Garten des Lebens
gehst, wirst du es ewig bereuen, dich ewig fragen, was geschehen wäre. Du musst diese Geschichte verarbeiten und endlich abschließen.”
“Wirst du mit mir kommen?”
Joe atmete tief durch, während er über ihre Bitte nachdachte. Schließlich nickte er.
Das änderte alles. Susannah konnte Jake mit ihrem Ehemann an ihrer Seite gegenübertreten. Mit Joe zusammen konnte sie ihrem ehemaligen Freund ins Gesicht sehen und ihm sagen, dass die Vereinbarung, die ihr Vater mit seinem Vater getroffen hatte, das Beste war, was George Leary je für sie getan hatte. Erst jetzt verstand sie, dass ihr Vater wegen Jake seine beiden Kinder verloren hatte. Doug durch die Drogengeschichte, in die beide verstrickt gewesen waren, und Susannah durch ihren Zorn …
Chrissie war bereits gegen acht Uhr aufgestanden und packte ihre Sachen. Susannah saß auf dem Bett ihrer Tochter, und die beiden unterhielten sich. “Ich habe wirklich gedacht, ich liebe ihn, Mom.”
“Ich weiß, mein Schatz.” Sie musste sich auf die Zunge beißen, um nicht herauszuplatzen, wie wenig Troy Chrissies Liebe verdient hatte.
“Ich habe wohl gedacht, dass meine Liebe ihn ändern kann.”
Susannah hatte dasselbe bei Jake geglaubt. “Was du geliebt hast, war der Mann, der er hätte sein können”, sagte sie, zog die Knie an und schlang die Arme um ihre Beine.
Joe brachte ihnen frischen Kaffee ins Zimmer. Als er sah, dass sie sich unterhielten, zog er sich wieder zurück.
“Ich war so wütend auf dich, weil du Troy einfach nicht so sehen wolltest, wie ich ihn sah, und jetzt verstehe ich, dass ich auch hätte versuchen sollen, ihn mit deinen Augen zu sehen.”
Dies war ein großer Schritt zum Erwachsenwerden für Chrissie, und Susannah war überzeugt davon, dass ihre Tochter nicht so lange wie sie brauchen würde, um die Wahrheit zu erkennen.
“Ich habe alles nur aus Liebe getan”, sagte sie.
Susannahs Augen füllten sich mit Tränen, als Chrissie zu ihr ans Bett kam und sie umarmte. “Ich weiß das.”
Um halb zehn brachte Joe das Gepäck seiner Tochter zum Auto. Sie wollte noch kurz ihre Großmutter besuchen und dann nach Seattle aufbrechen. Susannah und Joe standen Arm in Arm auf dem Bürgersteig und sahen ihrer wegfahrenden Tochter hinterher.
“Sie wird schon zurechtkommen”, sagte Joe. “Das war eine schwierige Lektion für sie.”
“Ja …”, murmelte Susannah. Erwachsen zu werden war ein schmerzhafter Prozess – sie wusste das.
“Bist du bereit?”, fragte Joe. “Wir sollten uns langsam auf den Weg zum Friedhof machen.”
Sie wusste nicht, ob sie jemals für diese Konfrontation bereit sein würde. “Versprich mir, dass du – egal, was auch passiert – nicht von meiner Seite weichen wirst.”
“Du musst dir keine Sorgen machen”, versicherte Joe ihr. “Wenn dieser Clown glaubt, er könne mir meine Frau wegnehmen, werde ich ihn eines Besseren belehren.”
Susannah lehnte ihren Kopf an Joes Schulter und lächelte. Es war irgendwie lustig, dass Joe diese Möglichkeit überhaupt in Betracht zog. Der Mann, der sie gerade in seinen Armen hielt, war alles, was sie brauchte. Einen besseren Ehemann konnte sie sich nicht erhoffen.
Schweigend fuhren Joe und Susannah auf der Straße entlang, die aus der Stadt führte. Keiner von ihnen war in der Stimmung zu reden. Das gusseiserne Tor, das zum Friedhof führte, stand offen. Auch auf diesem Zettel hatte nicht gestanden, wo sie sich treffen würden. Joe parkte in der Nähe des Grabes von George Leary. Es lag neben einem Mausoleum. Hand in Hand gingen sie zu dem Monument und warteten gespannt auf das, was geschehen würde. Es war fünf Minuten vor zehn Uhr.
Susannah dachte daran, wie wütend sie noch vor einigen Tagen auf ihren Vater gewesen war. Doch mittlerweile hatte sich ihre Einstellung komplett geändert. Sie lächelte auf den Grabstein hinab, und ihr Herz quoll über vor Liebe, die sie für ihren Vater empfand – und vor Trauer, weil sie so viele Jahre vergeudet hatte.
Plötzlich merkte sie, wie Joes Hand sich fester um die ihre schloss. Als Susannah aufblickte, hielt sie unwillkürlich den Atem an. Es schien, als würde ihr Herz aufhören zu schlagen. Nein, das konnte nicht sein – das war eine Einbildung. Sie hatte zu sehr an ihren Vater gedacht …
Hinter dem Mausoleum kam ein Mann hervor und trat auf sie zu. Und es war – George Leary. Er schien nur etwas jünger zu sein, hübscher.
“Dad?”, flüsterte sie und ihre Stimme brach.
“Susannah”, sagte Joe sanft.
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