Gebieter des Sturms (German Edition)
nachbohren, doch dann lächelte er leicht. »Na schön! Glaubst du, dass du allein duschen kannst, oder bist du zu zittrig?«
»Ich werde es hinkriegen«, knurrte sie und zog das Laken enger an ihre Brust.
»Okay«, sagte er hinreichend sanft. »Ich mache frischen Kaffee und bestelle etwas zu essen. Ruf mich, wenn du etwas brauchst!«
»Das werde ich nicht«, sagte sie. »Was brauchen, meine ich.«
»Genau.« Er betrachtete sie noch einen Augenblick lang, als wäre sie ein Kunstwerk in einem Museum, das er nicht verstand. Dann stand er auf und ging hinaus. Wieder ließ er die Schlafzimmertür ein Stück offen.
Schwankend kam sie auf die Füße und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, bis sie sicher war, nicht ohnmächtig zu werden. Als sie sich gefestigt genug fühlte, ging sie zur Schlafzimmertür und machte sie zu. Sie nahm einen der Hotelbademäntel mit ins Badezimmer, schloss die Tür hinter sich ab und duschte. Der Arzt hatte ihre Wunde mit einem wasserfesten Verband abgedeckt. Wenn sie nicht darauf achtete, sich vorsichtig zu bewegen, spürte sie einen stechenden Schmerz in der Seite, aber sonst hatte sie so gut wie keine Probleme.
Danach putzte sie sich die Zähne und betrachtete sich dabei im Spiegel. Die dramatischen violetten Ringe unter ihren Augen waren zu dunklen Flecken verblasst. Nach einer flüchtigen Kontrolle ignorierte sie ihr deprimiertes Gesicht. Es gab ohnehin nichts, was sie gegen ihr Aussehen hätte tun können. Sie durchkämmte ihr feucht schimmerndes Haar mit den Fingern, schlüpfte in den Bademantel und ging ins Wohnzimmer.
Bei ihrer Ankunft hatte sie sich nicht viele Einzelheiten einprägen können, und so nahm sie sich nun einen Augenblick Zeit, um die subtile Einrichtung zu würdigen, bevor sie sich an einem Ende des Sofas zusammenrollte. In ihrem einfachen Farbschema aus Blau- und Hellbrauntönen war die Suite schlicht, aber gut ausgestattet, mit kräftigen, bequemen Möbeln in schöner Linienführung, Tischen aus dunklem Holz und Lampen, die indirektes Licht spendeten.
Sie befanden sich in einer Businesssuite, die für Aufenthalte von mehreren Tagen oder Wochen ausgelegt war und über eine kleine Küche verfügte. Das jedenfalls entnahm sie dem, was Scott zuvor gesagt hatte, und dem, was sie von ihrem Sitzplatz aus sehen konnte. Im Vergleich zu dem 30 000-Dollar-pro-Nacht-Dach-Penthouse, in dem sie mit der Delegation der Dunklen Fae gewohnt hatte, wirkte die Suite ziemlich klein. Mit seinen sechs Schlafzimmern nahm das Penthouse die gesamte oberste Etage des Hotels ein, und zur Ausstattung gehörten eine komplette Küche mit Personal, ein Dachgarten, ein Schwimmbad, eine Bibliothek, ein original Tiffany-Buntglasfenster und ein Konzertflügel in dem von Kristallleuchtern erhellten Foyer. Es war gewaltig und luxuriös, aber sie mochte die Behaglichkeit und Funktionalität dieser Suite lieber.
Das Wohnzimmer wirkte etwas durcheinander. Neben der Tür zum Schlafzimmer stand ein Tisch mit einem Laptop und einem Stuhl. An einer Wand stapelten sich Einkaufstüten. Waffenteile lagen säuberlich auf dem Couchtisch aufgereiht. Es sah aus, als hätte sie Tiago beim Reinigen seiner Waffe unterbrochen.
Im Fernsehen liefen die Kurznachrichten. Dem unteren Bildrand des Flatscreens zufolge war es fünf Uhr morgens. »Fünf Uhr«, murmelte sie. »Kein Wunder, dass sich mein Körper immer noch beschwert. Ich bin allergisch gegen frühe Morgenstunden, aber ich konnte nicht länger im Bett bleiben.«
Tiago kam mit zwei dampfenden Kaffeetassen auf sie zu. »Was für ein mürrisches kleines Äffchen du bist«, sagte er, als er ihr eine Tasse reichte. »Bist du immer so, wenn du aufwachst?«
»Wenn ich um fünf Uhr früh aufwache, ja«, erklärte sie. Sie vergrub die Nase in ihrem Becher und atmete das volle Aroma ein. Als er sich neben sie aufs Sofa setzte, nahm sie den Kaffee als Vorwand, um ihn nicht ansehen zu müssen. »Hast du überhaupt geschlafen?«
»Nein, ich bin zu beschäftigt«, sagte er.
Sie sah ihn von der Seite an, während sie an ihrem heißen Kaffee nippte. Womit beschäftigt? Er saß so nah bei ihr, dass sie seinen sauberen, männlichen Duft riechen und die Wärme seines muskulösen Oberschenkels unter seiner Jeans spüren konnte. Er schien ausgeruht genug, sogar entspannt, während sie sich Mühe geben musste, nicht herumzuzappeln.
Sie fühlte sich elend, als wäre sie innerlich völlig verknotet. Von Natur aus war sie ein herzliches Wesen, ein körper- und
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