Gebieter des Sturms (German Edition)
Welpen zu treten«, stimmte er zu. Er kramte einen Geldclip aus seiner Tasche und reichte ihr ein Bündel Scheine.
Ihre rotblonden Augenbrauen zuckten, als sie das Geld flüchtig durchzählte. »Ihnen ist klar, dass Sie mir gerade fünftausend Dollar gegeben haben, ja?«
»Was?«, fragte er mit einem finsteren Blick. »Ist das nicht genug?«
»Doch, ich würde sagen, es sollte reichen.« Mit einem Grinsen wandte sie sich zum Gehen.
»Warten Sie!«, sagte er. Als die Polizistin innehielt und ihn fragend ansah, rieb er sich den Nacken und starrte auf den Teppich, während er sich in seinem Kopf einen Weg durch die fremden Begriffe zu bahnen versuchte, die mit weiblichem Firlefanz zu tun hatten. »Sie mag hübsche Kleidung. Und Lippenstift, sie mag Lippenstift und lange Ohrringe und so was, in zusammenpassenden Farben. Und Schokolade – können Sie ihr eine Schachtel Pralinen kaufen? Vielleicht könnte etwas davon als Geschenk verpackt werden?«
Rogers’ Blick wurde weicher. Tiagos Gesicht verfinsterte sich, als die Polizistin ihm ein freundliches Lächeln schenkte, bei dem sich Falten in ihren Augenwinkeln zeigten. Sie fragte: »Sonst noch etwas?«
Er legte die Stirn in Falten, während er nachdachte. Was war das für Zeug gewesen, das Dragos’ Gefährtin während ihrer Genesung bekommen hatte? Also, abgesehen von dem Diamantring und dem Scheiß. »Frauenfirlefanz–Magazine«, murmelte er. »Sie wissen schon, Mädchenkram halt.«
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht lieber selbst für sie einkaufen gehen möchten?«
Sein Blick fuhr hoch und begegnete dem von Rogers; er schüttelte den Kopf. Wenn nicht irgendwo das Wort halb automatisch vorkam, fehlten ihm jegliche Entscheidungskriterien. »Ich lasse sie nicht allein«, sagte er. »Sie werden das erledigen müssen. Ich bin sicher, Sie werden eine gute Wahl treffen. Achten Sie nur darauf, dass es hübsch ist!«
»Das werde ich«, versprach sie. »Das Hotel ist von den besten Geschäften und Kaufhäusern Chicagos umgeben. Ich bleibe in der Nähe und bin bald zurück.«
»Tun Sie das«, sagte er.
Als Niniane zum zweiten Mal einschlief, taumelte sie zurück in die tiefe, traumlose Ruhe der völligen Erschöpfung.
Dann wandte sie den Kopf. Was war das für ein Geräusch? Sie sah sich um. Sie stand in einem der vielen Flure im Palast der Dunklen Fae, seine schlichte, elegante Vertrautheit wirkte in der dunklen, blauschattigen Nacht fremd. Ein voller Mond schien durch hohe Fenster und warf einen silbrigen Schimmer auf die dunklen, schweren Möbel.
Ein einzelnes Paar gemächlicher Schritte hallte durch die stillen Flure, ein ruhiges und doch bestimmtes Klacken von Stiefelabsätzen auf hartem, poliertem Boden. Es war ein kleines, gewöhnliches und völlig groteskes Geräusch. Der Tod schritt durch ihr Zuhause und ließ niemanden am Leben. Furcht und Adrenalin durchströmten sie, ließen ihre Glieder zittern und ihren Mund austrocknen. Der Verursacher dieser Schritte war auf der Jagd nach ihr.
Sie musste rennen. Sie musste aus diesem Leichenhaus fliehen, das einmal ihr Zuhause gewesen war, aber sie konnte sich nicht an den Weg nach draußen erinnern. Sie rannte den Flur hinunter, leise, auf bloßen Füßen, und suchte wie wild nach einem Weg aus diesem Gebäude. Dann schlitterte sie in einen See aus warmem, klebrigem Blut und fiel auf Hände und Knie. Es war das Blut ihrer Zwillingsbrüder. Sie sah auf. Ihre kleinen, leblosen fünfjährigen Körper lagen in einer Ecke, achtlos weggeworfen wie Puppen, mit denen niemand mehr spielen wollte.
Es gab so viele Fenster. Dahinter sah sie die vertrauten silbernen Linien der hügeligen Landschaft, aber sie wagte nicht, die Scheiben einzuschlagen, denn das würde Lärm machen und die Aufmerksamkeit des monströsen Etwas auf sie lenken, das in den Schatten Jagd auf sie machte. Sie fand keine Tür. Sie kannte sich hier aus. Warum konnte sie sich nicht daran erinnern, wo die Türen waren?
Die Schritte kamen näher. Eine kühle magische Energie geisterte durch die Räume. Sie ringelte sich um die Möbel, schlüpfte unter Türen hindurch und nahm ihr die Luft zum Atmen wie die Schlingen einer Königsboa, die sich um ihre Beute wickelt. Sie stolperte in einen Wandschrank und kämpfte sich zwischen Kleidungsstücken hindurch, um zur Rückwand zu kommen. In der erstickenden Dunkelheit sank sie zu einer zitternden Kugel zusammen, und ganz hinten in ihrer Kehle ballte sich ein Schrei zusammen. Aber sie durfte kein Geräusch machen.
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