Gaunts Geister 5 - Die Feuer Von Tanith
ruhig,
während er sich zu Varl an die Theke gesellte. Kolea war ein massiger Mann, ein
ehemaliger Grubenarbeiter von Verghast, und überragte seinen tanithischen
Kameraden um einiges. Doch nicht seine Größe beunruhigte den
Munitoriumsangestellten, sondern vielmehr sein sanfter Tonfall und die gelassen
dreinschauenden Augen. Varl war kratzbürstig und auf eine aggressive Art direkt
gewesen, aber der Neuankömmling roch nach einem gewaltigen, unter der
Oberfläche brodelnden und mühsam beherrschten Zorn.
»Sag
es ihm, Gol«, sagte Varl.
»Ich
zeige es ihm«, sagte Kolea und winkte mit der Hand.
Gardisten,
allesamt Angehörige der so genannten Geister, kamen mit Munitionskisten in das
Magazin. Sie stapelten sie auf der Theke, bis dort kein Platz mehr war. Dann
fingen sie an, die Kisten auf dem Deckboden zu stapeln.
»Nein,
nein!«, rief der Munitoriumsangestellte. »Wir brauchen zuerst gegengezeichnete
Lieferscheine, bevor Sie die Kisten zurückbringen können.«
»Ich
mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Kolea. »Das lassen wir einfach. Und wir
tauschen diese Kisten einfach gegen Kisten mit Magazinen der Größe drei um.«
»Wir
... wir haben keine Magazine der Größe drei«, sagte der Munitoriumsangestellte.
»Wie
war das?«, rief Varl.
»Man
hat uns nicht ausdrücklich aufgefordert, welche mitzunehmen. Auf Phantine ist
Größe fünf die ...«
»Sagen
Sie nicht Standardversion. Sagen Sie es ja nicht!«, warnte Varl.
»Wollen
Sie damit sagen, das gesegnete und geheiligte Munitorium hat keine Munition für
das gesamte tanithische Regiment?«, fragte Kolea.
»Feth!«,
fluchte Varl. »Wir sollen ... wie heißt das noch mal?«
»Cirenholm«,
half ihm Kolea.
»So
heißt das Kaff. Das sollen wir jedenfalls angreifen, und Sie sagen uns so
etwas? Womit sollen wir denn angreifen?« Varl zog sein tanithisches Messer aus
der Scheide und hielt dem Munitoriumsangestellten die lange, gerade
Silberklinge vor die Nase. »Sollen wir die Stadt etwa damit einnehmen?«
»Wenn
wir müssen.«
Die
Geister nahmen Haltung an. Major Elim Rawne hatte lautlos das Magazin betreten.
»Wir mussten schon Schlimmeres. Wenn tanithisches ehrliches Silber alles ist,
was ich habe, ist es alles, was ich brauche.«
Der
Major sah den Angestellten an. Der schauderte. Rawnes Blick hatte häufig diese
Wirkung. Er hatte mit seinen zusammengekniffenen Augen und der kalten Art etwas
von einer Schlange an sich. Er war schlank, dunkel und gut aussehend und hatte
wie viele Tanither eine Tätowierung. Rawnes war ein kleiner blauer Stern unter
dem rechten Auge.
»Varl,
Kolea ... bringen Sie die Männer wieder in ihr Quartier. Besprechen Sie sich
mit den anderen Truppführem und machen Sie eine Bestandsaufnahme. Ich will
wissen, wie viel brauchbare Munition wir noch haben. Erfassen Sie alles. Lassen
Sie keinen der Männer Sondervorräte in Socken oder Brotbeuteln anlegen. Sammeln
Sie sämtliche Munition ein, damit wir sie gleichmäßig verteilen können.«
Die
Sergeanten salutierten.
»Feygor«,
wandte sich Rawne an seinen finsteren Adjutanten.
»Gehen
Sie mit, und kommen Sie mit den Zahlen wieder zurück. Und lassen Sie sich nicht
den ganzen Tag Zeit dafür.«
Feygor
nickte und folgte den Soldaten nach draußen.
»Und
nun zu uns«, sagte Rawne zu dem Munitoriumsangestellten. »Mal sehen, wie wir
das Problem lösen können ...«
Soldat
Brin Milo, der jüngste Geist, setzte sich auf sein Feldbett und sah den jungen
Mann in der nächsten Koje an.
»Das
ist sehr schön«, sagte Milo, »und es wird dich umbringen.«
Der
andere Mann sah auf, verwirrt und auf der Hut. Er war ein Verghastit namens Noa
Vadim, einer der vielen neuen Geister, die nach der Belagerung der
Vervunmakropole rekrutiert worden waren, um die Reihen des Ersten Tanith wieder
aufzufüllen.
Zwischen
den beiden Lagern gab es immer noch viele Rivalitäten.
Die
Tanither behandelten die neu Aufgenommenen herablassend, und die Verghastiten
nahmen den Tanithern diese Herablassung übel. Tatsächlich verschmolzen sie
langsam. Das Regiment hatte ein paar Monate zuvor die Schlacht um die Schreinwelt
Hagia überstanden und wie im Krieg üblich, hatten Kameradschaft und ein
gemeinsames Ziel die tanithischen und verghastitischen Elemente zu einer
starken Truppe verschweißt.
Trotzdem
trennten Verghastiten und Tanither Welten. Es gab so viele kleine Unterschiede.
Zum Beispiel Akzente — die schroffe, gedehnte Sprechweise der Vervunmakropole
auf der einen und der melodische
Weitere Kostenlose Bücher