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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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...«
    »Und schließlich gaben sie auf.«
    »O nein. Nein, Sir. In dieser Hinsicht ist der Cargo-Glaube vielleicht wirklich etwas wie die Dianetik ... der magische Effekt blieb aus, aber der Kult lebte trotzdem irgendwie weiter, er änderte nur seine Taktik. 194.0, nachdem in den ganzen fünf Jahren kein einziges Frachtflugzeug gelandet war, gingen die Frums zu einer aggressiveren Einstellung über. Sie legten ihre wenigen Wertsachen zusammen und tauschten sie gegen eine einfache Uberfahrt nach Amerika ein - für meinen Großvater, den sie Klein Jon Frum nannten. Sein Auftrag bestand darin, Präsident Roosevelt ausfindig zu machen und zu entführen - oder, wenn möglich, zu kaufen - und ihn lebendig nach Melanesien zu schaffen. Hatten die Frums erst ihren eigenen amerikanischen Präsidenten, würden die Cargo-Flugzeuge schon kommen ...«
    »Das ist exakt die primitive Denkweise«, warf Fouad Nassif ein, »die man von einem Volk ohne fundierte Kenntnisse in Aristotelischer Logik erwarten kann. Meine Landsleute -«
    »Großvaters eigentliches Ziel«, fuhr Bartholomew fort, »war New York City, weil die Frums gehört hatten, das sei die größte Stadt mit dem größten Cargo der Welt. So lag der Schluß nahe, daß Präsident Roosevelt dort anzutreffen sein würde. Aber der Dampfer fuhr nur bis San Francisco. Großvater landete in Kalifornien mit nichts anderem als ein paar Münzen in der Tasche, und er wäre wahrscheinlich buchstäblich verhungert, wenn sich ein japanoamerikanischer Industrieller namens Hideyoshi nicht seiner erbarmt hätte.
    Hideyoshi besaß zwei florierende pharmazeutische Unternehmen. Da er selbst ein Einwanderer war, bewunderte er Klein Jons Mut und Entschlossenheit, sich in ein fernes unbekanntes Land zu wagen, auch wenn er fand, der Cargo-Kult sei das Dämlichste, wovon er jemals gehört habe. Er besorgte Großvater eine Unterkunft, bezahlte ihm einen Lehrer, der ihm Lesen und Schreiben beibrachte, und gab ihm Arbeit in einem Lagerhaus, wo er Arzneikisten für den Versand stapeln mußte. Großvater wähnte sich im Gelobten Land und war selig über den Plungerlohn, den Hideyoshi ihm zahlte - und den er zum größten Teil den übrigen Frums nach Melanesien schickte.
    Dann kam der Zweite Weltkrieg und Pearl Harbor. 1942 ordnete Präsident Roosevelt die Internierung aller Westküstenjapaner an. Die Regierung gab Hideyoshi zwei Wochen Zeit, sein Haus und sein Unternehmen zu verkaufen und seine sonstigen Angelegenheiten zu ordnen. Wie Sie sich vorstellen können, Mr. Gant, war das mit so wenig Zeit eher eine Verramschung als eine sorgfältige Veräußerung von Vermögenswerten. Hideyoshi verlor sein letztes Hemd und, damit einhergehend, seine ganze Achtung vor Amerika. Sein besonderer Haß galt den weißen Geschäftsleuten, die seine hilflose Lage ausnutzten und ihm seine Immobilien weit unter Wert abkauften, und er schwor Rache, aber im Internierungslager zog er sich die Cholera und eine Lungenentzündung zu und wäre beinah daran gestorben.
    Großvater seinerseits verbrachte die Kriegsjahre damit, Cargo-Flugzeuge für die Army anzupinseln. Für die Nacht bekam er eine Zusatzbeschäftigung: Er schrubbte Fußböden im Patentamt von San Francisco, und eben dort lernte er meine spätere Großmutter kennen, Hannah Kazenstein.«
    »Kazenstein?« Der Name klang irgendwie vertraut; Gant erinnerte sich vage, ihn auf einer Liste mutmaßlicher Öko-Terrori-sten gelesen zu haben, die C.D. Singh aus Washington gefaxt hatte.
    »Sie war das schwarze Schaf der Familie«, sagte Bartholomew. »Die meisten Kazensteins waren Zionisten und lebten mittlerweile in Palästina, wo sie für einen unabhängigen jüdischen Staat agitierten, aber Oma Hannah wollte eine berühmte amerikanische Erfinderin werden. Sie entwickelte auch wirklich ein paar ganz nützliche Geräte, aber sie war nicht geschäftstüchtig genug, um sie auch erfolgreich zu vermarkten. Deswegen war sie fast so arm wie mein Großvater, als die beiden beschlossen zu heiraten.
    Nach Kriegsende wurde Hideyoshi aus dem Lager entlassen und kehrte nach Kalifornien zurück. Seine verschiedenen Krankheiten hatten ihn sehr geschwächt, und seine Verbitterung hatte ihm den Verstand geraubt. Er machte meine Großeltern ausfindig, die die einzigen Menschen waren, die sich seine Spinnereien überhaupt anhören wollten, und überredete sie, sich seinem Rachefeldzug anzuschließen. Selbst die Verluste eingerechnet, die er beim Verkauf seiner Fabriken erlitten hatte, besaß

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