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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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doch kannte, die von DLS ausging? Eine Antwort interessierte sie jedoch am brennendsten.
    »Wohin soll ich gehen, Mom?«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht, wo ich hinsoll.«
    Sie wusste, was Lumina erwidern würde. Das ist eine Frage, die du dir selbst beantworten musst, Singvogel.
    Aria schloss die Augen.
    Sie wusste, dass sie sie beantworten konnte. Sie wusste, wie man einen Fuß vor den anderen setzte, auch wenn jeder Schritt schmerzte. Und sie wusste, dass die Reise dornenreich werden, aber auch Momente einzigartiger Schönheit bieten würde. Sie hatte diese Schönheit auf Dächern gefunden, in grünen Augen und selbst in kleinen, unansehnlichen Steinen. Sie würde die Antwort finden.
    Aria beugte sich dichter über das Gesicht ihrer Mutter. Leise sang sie die Arie aus Tosca , wobei ihre Stimme stockte und brach, doch sie wusste, dass es darauf nicht ankam. Diese Arie – ihre Arie – hatte sie Lumina versprochen, also sang sie sie jetzt.
    Als sie geendet hatte, glitt die Tür auf. Drei Wachleute betraten die Kammer.
    »Einen Augenblick noch«, sagte sie. Sie war noch nicht bereit, sich zu verabschieden. Würde sie jemals dazu bereit sein?
    Doch einer der Männer schloss den Reißverschluss des Sacks mit einem raschen Ruck und schob die Bahre dann hinaus, während die beiden anderen Wachen zurückblieben.
    »Gib mir dein Smarteye«, sagte der Wächter, der ihr am nächs­­ten stand. Hinter ihm hob der andere Wachmann einen weißen Stab, von dem ein sirrendes elektrisches Geräusch ausging.
    Instinktiv stürzte Aria zur Tür.
    Aber der Wachmann mit dem Stab versperrte ihr den Weg.
    Ein Licht blitzte vor ihren Augen auf – und dann wurde alles schwarz.

Peregrine   | Kapitel Zweiundvierzig
    Perry brachte es nicht fertig, zu gehen. Er blieb auf seinem Aussichtspunkt und wartete darauf, dass sie zurückkehrte. Was war passiert? Hatte sie Lumina gefunden? Ging es ihr gut? Er beobachtete, wie die Wachleute das Licht unten reparierten. Er sah, wie sie in die Rettungsstation zurückkehrten und wie die Nacht wieder ruhig wurde.
    Aria kam und kam nicht, und irgendwann wurde ihm klar, dass sie auch nicht mehr kommen würde.
    Er wirbelte herum, rannte los und stürmte in die Dunkelheit hinein. Eigentlich hätte er sich gen Westen halten sollen, in Richtung seines Heimatdorfes. Doch seine Schritte folgten einer Rauchfahne, die der Wind ihm zutrug. Bald sah er den Lichtschein eines Feuers durch die Bäume flackern und hörte die sanften Klänge einer Gitarre sowie Männerstimmen. Beim Näherkommen zählte er sechs Männer, die sich um das Feuer versammelt hatten.
    Als sie ihn erblickten, verstummte die Gitarre. Perry zog Talons Messer aus dem Gürtel. Er hielt es ihnen entgegen, worauf einige der Männer auf die Beine sprangen. »Ein Handel. Im Tausch gegen etwas zu trinken.« Er deutete mit dem Kopf auf die Flaschen neben dem Feuer.
    »Ein schönes Messer«, sagte einer der Männer. Er wandte sich einem anderen zu, der am Feuer sitzen geblieben war – ein Mann mit einem Zopf und einer langen Narbe, die sich von einem Nasenloch bis zu seinem Ohr erstreckte.
    Nachdenklich musterte er Perry und befahl dann: »Schließ den Handel ab.«
    Perry gab ihnen das Messer. Er wollte es samt all den Erinnerungen loswerden, die es barg. Dafür bekam er zwei Flaschen Luster – eine mehr, als man an einem einzigen Abend trinken sollte. Er schnappte sie sich und entfernte sich vom Feuer. Der Gitarrenspieler nahm sein Lied wieder auf. Perry stellte die Flaschen neben sich. Heute Abend würde er sich seinen Vater zum Vorbild nehmen.
    Eine Stunde später stand die erste Flasche leer neben ihm. Sie schwankte auf dem unebenen, dreckigen Boden hin und her, wie von einer unsichtbaren Welle getragen. Perry öffnete die zweite Flasche. Er hätte wissen sollen, dass es nicht reichen würde – sein Körper war zwar betäubt, aber der Schmerz tief in seinem Innern blieb. Aria war fort, und daran würde kein Luster etwas ändern.
    Der Mann mit dem Zopf warf ihm über das Feuer hinweg immer wieder Blicke zu. Na, komm schon , bat Perry stumm, während er die Hände zu Fäusten ballte. Steh auf. Bringen wir es hinter uns.
    Doch der Zopf brauchte noch ein paar Minuten, bis er zu ihm herüberkam. Er näherte sich Perry bis auf einen Meter und hockte sich auf die Fersen. »Ich hab von dir gehört«, setzte er an. Er wirkte stämmig, geradezu massig, aber Perry spürte, dass er schnell sein konnte wie ein Wiesel. Die Narbe zog eine tiefe Furche

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