »Wir wollen nicht in den Pferch!«
Die Augen des Widders waren geschlossen. Er summte leise vor sich hin.
»Ich glaube, er kann nicht sprechen«, sagte Cordelia.
»Er kann murmeln«, sagte Heide. »Wenn er etwas lauter murmeln würde, könnte er sprechen!«
Sie beschlossen, den Rest der Diskussion Sir Ritchfield zu überlassen. Der schwerhörige
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