Geboren in Atlantis
Lokal. Schmutzige Scheiben, eine Tür, die aussah, als hätte jemand des öfteren dagegen getreten und ein Publikum, das man normalerweise vergessen konnte. Wer hier verkehrte, der hatte einige Jahre Zuchthaus auf dem Buckel, der war nicht pingelig und löste Probleme zumeist mit den Fäusten.
Suko war mit einem Taxi hergefahren. Nach dem Aussteigen war der Fahrer so schnell wie möglich wieder verschwunden. Innerhalb von zehn Minuten hatte Suko jeweils zwei Streifenwagen am Lokal vorbeifahren sehen. Auch die uniformierten Kollegen wussten, was mit dieser Kneipe los war.
Im Hintergrund ragten drei Schornsteine in den Himmel. Aus ihren Öffnungen quoll grauer Qualm, der sich über den Häusern, den Hallen und anderen Schlupfwinkeln verteilte, aber auch in den oberen Luftschichten Hunderte von Kilometern weit transportiert wurde. Autos, die vorüberfuhren, gehörten nicht gerade zu den neuesten Jahrgängen. Frauen, die in dieser Ecke verkehrten, gingen samt und sonders auf den Strich.
So war das nun mal, und Suko, der auf dem Gehsteig mit dem schmutzigen und an einigen Stellen aufgerissenen Pflaster hin-und hermarschierte, wurde des öfteren scharf angesehen, ob er sich vielleicht als Beute eignete. Man hatte ihn einmal angehauen. Es war eine Frau mit desillusionierenden Blicken gewesen, doch Suko hatte nur die Schultern gehoben und dafür gesorgt, dass sie weiterging.
Aus der Kneipe drangen laute Geräusche, was daran lag, dass die Tür geöffnet worden war und zwei Männer ausspie, die aussahen wie Typen, die in den Tag hineinlebten und immer auf der Suche nach einer Chance waren, an leichtes Geld zu kommen.
Einer klimperte mit Münzen, als er sich auf Suko zubewegte. »Kleines Spielchen, Chinese?«
»Nein.«
Der Kerl grinste. Sein dünner Oberlippenbart nahm an Breite zu. »Wir wollen aber.«
»Spielt alleine.«
»Nein.«
»Haut ab!«
Der zweite griff in die Tasche seiner Kunstlederjacke. Er war dürr und hohlwangig. Dass er keine Streichhölzer hervorholen würde, war klar. Suko sah etwas schimmern und schlug sofort zu.
Der Dürre bekam einen Schreikrampf. Er ging zurück, das Messer lag am Boden. Suko hob es blitzschnell auf, steckte die Klinge in einen Spalt und kantete die Waffe nach rechts. Mit einem singenden Geräusch brach die Klinge ab.
Den zweiten Kerl schleuderte Suko im Hochkommen bis gegen die Hauswand zurück. Alles war so schnell gegangen, dass kaum ein Zeuge davon etwas mitbekommen hatte.
»Wollt ihr noch immer spielen?«
Die beiden starrten den Inspektor an. Es musste an seiner Stimme und an seinem Blick gelegen haben, dass sie die Köpfe einzogen und sich zurückzogen.
Suko war froh, die Sache so relativ leicht aus der Welt geschafft zu haben. Große Aufmerksamkeit wollte er nicht erringen. Er rechnete sowieso damit, dass man ihn unter Kontrolle hielt, weil seine Warterei nicht herpasste.
Er wandte sich wieder der Straße zu und sah erst jetzt, dass dort ein Fahrzeug angehalten hatte, ein älteres BMW-Coupé, in dem eine dunkelhaarige Frau saß, über deren Haare ein bordeauxroter Schimmer floss. So hatte John Sinclair Lulu beschrieben.
Suko ging auf das Fahrzeug zu, dessen Fahrerscheibe nach unten gekurbelt war. Das Gesicht dahinter verzog sich zu einer bitterbösen Grimasse. »Hau ab, such dir 'ne andere.«
Suko dachte nicht daran. Er stemmte seine Handflächen auf das Wagendach. »Ich will keine andere. Ich bin extra Ihretwegen gekommen.«
»Ich bin verabredet, Mann.«
»Weiß ich.«
»Gut, dann zieh Leine.«
»Mit John Sinclair, nicht?«
Das Puppengesicht der Frau fror ein. Große Augen musterten Suko mit erstaunten Blicken. »Ach, was soll das denn wieder bedeuten, Macker?«
»Ich bin an Johns Stelle gekommen.«
»Und?«
»Hier, Lulu.« Suko hatte seinen Ausweis hervorgeholt und hielt ihn in lesbare Nähe.
Das Mädchen atmete durch die Nase. »Nun ja, das ist wohl etwas anderes, wie ich finde. Wann kommt Sinclair denn?«
»Gar nicht.«
Sie stöhnte wütend und schlug mit der Hand auf den Lenkradring.
»Dieser Bulle hat mich hängen lassen.«
»Nein, wir werden die Fahrt gemeinsam unternehmen.« Suko ging um den Wagen herum. Bevor sich Lulu noch von ihrer Überraschung hatte erholen können, saß er schon neben ihr auf dem Sitz des Beifahrers und lächelte ihr zu.
»Was soll das?«
»Wie ich schon sagte, Lulu. Wir beide…«
»Ich habe Sinclair erwartet.«
»Er kann nicht, ich bin sein Freund und Kollege, zudem in alles eingeweiht. Seien Sie froh, dass
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