Geboren in der Hölle
fuhr Johnny einen Roller. Selbst hier im Wohnzimmer hörten wir den Motor und dann das immer leiser werdende Geräusch, als der junge Conolly davonfuhr.
Bill kochte vor Wut. Sheila kehrte mit steifen Schritten zurück. Sie hatte die Stirn in Falten gelegt und schüttelte einige Male den Kopf. »Ich kann ihn nicht halten«, beschwerte sie sich. »Es ist einfach unmöglich. Er macht, was er will.«
»Vergiß nicht, daß dein Junge so gut wie erwachsen ist«, sagte Suko, der sich zuvor nicht in den Streit eingemischt hatte.
»Das weiß ich. Er hat den gleichen Dickkopf wie sein Vater. Ich glaube auch nicht, daß er uns die Wahrheit erzählt hat. Aber hätten wir ihn festbinden sollen?«
»Nein«, sagte ich. »Das geht natürlich nicht. Aber wir können etwas anderes tun.«
»Was denn, John?«
Ich wandte mich an Bill. »Kennt ihr die Familie Shayne?«
»Nein, warum?«
»Es ist vielleicht besser, wenn wir mit den Eltern sprechen. Ich dachte, daß du oder Sheila…«
»Wir haben sie nicht gesehen.«
»Dann werde ich sie anrufen. Offiziell. Als Polizist. Schließlich ist ihre Tochter umgebracht worden. Da liegt es auf der Hand, daß die Polizei Fragen hat.«
»Die Idee ist nicht schlecht«, gab der Reporter zu. »Ich hoffe nur, daß die Shaynes auch über das Privatleben ihrer Tochter informiert gewesen sind.«
»Das wird sich heraussteilen.«
Während Bill die Telefonnummer heraussuchte, wandte sich Sheila an Suko und mich. »Wie kann sich jemand nur mit Cigam abgeben? Das verstehe ich nicht. Man muß doch gewußt haben, daß er kein Mensch ist, sondern mehr ein Teufel.«
»Möglicherweise ist das eben der Reiz daran«, sagte ich.
»Das ist mir unverständlich«, flüsterte sie. »Wer Cigam sieht, der muß wissen, daß…« Sie schüttelte sich, denn Sheila wußte ebenfalls, wie dieses Kunstwerk des Teufels aussah. Cigam war der Wahnsinn, der sich auf zwei Beinen bewegte, der keine Gnade kannte und alles, was ihn störte, vernichtete.
Es hatte eine Verbindung zwischen der toten Sandy Shayne und ihm gegeben. Wie sie zustande gekommen und wie stark sie war, darüber konnten wir nichts sagen.
Bill kehrte mit dem Telefon zurück. Er hatte sich zwar noch immer nicht beruhigt, aber das Gesicht sah nicht mehr so rot aus. Er schüttelte den Kopf und machte uns sowie sich selbst Vorwürfe, Johnny allein gelassen zu haben.
»Die Nummer«, bat ich ihn.
»Ah ja, sofort.«
Er diktierte sie mir. Ich tippte sie ein und war gespannt, ob wir einen Schritt weiterkamen.
Jemand hob ab. Eine Männerstimme meldete sich, die sich anhörte, als litte sie unter einer schweren Last. Ich stellte mich vor und erkundigte mich, ob ich mit Mr. Shayne verbunden war.
»Ja, das sind Sie. Ich werde nichts sagen, was immer Sie mich auch fragen. Ich kenne euch Trickser von der Presse. Ihr wollt nur Informationen erhalten und…«
»Ich bin Yard-Beamter.«
»Das kann jeder sagen.«
»Erkundigen Sie sich.«
Er wollte nicht.
Es ging hin und her, und schließlich konnte ich ihn überzeugen, auch ohne daß er beim Yard zurückgerufen hatte. Als er hörte, daß ich seine tote Tochter gesehen hatte, begann er zu weinen. Er fragte aber nicht, wie sie ausgesehen hatte. Ich hätte bei einer Antwort dann lügen müssen.
»So«, sagte ich, »Sandys Tod ist nicht mehr rückgängig zu machen. Es tut mir leid, sehr leid, aber wir müssen jetzt alles daransetzen, um den Mörder zu finden.« Ich hatte immer in die heftigen Atemzüge des Mannes hineingesprochen, der natürlich unter einem wahnsinnigen Druck stand. Er konnte sich auch nicht vorstellen, daß es einen Menschen gab, der eine Person wie Sandy umbrachte, aber das brachte mich auf eine andere Idee.
»Hatte sie denn Feinde?«
Ein Schrei oder ein Lachen erreichte mein Ohr. »Feinde? Sandy? Nein, die hatte keine Feinde. Sie war super. Das gleiche hat mich schon ein Kollege von Ihnen gefragt.«
»Hieß er Tanner? «
»Ich glaube.«
»Und Sie können nicht sagen, ob sie Feinde hatte?«
»Nein. Das kann ich auch nicht glauben. Sandy war beliebt. Ja, sie war so etwas wie ein Sonnenschein. Sie sah toll aus. Viele waren hinter ihr her und…«
»Pardon, daß ich Sie unterbreche, Mr. Shayne. Hatte Sandy denn einen festen Freund?«
»Nein.«
Ich räusperte mich. »Natürlich will ich Ihre Worte nicht anzweifeln, aber Mütter wissen oft mehr als die Väter. Könnte es sein, daß Ihre Frau besser informiert ist als Sie?«
»Lassen Sie die aus dem Spiel. Sie ist fertig, völlig daneben. Sie
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