Gears of War - Aspho Fields
Brustschmerzen oder Atemnot verspüren.«
Carlos fand es witzig, dass hier beinahe eine Verwundetenevakuierung abgezogen wurde, nur weil er in einen Meter tiefes Wasser gefallen war, die COG aber kein Problem damit hatte, wenn ihm scharfe Munition um die Ohren flog. Er verbrachte zwei elende Stunden – zwei, er zählte die Minuten – damit, an die Decke des Zeltes zu starren und dem fernen Gefecht zu lauschen.
Als er es hinter sich hatte, ging bereits die Sonne auf und der Arzt gab nach und erklärte Carlos für nicht tot, damit er zur Nachbesprechung zum RV-Punkt gehen konnte. Der befand sich hundert Meter von den Unterkünften der Marinestation entfernt. Über den Drahtzaun wehte ein verführerischer Hauch brutzelnden Frühstücks. Marcus kam zu ihm herübergeschlendert und rieb sich mit dem Handrücken die Nase. Seine Augen waren vom Rauch und Schlafmangel blutunterlaufen.
»Ist nur eine Übung«, sagte er und seine versteiften Schultern zeigten, dass er sich auf einen Streit einstellte.
»Ich hätte weitermachen können. Du weißt das.«
»Schon. Aber ich dachte einfach, es wäre das Risiko nicht wert, dich für einen echten Einsatz zu verlieren.«
Pragmatisch – und wahr. Aber Carlos wusste, dass Marcus wie eines dieser Gedichte der Insulaner gestrickt war, die sich anhörten, als bedeuteten sie etwas ganz Bestimmtes, während man gleichzeitig etwas völlig anderes aus ihnen herauslesen konnte: Carlos’ Beinaheunfall hatte ihn erschüttert. Um seinen eigenen Arsch machte sich Marcus niemals Sorgen. Er sorgte sich immer nur darum, was mit Carlos und Dom geschah. Und andersherum verhielt es sich genauso.
Hinter dem Wort Freund versteckte sich ein ganzer Arschvoll Bedeutungen.
»Klar, wenn du keinen Santiago dabeihast, ist es kein echtes Gefecht«, sagte Carlos.
Das duftende Marine-Frühstück lockte weiter aus der Ferne, unerreichbar und verboten. Den Gears war es nicht gestattet, mit den Fischköpfen herumzuhängen. Sie sammelten sich im Schutz der Bäume und kramten selbsterhitzende Rationen aus ihrem Gepäck. Was immer sie hier trainieren mochten, es stand offensichtlich nicht zur Debatte, auch nicht mit anderen Waffengattungen. Carlos schloss sich wieder der Kompanie an und fühlte sich wie ein Betrüger.
Mataki hockte sich hin, die Fersen am Boden, und schüttete ihren Rationsbeutel aus, um den Inhalt zu vermischen.
»Was haben Sie, Sarge?«, fragte Kaliso.
»Chili-Kotze«, antwortete sie. »Und Sie?«
»Ich glaube, Dünnpfiff mit Scharf.«
»Tauschen?«
Die beiden Insulaner tauschen ihre Mahlzeiten aus. Marcus fing an zu spachteln, ohne auf das Etikett seiner Ration zu schauen.
Carlos fragte sich, was der alte Fenix davon halten würde, wenn er gesehen hätte, wie sein Junge zusammen mit einem Haufen Frontschweine Scheißerationen aß, sich benahm, als käme er aus dem Proll-Viertel der Stadt und nicht aus stinkreichem Haus, und dabei sichtbar und rundum zufrieden war. Marcus gehörte zu den Leuten, die das Leben anpackten. Nur weil er schlau war, bedeutete das noch lange nicht, dass er Lust hatte, sein Leben in einem Labor zu verbringen. Carlos hatte das gleich beim ersten Mal begriffen, als er gesehen hatte, wie Marcus zuschlug. Die Erinnerung daran blitzte manchmal wieder auf und sie erinnerte Carlos daran, dass in Marcus ein verzweifelter Kämpfer steckte, der keine halben Sachen machte.
»Man sollte meinen, die könnten die verfluchten Rampen bis ans Trockene ranschippern«, beschwerte sich Mataki und stocherte mit ihrer Gabel in der Folienschale. »Ich hasse einfach Wasser. Wasser gibt’s aus der Dusche oder im Glas. Flüsse – okay. Größer als Flüsse: drauf geschissen.«
Carlos nahm es als Zeichen des Mitgefühls. »Ich dachte, Sie kämen von den Inseln.«
»Eben«, erwiderte sie. »Die trockenen Flecken. Nicht die Nassen. Ich spring lieber mit dem Fallschirm drüber ab und danke.«
Die Nachbesprechung wurde an Ort und Stelle abgehalten, zusammengekauert zwischen den Bäumen, während ein eisiger, an Graupel grenzender Regen einsetzte. Stroud hatte ihre Tochter mitgebracht, vermutlich, um sie nach der bequemen, beschleunigten Ausbildung an der Akademie abzuhärten. Hinter ihr trottete noch ein anderer junger Kadett her, aber Carlos wusste nicht, wer es war. Zur Familie gehörte er schon mal nicht. Im Umgang mit Anya ließ Stroud nie durchblicken, dass sie ihre Tochter war. Sie verhielt sich nicht ablehnend oder grob, nur … distanziert und professionell. Es erinnerte
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