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Gebieter des Sturms (German Edition)

Gebieter des Sturms (German Edition)

Titel: Gebieter des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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Gerichtsmedizinerin hatte einen blassen, cremigen Grünton, der einige Nuancen heller war als ihre Schlangen, und war mit einem schwachen, schillernden Muster überzogen, das an die Haut einer Schlange erinnerte. Die Pupillen in ihren blaugrünen Augen waren senkrechte Schlitze, und als sie die beiden Wächter, die ihr dicht auf den Fersen folgten, über die Schulter anblickte, schnellte eine Nickhaut vor.
    »Wie in den anderen Leichenschauhäusern im Bezirk ist in meiner Abteilung nicht annähernd so viel los wie im Hauptleichenschauhaus«, sagte sie. Einige ihrer Kopfschlangen blickten die beiden Wächter um ihre Taille herum und über ihre Schulter hinweg an und prüften neugierig züngelnd den Geschmack der Luft. »Für uns ist es ein großes Ereignis, wenn wir sechs Leichen nacheinander reinbekommen. Im Hauptleichenschauhaus werden pro Jahr etwa fünftausendzweihundert Autopsien durchgeführt, und normalerweise verbringe ich die Hälfte meiner Zeit mit der Arbeit dort. Wir haben schon Glück, wenn wir zweihundert zu sehen bekommen.«
    »Glück?« Rune zog eine seiner gepflegten goldbraunen Augenbrauen hoch. Der Greif ließ der Meduse gegenüber seinen männlichen Charme spielen. Wie jedes andere weibliche Wesen, das Tiago je in Runes Nähe gesehen hatte, verfiel sie ihm voll und ganz.
    »Nun ja, vielleicht ist ›Glück‹ nicht ganz das richtige Wort, aber Sie wissen, was ich meine.« Sie lächelte Rune mit großen Augen an und strich sich einige Schlangen hinter die Schulter. Sie trat durch eine Doppelschwingtür, und Rune und Tiago folgten ihr. »Wie Sie sicherlich wissen, werden die meisten Todesfälle bei Alten Völkern nicht einmal der Gerichtsmedizinischen Behörde gemeldet. Viele davon ereignen sich in Anderländern, oder sie werden direkt von den jeweiligen Reichen untersucht. Die Fälle, die bei mir landen, sind meistens Menschen, bei denen es in irgendeiner Form zu einem Austausch oder einer Entladung magischer Energie gekommen ist. Das hier hat uns in mehrfacher Hinsicht ganz schön aufgerüttelt.«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Rune. »Politisch ebenso wie medizinisch.«
    »Genau«, sagte die Meduse.
    Bei Runes und Tiagos Ankunft im Leichenschauhaus hatte die Meduse Tiago erschrocken angesehen und die latente Bedrohung, die wie Quecksilber durch seinen Körper floss, ebenso registriert wie die dunkle Sonnenbrille und die blanke Aggression, die in seine kräftigen Gesichtszüge eingestanzt war. Dann hatten sich ihre Nickhäutchen geschlossen, und seitdem gab sie sich alle Mühe, ihren Blick in andere Richtungen als seine zu lenken.
    Tiago hatte damit kein Problem. Die Unterhaltung zwischen dem Greifen und der Ärztin war seiner Ansicht nach nur weiteres Scheißblabla. Der Erste Wächter stand in lässiger Haltung da, die Daumen in die Gesäßtaschen seiner Jeans gehängt, während er mit Telemar plauderte.
    Tiago ließ sich von Rune den Rücken freihalten. So hatte er den Kopf frei, um sich auf die schon vorhandenen Puzzleteile zu stürzen und mit dem zu ringen, was in ihm wütete. Er hatte die Bestie nur notdürftig unter Kontrolle, es fehlte nicht viel, um das Fass erneut zum Überlaufen zu bringen, und ihm war klar, dass Rune das wusste. Rune hielt seine Körpersprache beiläufig und entspannt, aber irgendwie schaffte er es, immer zwischen Tiago und anderen Leuten zu stehen.
    Endlich hatte Aryal Rune eine SMS geschickt, um ihn wissen zu lassen, dass sie bei Niniane war und dass es der Fee gut ging. Doch Aryal war nicht gerade dafür bekannt, in Mädchendingen besonders bewandert zu sein. Was bedeutete okay für die Harpyie? Dass sie kein arterielles Blut spuckte? Zur Hölle, nach diesem Maßstab war sie auch okay gewesen, als Tiago sie zurückgelassen hatte. Er hatte gewusst, dass sie unter Carlings Schutz physisch sicher war. Aber mental und emotional – das waren zwei ganz andere Angelegenheiten.
    Das Bedürfnis, zu Niniane zurückzukehren, nagte an ihm. Jede Minute, die er getrennt von ihr verbrachte, war eine Qual. Jedes Mal, wenn er vor seinem geistigen Auge sah, wie sie vor ihm weggezuckt und leblos geworden war wie eine kleine Puppe, bekam er eine Art posttraumatische Scheißbelastungsstörung, und das war verdammt noch mal schon Stunden her.
    Es half, einen Plan zu haben. Es gab einige Dinge, die er erledigen wollte. Er hatte Cameron Rogers aufgetrieben, und sie waren zur nächsten Polizeiwache gegangen, um die Berichte durchzusehen, die zu den beiden Angriffen ausgestellt worden

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