Gebieter des Sturms (German Edition)
waren. Er hatte nicht viel mehr herausbekommen, als er bereits wusste, aber Gründlichkeit zahlte sich immer aus. Dann hatte er einen Blick in Clarence JoBe’s Strafregister geworfen, das größtenteils voll mit Kleinscheiß war, darunter Einbrüche und Raubüberfälle, und Tiago hatte sich seine Adresse eingeprägt. Nachdem er sich von Rogers getrennt hatte, war er losgezogen, um Clarence’ Hütte zu checken, und dann hatte er sich auf die Suche nach Clarence selbst gemacht.
Das Leichenschauhaus zu überprüfen, war der letzte Punkt auf seiner Liste gewesen. Er wollte die Leichen mit eigenen Augen sehen und so viele Informationen wie möglich beschaffen. Danach wollte Tiago zum Hotel zurückkehren, und nichts, weder die abartigen Vampyre noch die ach so schnippische Delegation der Dunklen Fae, nicht einmal Niniane selbst, würde ihn davon abhalten, ein Wörtchen mit ihr zu reden – oder vielleicht auch drei oder vier.
Der Raum, in dem sie sich befanden, war zweckmäßig eingerichtet und voller Stahl und Beton, der mit Industrielack gestrichen war. Die hohen Schränke in einer Ecke mussten magische Werkzeuge enthalten, denn sie strahlten magische Energie aus. Natürlich gab es keine Fenster. Tiago war schon in zahlreichen Leichenschauhäusern gewesen – einmal sogar im ursprünglichen Cook-County-Leichenhaus – und er verabscheute sie alle. Die Autopsien an den Leichen der drei Dunklen Fae waren abgeschlossen. Sie waren in Schubladen verstaut worden, wo sie auf die Freigabe für eine Verbrennung oder ein Begräbnis warteten. Die drei Wyr wurden noch obduziert. Zur Hälfte von Laken bedeckt, lagen ihre Leichen auf Tischen.
Tiago strich um die Tische und betrachtete die Männer mit krausgezogener Oberlippe. Der eine – oh ja, an den erinnerte er sich. Der Wyr war an stumpfer Gewalteinwirkung auf den Kopf gestorben. Die Einwirkung war Tiagos Stiefelabsatz gewesen, der auf ihn herabgesaust war. Eine Gesichtshälfte des Wyr war jetzt eingedrückt, aber auf der anderen Seite war genug übrig, um eine Vorstellung von seinem Aussehen zu vermitteln.
Rune tat immer noch so, als würde er Dr. Meduse Wie-heißt-sie-noch anmachen, doch telepathisch sagte er zu Tiago: Erkennst du einen dieser Herren, T-Bird?
Nur von dem Angriff, sagte Tiago. Und du?
Nee. Sind mir alle neu.
Autopsien mit magischen Mitteln durchzuführen, hatte unter anderem den Vorteil, dass der Untersuchende einen Desinfektionszauber anstelle von Chemikalien benutzen konnte. Es war eine schwierige Entscheidung und hing von den Kräften ab, die an einem Todesfall beteiligt waren, denn diese Zauber konnten jegliche Überreste magischer Energien zerstören, die möglicherweise wichtige Hinweise geliefert hätten. Sie konnten sogar einen toxischen Effekt haben, wenn bestimmte Arten verschiedener magischer Energien zusammenkamen.
Bei diesen Spaßvögeln war es nicht allzu kompliziert. In Tiagos Augen war die Ursache Tod durch Dummheit. Wer zum Geier hatte jetzt noch immer nicht kapiert, dass Niniane unter Schutz stand und vom Lord der Wyr unterstützt wurde?
Die wichtigste Frage bei diesen Autopsien war, wie die gewonnenen Informationen zur Aufklärung der Angriffe beitragen konnten. Dr. Meduse Wie-heißt-sie-noch war vorausschauend gewesen. Sie wusste, dass die Wyr reges Interesse an den Abläufen haben würden, und hatte den Autopsieprozess von verunreinigenden Gerüchen freigehalten. Tiago fand in einem Eckschrank eine Schachtel mit Handschuhen und streifte sich ein Paar über. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr; die Meduse hatte einen plötzlichen Schritt vorwärts gemacht. Selbst ihre Kopfschlangen wirkten alarmiert. Rune legte der ängstlich dreinblickenden Gerichtsmedizinerin beruhigend eine Hand auf den Arm und lächelte sie an.
»Ist schon gut«, erklärte ihr Rune. »Tiago weiß, was er tut. Er wird nicht in Ihren Ergebnissen herumpfuschen.«
Sie nickte, obwohl sie unsicher wirkte. Beide verstummten und sahen Tiago bei der Untersuchung der Leichen zu. Die visuelle Prüfung ergab nichts, was er nicht bereits wusste. Eine Geruchsprüfung war komplizierter, da die Leichen verschiedene Schichten von Gerüchen angesammelt hatten. So sorgfältig man am Tatort auch vorging, ein gewisses Maß an Geruchsverunreinigung trat immer auf. Neben ihren individuellen Noten hafteten an diesen Leichen die Gerüche der Orte, an denen sie sich zuletzt aufgehalten hatten, einschließlich der Stelle, an der sie gestorben waren, sowie Rückstände der
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