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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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fuhr Eddie mit seiner Erklärung fort. »Sie hat vierundsechzig Stimmen.«
    »Die sind nicht zu überhören«, sagte Hartower. »Die Frage ist: Kannst du die zum Schweigen bringen?«
    »Naja, da bin ich grad dabei«, sagte Eddie. Er versuchte, sich zu erinnern, wo der Ausschaltknopf war, aber bevor es ihm wieder einfiel, schoß ein Hai aus dem Wasser und fraß ihn.
Die Macht des positiven Denkens (I)
    Vanna Domingo wartete im Parkhaus des Phoenix mit den Mobilen Fernsehern, die Gant angefordert hatte. Die Fernseher -Automatische Diener mit einem kabeltauglichen hochauflösenden Monitor anstelle des Kopfes - könnte man sich leicht als einen makabren Anblick vorstellen, in dem Stil, wie Magritte sie hätte entwerfen können, wenn er für Zenith gearbeitet hätte; tatsächlich aber hatte Gant ein tschechisches Top-Designerstudio mit der äußeren Gestaltung seiner Mobil-TVs beauftragt, um sicherzugehen, daß die Geräte eher lustig als unheimlich aussahen. Dies wurde in erster Linie dadurch erzielt, daß sie in witzige Outfits gesteckt wurden. Wenn Vorbestellungen irgendeine Aussagekraft hatten, dann wartete der amerikanische Mittelwesten bereits mit größter Ungeduld auf ein Haushaltsgerät in Cowboykluft, das Geschirr spülen, abtrocknen, wegräumen und gleichzeitig eines von 500 spannenden TV-Programmen empfangen konnte.
    Die Fernseher, die Vanna Domingo für Gants Ansprache in der Schule mitgebracht hatte, waren wie Apollo-Astronauten gekleidet. Harry Gants Vater hatte oft voller Stolz erzählt, er habe die NBC-Liveübertragung der ersten Mondlandung mitverfolgt, und auch Harry selbst hatte schon immer eine Schwäche für die
    Jungs von der NASA gehabt - selbst wenn er persönlich nie in das Weltraumprogramm investiert hätte. Das war eindeutig zu hoch für ihn.
    »Morgen, Vanna«, sagte Gant, als er aus seinem Privatfahrstuhl ausstieg.
    »Harry.« Sie neigte demütig den Kopf, wie ein Vasall vor seinem Lehnsherrn. Gant versuchte, es zu übersehen. Auch wenn er durchaus der Meinung war, daß die Etikette der Unternehmenshierarchie eine gewisse Ehrerbietung gegenüber Vorgesetzten verlangte, bestand doch ein kleiner Unterschied zwischen einem Großkapitalisten und einem Großfürsten - ein Unterschied, den Vanna in ihrer an Verehrung grenzenden Loyalität allzuleicht aus den Augen verlor. Aber in ihrem Job war sie hervorragend, keine Frage.
    Gant deutete auf das Ding, das Vanna unter den Arm geklemmt trug, eine kleinformatige mattschwarze Mappe. Ein Elektro-Buch. »Was lesen Sie zur Zeit?« fragte er. Vanna las viel und gern, aber weil sie sich ihres literarischen Geschmacks schämte und mehr als nur ein bißchen paranoid war, zog sie die Anonymität eines programmierbaren Textdisplays ohne verräterischen Schutzumschlag einem normalen Buch vor.
    »Den neuen Tad Winston Peller«, sagte sie mit einem leichten Achselzucken. »Uber Erdbeben.«
    »Erdbeben!«
    »Ja, an der Ostküste soll es bald ein richtig starkes geben. Peller sagt, daß es Boston und New York auf einen Schlag dem Erdboden gleichmachen wird.«
    »Also, für Boston kann ich meine Hand nicht ins Feuer legen«, sagte Gant, »aber glauben Sie mir: Es wird mehr als ein Erdbeben nötig sein, um diese Stadt zu demolieren - besonders die Teile davon, bei deren Konstruktion ich ein Wort mitzureden hatte. Was wir hier haben, ist die weltweit beste Bausubstanz auf einem der weltweit härtesten Muttergesteine überhaupt.«
    »Sie sind der Boss«, sagte Vanna und berührte eine dekorative Brosche, die am Halsausschnitt ihrer Bluse befestigt war. Ein gepanzerter Kleinbus verließ seine Parkbucht und hielt vor ihnen. Seine Türen öffneten sich, und auf Vannas Kommando stiegen die Mobilen Fernseher einer nach dem anderen ein und setzten sich.
    »Tad Winston Peller«, sagte Gant kopfschüttelnd. »Sie wissen, daß ich selbst nie ein Mann der Feder gewesen bin, und ich kann jemandem, der es geschafft hat, aus Wörtern ein solches Vermögen zu machen, meinen Respekt nicht versagen, aber irgendwie ...«
    »... mögen Sie seine Sachen nicht.«
    »Na ja. Katastrophen eben. Erdbeben, Überschwemmungen, radioaktiv verseuchte Tupperware ... das ist eine ziemlich pessimistische Weltsicht. Ich würde mein Geld lieber dadurch verdienen, daß ich den Leuten eine glückliche Version der Welt verkaufe, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Vanna Domingo geriet nur einen Augenblick aus der Fassung, eine kaum wahrnehmbare Erschütterung, von der Gant nichts mitbekam. Dann setzte

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