Gebrochen
verstanden.
Hannes hatte sich nicht wieder mit uns ausgesprochen. Ich konnte es nicht wirklich verstehen, denn wenn er mich wirklich kennen würde, würde er wissen, warum ich Leon liebte. Er würde wissen, dass ich mich nicht einfach ausnutzen ließ. Nicht in dem Ausmaß. Wenn ich mir nicht sicher gewesen wäre, dass Leon mir gegenüber aufrichtig war, würde ich nicht so weit gegangen sein. Egal wie sehr ich ihn liebte, ich würde mich nicht als „Sextherapie“ missbrauchen lassen. Ich musste, ob ich wollte oder nicht, akzeptieren, dass Hannes mich nicht so gut kannte, wie ich immer gedacht hatte. Die andere Möglichkeit, nämlich, dass Monika recht gehabt hatte und dass er einfach eifersüchtig auf Leon war, weigerte ich mich, in Erwägung zu ziehen.
Mit Monika verband uns weiterhin eine gute Freundschaft. Ihr vertraute Leon langsam soweit, dass sie ihn sogar umarmen durfte, wenn sie sich begrüßten. Kurz und nicht fest. Doch er konnte es zulassen. Ein weiterer Schritt, dass er in ein normales Leben fand.
Auch Felix meldete sich wieder bei mir und wir trafen uns nun auch öfter. Er hatte eine Freundin, wie ich festgestellt hatte. Im Gegensatz zu ihm, war sie klein und zierlich, sodass sie ein witziges Paar abgaben. Als wir uns das erste Mal getroffen hatten, wollte er voller Freude auf Leon zugehen. Es war einfach seine Art. Er mochte mich und begrüßte mich immer mit dieser Schraubstockumarmung. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, dass er auch meinen Partner ins Herz schloss. Leon hatte sich noch nicht einmal verspannt gehabt, als Felix plötzlich innegehalten und gefragt hatte: „Darf man dich schon drücken?“
Leon hatte nur entsetzt den Kopf geschüttelt. Ohne auf den fragenden Blick seiner Freundin einzugehen, hatte er die Schultern gezuckt.
„Dann musst du nochmal her halten“, hatte er zu mir gesagt und mich noch einmal umarmt. Lachend hatte ich ihn gelassen. Mit der Zeit und wesentlich schneller, als bei Monika, fasste er zu Felix Vertrauen. Bereits beim dritten Treffen, ließ er die Umarmung zu. Felix drückte ihn allerdings nicht so toll wie mich immer, da war ich mir ganz sicher. Sonst hätte Leon sicher die Krise bekommen. So aber hatte er nur ein wenig betreten drein gesehen.
Auch meinen Eltern gegenüber wurde er sicherer und taute auf. Er war nicht mehr so wortkarg und bot meiner Mutter die Stirn, wenn sie ihm zu weit ging. Mit meinem Vater ging es ihm ohnehin besser, der ihn mit seiner ruhigen, verständnisvollen Art viel eher unterstützte. Mir war einfach nur wichtig, dass er sich bei ihnen wohl fühlen konnte. Denn ich verstand mich nun mal gut mit ihnen. Es wäre demnach schade gewesen, wenn mein Verhältnis zu ihnen hätte leiden müssen. Würde er nicht mit ihnen klar kommen, hätte sich das zweifellos ergeben. So jedoch, war es kein Problem.
Mit seiner Arbeit war er mehr als zufrieden. Er musste zwar einmal die Woche oder auch nur alle zwei Wochen in die Firma, doch es störte ihn nicht mehr. Er hatte sich damit arrangiert und kam mit seinen Kollegen gut klar. Auch wenn sie ihn, wie er erzählte, damit aufzogen, dass er so schweigsam war. Es störte ihn nicht, solange sie dachten, er würde einfach nicht viel reden.
Auch sonst, wenn wir uns in der Öffentlichkeit bewegten, oder neue Leute kennen lernten, war und blieb er zurückhaltend. Das würde ihm vermutlich bleiben. Allerdings war das in Ordnung, wenn er Fremden nicht traute. Sowas würde er vermutlich niemals überwinden.
Epilog
Wir hatten gerade Mitte des Sommers und planten unseren Urlaub. Wir wollten im September seinen Urlaub am Bauernhof machen, von dem er immer wieder gesprochen hatte. In solchen Dingen war er nach wie vor wie ein kleines Kind. Ich freute mich immer mit ihm, schließlich hatte er solche Sachen nie gemacht. Wir überlegten also gerade, wo genau wir hin wollten und blätterten dabei in dem Prospekt, das ich besorgt hatte. Der Fernseher lief nebenbei weiter. Keiner von uns achtete darauf, was gerade lief, weil wir zwischen zwei Zielen schwankten. Ich wusste nicht genau, was meine Aufmerksamkeit auf den Bildschirm gelenkt hatte, doch ich blickte hin. Vollkommen erstarrt, blickte ich auf die Bilder. Es war das Bild seines Vaters, der verhaftet worden war. Ebenso wie seine Mutter. Ich wusste nicht warum, das hatte ich verpasst.
Ich blickte zu Leon, als der nächste Beitrag startete. Er saß da, Tränen in den Augen, kurz vor einem Zusammenbruch. Sein Blick schoss zu mir. Ich rückte zu
Weitere Kostenlose Bücher