Gauts Geister 6 - Tödliche Mission
der letzten Phase der Kämpfe in Ouranberg erlittene Kopfwunde hatte ihn
seines Gedächtnisses und seiner Identität beraubt. Körperlich war er völlig
wiederhergestellt, aber in Gol Koleas Körper wohnte nicht mehr Gol Kolea. Er
war jetzt ein einfacher Soldat, der in seinem alten Trupp unter Criid diente.
Es war eine Tragödie.
»Wie ich sehe, sind die alten Helden und Würdenträger von
Aexegary zurückgekehrt, um im Krieg zu kämpfen«, sagte Hark.
»Herr Kommissar?«
Hark zeigte auf die weißen Steinwürfel unter den Bäumen.
»Diese Sockel. Die Statuen sind entfernt worden. Sogar die Schilder. Zur
Wiederverwertung. Für die Rüstung eingeschmolzen. Wer auf diesen Sockeln
gestanden hat, jault wahrscheinlich gerade als Teil einer Granathülse den
Linien der Shadiks entgegen. Aexegary pfeift aus dem letzten Loch, Caffran.
Seine Mittel sind erschöpft. Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen.«
»Herr Kommissar.«
»Das hoffe ich wenigstens«, fügte Hark hinzu. »Vielleicht
sind sie bereits tot und zucken nur noch. Aber das werden wir wohl bald
herausfinden.«
Sein Tonfall war flapsig, aber die Worte weckten Unbehagen
in Caffran. Niemand will in einen Krieg verwickelt werden, der bereits verloren
ist.
Auf dem Feld bliesen Pfeifen. Sie schauten sich um und
sahen, dass Bewegung in die Lastwagen kam. Aufseher scheuchten Geister auf die
Ladeflächen.
»Auf, auf, marsch, marsch«, sagte Hark, indem er sich
erhob. Er klopfte seinen Mantel ab, während Caffran sich den Rucksack über die
Schulter warf.
»Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte Hark. »Gehen Sie den
Weg ein Stück entlang und sehen Sie nach, ob Sie Nachzügler finden. Ich halte
Ihren Laster für Sie auf.«
»Jawohl, Herr Kommissar.«
Während Hark durch das Gras zur Landezone zurückkehrte,
folgte Caffran dem Weg in der entgegengesetzten Richtung entlang der Hecke und
der Bäume. Er fand Derin und Costin, die an einem Sockel ohne Statue lehnten
und ein Lho-Stäbchen rauchten.
»Zügig«, sagte Caffran. »Wir rücken endlich ab.«
Beide fluchten.
»Und Hark ist auf der Pirsch.«
Derin und Costin traten die Stäbchen aus und nahmen ihre
Ausrüstung. »Kommst du, Caff?«, fragte Derin. »Bin gleich da«, erwiderte er und
folgte dem Weg weiter, während sie zur Sammelstelle zurückkehrten.
Niemand da. Caffran wollte gerade umkehren, als er eine
einsame Gestalt unter einer kleinen Baumgruppe am Rande einer angrenzenden
Wiese sitzen sah.
Als er näher kam, sah er, wer es war: Larkin.
Der Meisterschütze des Regiments war so tief in Gedanken
versunken, dass er Caffran nicht kommen hörte. Er schien dem Rascheln des
Windes in den Blättern der Bäume zu lauschen. Seine Ausrüstung und sein in der
Schutzhülle steckendes Präzisionsgewehr lagen neben ihm im Gras.
Caffran ging langsamer. Larkin war noch nie der geistig
stabilste Tanither gewesen, aber seit Braggs Tod war er besonders zurückgezogen
und abwesend.
Alle hatten Gleich Nochmal Bragg gemocht. Es war schwer,
ihn nicht zu mögen. Freundlich und gutmütig, fast sanft, hatte er seine
berühmte Größe und Kraft mit großer Wirkung für die Handhabung schwerer Waffen
benutzt — ungeachtet seiner mangelnden Zielgenauigkeit, die ihm seinen
Spitznamen eingebracht hatte. Bragg war in Ouranberg Feindfeuer zum Opfer
gefallen, und alle vermissten ihn. Er war scheinbar eines der permanenten
Merkmale des Regiments gewesen, unverwüstlich wie ein Fels. Sein Tod hatte
allen etwas geraubt. Selbstvertrauen vielleicht. Sogar die eifrigsten Geister
glaubten nicht mehr, dass sie ewig leben würden.
Bragg war Larkins bester Freund gewesen. Sie waren ein
besonderes Duo gewesen, der drahtige Scharfschütze und der riesige Kanonier,
wie Clarco und Clop, die Clowns in den imperialen Mysterienspielen. Larkin
hatte der Tod des großen Mannes am schwersten von allen getroffen,
wahrscheinlich deshalb, nahm Caffran an, weil Larkin nicht dabei gewesen war.
Der Scharfschütze hatte an dem Kommandounternehmen
teilgenommen und war schon vor der Hauptstreitmacht in die Stadt geschickt
worden, und als man die Verbindung zu ihm hergestellt und ihn wieder in die
Reihen der Tanither eingegliedert hatte, war Bragg bereits tot gewesen.
»Larks?«, begann Caffran.
Das Messer war sofort da. Larkins tanithisches Kampfmesser,
dessen gerade Silberklinge dreißig Zentimeter lang war. Es tauchte so schnell
auf, als führe Varl einen seiner Taschenspielertricks in der Kaserne vor.
Caffran sah die Klinge und die Furcht in
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