Geboren in der Hölle
schnell bereit, Kompromisse zu schließen.
»Können wir?«
Suko stand schon bereit.
Die beiden Conollys brachten uns bis zur Tür. Sheila blieb in der Öffnung stehen. Ihr Lächeln wirkte ein wenig verloren. Bill blieb noch an unserer Seite, bis wir den Rover erreicht hatten, der vor der großen Garage stand.
»Ich werde das Gefühl nicht los, daß sich hier einiges zusammengebraut hat«, flüsterte er uns zu. »Das war nur ein Anfang. Da kann das Ende verdammt bitter sein.«
»Bei Cigam immer«, gab ich zurück.
»Und hoffentlich nicht auch bei Johnny.«
Wir stiegen ein und fuhren ab.
***
Das Haus des Bestatters stand nicht auf einem Friedhof, auch wenn das Grundstück auf uns wie ein derartiges Areal wirkte. Jedenfalls war das Grundstück sehr groß, so daß das ebenfalls große Haus recht klein wirkte. Cluny war nicht nur Bestatter, er betrieb zugleich eine Schreinerei, und auch diese Bauten verteilten sich auf dem Gelände, hinter dessen Einfahrt eine breite Zufahrt begann, die mit schimmerndem Kies bestreut war.
Wir hatten die rötliche Ziegelsteinmauer hinter uns gelassen und rollten über den Kies hinweg, der unter den Reifen knirschte. Kleine Steine spritzten weg oder klatschten gegen den Wagenboden. Es war zwar noch hell, doch der Abend hatte den Tag längst abgelöst. Es wurde in der Schreinerei nicht mehr gearbeitet. Zwei Firmenfahrzeuge parkten neben dem Flachbau. Auf der anderen Seite sahen wir die unterschiedlich großen Holzstapel. Der Garten wirkte sehr gepflegt, aber mir gefiel er nicht mit all seinen sorgfältig gestutzten Hecken, die regelrechte Wände bildeten, zwischen denen sich die Wege in den Hintergrund des Grundstücks zogen.
Der Hauptweg wurde von kleinen Gewächsen flankiert, die wie dunkelgrüne Pilze zurechtgeschnitten waren und wie kalte, tote Aufpasser wirkten. Auch Suko runzelte die Stirn. Ihm gefiel die Umgebung ebenfalls nicht.
Auf dem Grundstück bewegte sich kein Mensch. Alles wirkte verlassen, aber eine gewisse Feierabendstimmung wollte trotzdem nicht aufkommen. Die ist anders. Hier machte die Umgebung auf mich den Eindruck eines toten Landes.
Das Haus war aus dunklen Ziegelsteinen gebaut. Die Dachziegel zeigten die Farbe von grauer Asche, und nur die teuren Fachrinnen aus Kupfer hoben sich davon ab.
Mit Kupfer war auch die breite Haustür beschlagen, vor der ich den Rover anhielt. An der Garage stand ein ochsenblutfarbener Jaguar. Das neueste Modell.
Geschäftsund Wohnräume bildeten eine Einheit. Wir gingen davon aus, daß im hinteren Teil des Hauses all das zu besichtigen war, was zu einer Beerdigung gehörte. Die verschieden teuren Särge, die Urnen, der Blumenschmuck, die Leichenhemden und natürlich auch die Preislisten.
Auf einem Kupferschild an der Hauswand lasen wir den Namen Cluny. Darunter schimmerte ein Klingelknopf ebenfalls aus Kupfer, den ich drückte. Ein schwaches Geräusch war zu hören. Es wehte durch das Haus, aber eine Reaktion erfolgte nicht.
Suko bewies an diesem Abend nicht viel Geduld und meinte: »Da scheint niemand zu Hause zu sein.«
»Bist du sicher?«
Er lächelte. »Ich kenne dich, John. Versuchen wir es mal an der hinteren Seite.«
Normalerweise wären wir wieder gefahren, doch in diesem Fall hatten wir beide das Gefühl, bleiben zu müssen.
Wir gingen um das Haus herum. Es war sehr still geworden. Nicht einmal die Vögel sangen. Auch die Sonne hatte sich zurückgezogen und versteckte sich im Westen. Der rote Ball lugte noch über den Horizont hinweg und sandte blutige Strahlen über das Land.
An dem Haus war nichts Schönes. Es wirkte wie eine Festung. Einige Fenster waren vergittert, als hätte man Angst, daß irgendwelche Leichen gestohlen werden konnten.
An der hinteren Seite des Hauses sah es nicht so gelackt und kalt aus. Dort standen zwei dunkle Leichenwagen, und es gab auch eine Einfahrt für die Fahrzeuge.
Sie war geschlossen. Ein graues Tor hinderte uns daran, das Haus von dieser Seite zu betreten. Die Fenster hier waren kleiner und lagen so hoch, daß ich nicht hindurchschauen konnte. Ich wollte es trotzdem und sprang einige Male in die Höhe, um einen Blick ins Innere zu erhaschen.
Da kein Licht brannte, bekam ich auch nichts zu sehen.
»Ausgeflogen«, sagte Suko. »Die Vögelchen scheinen ihr Nest verlassen zu haben.«
»Willst du auf geben?«
»Nein.« Er ging einen Schritt zurück und blickte an der Fassade in die Höhe. »Es stört mich zwar, daß hier im Haus keine einzige Lampe brennt, aber ich habe
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