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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Haut. Joan hatte sich nie entscheiden können, ob ihr dieser oder der modernere Typ von Diener lieber war, der praktisch nicht von einem echten Menschen zu unterscheiden war; wahrscheinlich keiner von beiden. Irgendwo in ihr grollte der Linke Gott gegen die Schöpfung des Automaten schlechthin.
    »Harpo eins-eins-fünf«, las Joan Namen und Nummer des Dieners von dessen Erkennungsmarke ab. »Wach auf.«
    Der Diener öffnete die Augen, zwei hinter künstlichen schokoladenfarbenen Iris verborgene Videokameras. Er richtete den Blick auf sie und produzierte ein strahlendes Lächeln, als sähe er nach langer Zeit seine allerliebste Freundin wieder. »Zip-pity-doo-dayl« begrüßte er sie. Wie alle Diener nahm er beim Sprechen die Porzellanzähne nur einen Spaltbreit auseinander, damit man nicht sah, daß er keine Zunge, sondern nur einen elektronischen Stimmgenerator hatte. »Ist das nicht ein wunderschöner Morgen!«
    »Harpo eins-eins-fünf«, fragte Joan ihn, »hast du je einen Morgen erlebt, den du nicht wunderschön gefunden hättest?«
    Der Diener, ein für körperliche Arbeit konzipiertes Modell, das nur das notwendige Minimum an Konversation beherrschte, beantwortete diese Frage lediglich mit einem noch breiteren Grinsen und wiederholte seinen Gruß: »Zippity-doo-day! He, machen wir uns an die Arbeit!«
    Den Diener im Schlepptau, ging Joan zurück, um Hartower und Prohaska zu holen - und Eddie, der endlich seine ganze Ausrüstung angelegt hatte, aber noch ziemlich verloren darin aussah. Ein Lastenaufzug brachte sie zum Bootshafen hinunter, einer Betonpier in einer künstlichen Lagune, zehn, zwölf Meter unter dem Javits Center. Sieben Barkassen waren da festgemacht, flache gepanzerte Boote mit vorn und achtern montierten Suchscheinwerfern und Laserkameras. Prohaska bestieg die, auf deren Rumpf jemand mit weißer Farbe »M. Team 23« gepinselt hatte, und warf die Maschine an, während Hartower die Taue losmachte und Joan den Inhalt des Erste-Hilfe-Kastens überprüfte. Sie hatten genug Verbandmull und Desinfektionsmittel, um starkes Nasenbluten zu behandeln; sollte irgend etwas Schlimmeres eintreten, konnten sie nur hoffen, daß sie sich gerade unter einem Krankenhaus befanden.
    »Genieß die Kahnfahrt, solang's noch möglich ist«, sagte Hartower, als er sah, wie Eddie die Lagune anguckte. »Das hier ist zur Hälfte Frischwasser; sie pumpen's extra rein, um sicherzugehen, daß die Boote nicht auf Grund laufen. Draußen in den Hauptkanälen aber ist das Problem weniger zuwenig als zuviel. Schon mal einen Fluß aus menschlichen Ausscheidungen gesehen?«
    Eddie zog es vor, diese Frage nicht zu beantworten. Statt dessen sagte er, als er die Weite des Tunneleingangs sah, den Prohaska, sobald sie losgemacht hatten, ansteuerte: »Ich hatte keine Ahnung, daß das hier unten so groß ist.«
    »War früher auch nicht so«, erklärte ihm Prohaska. »Zu Teddy Mays Zeiten konnte man noch durch den größten Teil der Kanalisation laufen oder kriechen, da brauchte man keine Boote oder sonstigen Schwimmapparate. Ein paar der Nebenkanäle sind noch immer so klein, daß man da einfach langmarschieren kann. Aber die Hochhäuser wurden immer höher, es kam immer mehr Dreck runter, also mußte man die Hauptkanäle jährlich erweitern...«
    »... und dann«, sagte Hartower, »boomte Ende der neunziger Jahre die Gentechnologie, und auf einmal wurde es in den Abwässern merkwürdig, alles mögliche Viehzeugs wanderte ein und veranstaltete über Nacht hübsche kleine Evolutionsspielchen, mit denen es sich den Bedingungen hier unten anpaßte. Daher das Zoologische Dezernat.«
    »Bleibt nur zu hoffen, daß du ein gutes Immunsystem hast«, sagte Prohaska. »In den Kanälen schwirren Bakterien rum, für die die noch nicht mal Namen erfunden haben.«
    Dann schwiegen sie ein Weilchen, und Eddie wirkte zunehmend weniger begeistert von seinem Job. Der Automatische Diener stand am Bug der Barkasse und zog schnüffelnd Luft in die Nase, wodurch alle drei Sekunden eine vollständige chemische Analyse der Atmosphäre durchgeführt wurde. Während sie immer weiter in das Kanalisationssystem vorstießen, lenkte Hartower Eddies Aufmerksamkeit auf die schimmernden Gebilde, die im Kielwasser des Patrouillenbootes wirbelten: »Jetzt stecken wir wirklich in der Scheiße, was, Junge?«
    Andere May-Teams waren unmittelbar nach ihnen ausgelaufen, aber inzwischen hatten sie abgedreht und jedes eine andere Route ins Zielgebiet genommen. Sie waren allein in den

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